Der Ausschluss aus der Freiwilligen Feuerwehr

Der Ausschluss aus der Freiwilligen Feuerwehr ist dann rechtswidrig, wenn der verfassungsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht beachtet worden ist und die Verhängung einer feuerwehrrechtlichen Ordnungsmaßnahme erforderlich und angemessen gewesen wäre.

Der Ausschluss aus der Freiwilligen Feuerwehr

Mit dieser Begründung hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof in zwei Berufungsverfahren den Ausschluss zweier Feuerwehrleute aus der Freiwilligen Feuerwehr der Gemeinde Fernwald für rechtswidrig erklärt. Im Jahre 2016 waren Differenzen zwischen den Klägern und der Führung der Feuerwehr über die Ausgestaltung der Alarm- und Ausrückeordnung (AAO) aufgetreten. Der Wehrführerausschuss forderte im März 2017 die Gemeinde auf, die Kläger aus der Freiwilligen Feuerwehr auszuschließen. Zur Begründung führte der Wehrführerausschuss aus, das Verhältnis zu den Klägern sei zerrüttet. Die Kläger hätten die Einsatzabteilung einer Ortsteilfeuerwehr der Gemeinde gegen den Bürgermeister, den Gemeindebrandinspektor und die damalige Wehrführung aufgewiegelt. In diesem Zusammenhang hätten die Kläger den Gemeindebrandinspektor auch wiederholt öffentlich zum Rücktritt aufgefordert und ihm die fachliche und persönliche Eignung abgesprochen.

Mit Bescheiden vom 16. Juni 2017 schloss die Gemeinde die Kläger aus der Freiwilligen Feuerwehr aus. Den Ausschluss begründete die Gemeinde im Wesentlichen mit unkameradschaftlichem Verhalten der Kläger. Diese hätten u. a. interne Vorgänge öffentlich gemacht und die Führung der Freiwilligen Feuerwehr angezweifelt.

Durch Urteile des Verwaltungsgerichts Gießen vom 18. Juni 2019 wurde der Bescheid der Gemeinde insoweit aufgehoben, als ein Ausschluss der Kläger über den 30. Juni 2020 hinaus ausgesprochen worden war und wies die Klage im Übrigen ab. Dagegen haben sich die Kläger mit ihrer Berufung gewehrt.

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In seinen Entscheidungen hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass die Kläger mit ihrem Verhalten zwar ihre feuerwehrrechtlichen Pflichten nicht unerheblich verletzt hätten. Auch sei der Gemeindevorstand grundsätzlich an einem sofortigen Ausschluss eines Mitglieds nicht gehindert, wenn nur so die Funktionsfähigkeit der Einrichtung sichergestellt werden könne. Allerdings sei insofern – wie bei allem staatlichen Handeln – der verfassungsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Dieser gebiete zu prüfen, ob gegenüber der betreffenden Verfehlung mildere Mittel mit Aussicht auf Erfolg zur Verfügung stünden. An dieser Stelle sei zu beachten, dass sich die Pflichtverletzungen der Kläger nicht auf ihr Einsatzverhalten bezögen, sondern sie vermeintlich im Interesse ihrer Ortsteil-Einsatzabteilung handeln wollten. Ohne die Schwere der Pflichtverletzungen zu relativieren, sei des Weiteren zu beachten, dass die Pflichtverletzungen auf steuerbarem Verhalten der Kläger beruhten, so dass angenommen werden könne, dass ihr künftiges Verhalten schon durch die Androhung von dauerhaften Folgen für ihre Mitgliedschaft in der Freiwilligen Feuerwehr der Gemeinde positiv beeinflusst werden könne.

Vor diesem Hintergrund wäre nach Ansicht des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs die Verhängung einer feuerwehrrechtlichen Ordnungsmaßnahme erforderlich und angemessen gewesen. Mit einer solchen Ordnungsmaßnahme – etwa einem schriftlichen Verweis – wäre dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Genüge getan, wenn den Klägern nachdrücklich die Pflichtwidrigkeit ihres Handelns und die Folgen weiterer Pflichtverletzungen vor Augen geführt worden wären.

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