Der Bürgerentscheid gegen eine Gemeindefusion

Hat ein Bürgerentscheid die Wirkung eines Gemeinderatsbeschlusses, kann er als Verwaltungsinternum nicht angegriffen werden. Ein Bürger kann nur gegen Maßnahmen vorgehen, mit denen der Gemeinderatsbeschluss vollzogen wird. Entsprechendes gilt für den Bürgerentscheid. Ein Gemeinderatsmitglied kann ebenfalls nicht die Unwirksamkeit eines Bürgerentscheids rügen, denn innerhalb der Gemeinde stehen Gemeinderatsmitgliedern subjektive Rechte nur zu, wo sie ihnen gesetzlich eingeräumt werden. Ein darüber hinausgehendes Recht auf Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Gemeinderats besitzen Gemeinderatsmitglieder hingegen nicht.

Der Bürgerentscheid gegen eine Gemeindefusion

Mit dieser Begründung ist in dem hier vorliegenden Fall die Klage eines Bürgers und Gemeinderatsmitglieds vom Verwaltungsgericht Neustadt abgewiesen worden, der die Unwirksamkeit des Bürgerentscheids über die Fusion der beiden Gemeinden Limburgerhof und Neuhofen festgestellt haben wollte. In Rheinland-Pfalz wird gegenwärtig eine Kommunal- und Verwaltungsreform durchgeführt, die bis Juli 2014 abgeschlossen sein soll. Ziel dieser Reform sind u.a. eine Optimierung kommunaler Gebietsstrukturen sowie der Ausbau kommunaler Kooperationen. Vor diesem Hintergrund beschlossen der Gemeinderat Neuhofen und der Gemeinderat Limburgerhof im Juni 2012 die Fusion der beiden verbandsfreien Gemeinden zu einer neuen verbandsfreien Gemeinde zum 1. Juli 2014. Der Gemeinderat Limburgerhof beschloss zudem, den Fusionsbeschluss im Wege des Bürgerentscheids den Bürgern von Limburgerhof zur abschließenden Entscheidung vorzulegen. Die Mehrheit der Bürger, die im August 2012 an dem Bürgerentscheid teilnahmen, sprach sich gegen die Fusion der beiden Gemeinden aus. Damit galt der entsprechende Ratsbeschluss des Gemeinderats Limburgerhof als aufgehoben.

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Im September 2012 bat der Kläger die Kreisverwaltung Rhein-Pfalz-Kreis als Kommunalaufsichtsbehörde um Überprüfung des Bürgerentscheids. Diese lehnte ein Einschreiten jedoch ab.

Mit seiner im September 2012 erhobenen Klage machte der Kläger geltend, der Bürgerentscheid sei wegen rechtswidriger Abstimmungsbeeinflussung durch den Bürgermeister der Gemeinde Limburgerhof im unmittelbaren Vorfeld des Bürgerentscheids unwirksam. So habe der Bürgermeister die Finanzkraft der beiden Gemeinden im Amtsblatt grob falsch dargestellt. Ferner habe er sich in sehr emotionaler Weise gegen die Fusion ausgesprochen und damit gegen den bei Wahlen geltenden Grundsatz der Neutralität verstoßen.

In seiner Urteilsbegründung hat das Verwaltungsgericht Neustadt ausgeführt, dass die Klage bereits unzulässig sei, da der Kläger nicht klagebefugt sei. Der Bürgerentscheid habe die Wirkung eines Gemeinderatsbeschlusses, der als Verwaltungsinternum nicht angegriffen werden könne. Bürger könnten nur gegen Maßnahmen vorgehen, mit denen der Gemeinderatsbeschluss vollzogen werde. Entsprechendes gelte für den Bürgerentscheid.

Der Kläger könne als Bürger lediglich geltend machen, in einem subjektiven Recht verletzt zu sein, nämlich dem Grundsatz der Freiheit der Wahl. Dieser setze voraus, dass sich der Wähler über Ziele und Verhalten der Wahlbewerber frei von Manipulationen informieren könne. Er schütze deshalb den Wähler vor Beeinflussungen, die geeignet seien, seine Entscheidungsfreiheit trotz des bestehenden Wahlgeheimnisses ernstlich zu beeinträchtigen. Zu diesen Beeinflussungen gehörten auch Des- oder Fehlinformationen. Der Grundsatz der Freiheit der Wahl beinhalte ein Neutralitäts- und Sachlichkeitsgebot.

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Beim Abhalten eines Bürgerentscheids gelte eine Neutralitätspflicht der Gemeindeorgane (Bürgermeister und Gemeinderat) jedoch nicht. Denn nach der Gesetzesbegründung sei die Option des Gemeinderats, über eine Angelegenheit der Gemeinde einen Bürgerentscheid durchzuführen, gerade eingeführt worden, um eine bessere Klärung bedeutsamer und kontrovers gebliebener Fragen herbeizuführen. Zwar müssten Fakten, würden sie genannt, zutreffen. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang moniert habe, der Bürgermeister der Gemeinde Limburgerhof habe im Amtsblatt die Finanzkraft der beiden Gemeinden grob falsch dargestellt, habe dieser die unzutreffenden Zahlen in der Folgeausgabe des Amtsblatts unter der Rubrik „Gemeindemitteilungen“ allerdings korrigiert.

Der Kläger könne für seine Person keine unzulässige Beeinflussung geltend machen. Er habe selbst nicht behauptet, in seiner Wahlentscheidung beeinflusst worden zu sein. Denn er verfüge als Gemeinderatsmitglied über die Kenntnisse, um die Angaben des Bürgermeisters der Gemeinde Limburgerhof einordnen und als nicht korrekt werten zu können.

Auch als Gemeinderatsmitglied könne der Kläger nicht die Unwirksamkeit des Bürgerentscheids rügen. Im Streit um Rechtspositionen innerhalb der Gemeinde stünden Gemeinderatsmitgliedern subjektive Rechte nur zu, wo sie ihnen gesetzlich eingeräumt würden, z. B. das Recht, zu den Sitzun-gen geladen zu werden, im Gemeinderat anwesend zu sein und zu sprechen, Anträge zu stellen und abzustimmen. Ein darüber hinausgehendes Recht auf Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Gemeinderats besäßen Gemeinderatsmitglieder hingegen nicht.

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Sitzungsausschluss wegen Mitteilung an Presse

Verwaltungsgericht Neustadt, Urteil vom 25. März 2013 – 3 K 857/12.NW