Der Grundstückskauf einer Stadt durch ein privates Unternehmen

Liegt der Schwerpunkt der Tätigkeit einer OHG, an der eine Stadt beteiligt ist, im Bau von Wohnungen für den gehobenen Wohnbedarf, dann unterscheidet sie sich in nichts von der erwerbswirtschaftlichen Betätigung eines beliebigen privaten Bauträgers. Damit handelt die Stadt über ihre Beteiligung an der OHG außerhalb der Daseinsvorsorge. Eine solche mittelbare Beteiligung der Stadt an der OHG ist rechtswidrig, da sie gegen die sogenannte qualifizierte Subsidiaritätsklausel gemäß §§ 105a Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 102 Abs. 1 Nr. 3 GO BW verstößt.

Der Grundstückskauf einer Stadt durch ein privates Unternehmen

Mit dieser Begründung hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe entschieden, dass die Stadt Baden-Baden zwei Grundstücke im Stadtzentrum nicht erwerben darf. Die von der beklagten Stadt zu 100 Prozent gehaltene Gesellschaft für Stadterneuerung und Stadtentwicklung Baden-Baden mbH (GSE) und ein privater Bauträger in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG sind Gesellschafter einer OHG. Nach dem Gesellschaftsvertrag ist bezweckt, zwei Grundstücke im Stadtzentrum, die bislang im Eigentum einer zum gerichtlichen Verfahren beigeladenen Gesellschaft stehen, zu erwerben, diese städtebaulich zu entwickeln, zu bebauen, die errichteten Gebäude ganz oder teilweise nach dem Wohnungseigentumsgesetz aufzuteilen und – auch als Bauträger – zu verkaufen. Im Oktober 2011 erwarb die OHG mit notariellem Kaufvertrag von der Beigeladenen die beiden Grundstücke zu einem Kaufpreis von 5.660.000 Euro. Die Klägerin des vorliegenden Verfahrens, ein überwiegend im Bauträgergeschäft tätiges Wohnungsbauunternehmen, das zuletzt 6,3 bzw. 6,6 Millionen Euro geboten hatte, kam demgegenüber nicht zum Zug. Das Eigentum an den Grundstücken ist noch nicht auf die OHG übertragen.

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Das klagende Wohnungsbauunternehmen hat zum einen die gerichtliche Feststellung begehrt, dass die Beteiligung der beklagten Stadt an der OHG über ihre Gesellschaft für Stadterneuerung und Stadtentwicklung Baden-Baden mbH (GSE) rechtswidrig ist, zum andern hat sie beantragt, durch eine entsprechende Verpflichtung der Stadt sicherzustellen, dass die von der Stadt beherrschte GSE im Rahmen der Geschäftsführung der OHG alle Maßnahmen und Erklärungen unterlässt, die auf den Erwerb des Eigentums an den beiden Grundstücken gerichtet sind.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe sei die mittelbare Beteiligung der Stadt an der OHG über die GSE rechtswidrig, da sie gegen die sogenannte qualifizierte Subsidiaritätsklausel gemäß §§ 105a Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 102 Abs. 1 Nr. 3 Gemeindeordnung verstoße. Die Voraussetzungen für eine wirtschaftliche Betätigung der Gemeinde nach dieser Vorschrift seien nicht erfüllt. Die Stadt handele über ihre Beteiligung an der OHG außerhalb der Daseinsvorsorge. Zwar fielen darunter nicht nur klassische Versorgungs- und Entsorgungsaufgaben, sondern auch andere auf den örtlichen Wirkungskreis bezogene Aufgaben wie etwa Stadtplanung und Stadtentwicklung, sozialer Wohnungsbau oder kommunale Wirtschaftsförderung. Jedoch sei zu beachten, dass die Gemeinden nach der Vorstellung des Gesetzgebers der Privatwirtschaft nicht ohne Not schrankenlos Konkurrenz machen sollten. Deshalb sei im Einzelfall unter Bewertung und Abwägung der Belange der Privat- und Kommunalwirtschaft zu entscheiden, ob eine wirtschaftliche Betätigung der Gemeinde im Schwerpunkt Daseinsvorsorge sei. Das sei hier nicht der Fall. Der Schwerpunkt der Tätigkeit der OHG liege im Bau von Wohnungen für den gehobenen Wohnbedarf. Das unterscheide sich in nichts von der erwerbswirtschaftlichen Betätigung eines beliebigen privaten Bauträgers. Die bloße Benennung von Stadtplanung und Stadtentwicklung im Gesellschaftsvertrag der OHG sei insoweit unerheblich. Denn die Bauleitplanung erfolge mit den im Baugesetzbuch vorgesehenen Instrumenten und Verfahren. Dementsprechend habe die Stadt auch zu Recht beschlossen, einen Bebauungsplan für das betreffende Gebiet aufzustellen. Schließlich habe die Stadt auch nicht nachgewiesen, dass ein privater Anbieter den mit der städtischen Beteiligung an der OHG verfolgten Zweck nicht ebenso gut und wirtschaftlich erfüllen könnte. Insbesondere habe sie insoweit kein sogenanntes Markterkundungsverfahren mit einem Leistungsvergleich durchgeführt.

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Da sich aus § 102 Abs. 1 Nr. 3 Gemeindeordnung auch ein Unterlassungsanspruch des Konkurrenten hinsichtlich der Marktteilnahme ergebe, könne die Klägerin von der Stadt auch verlangen, sicherzustellen, dass die von ihr beherrschte GSE alle Maßnahmen und Erklärungen unterlasse, die auf den Erwerb des Eigentums an den verfahrensgegenständlichen Grundstücken gerichtet seien.

Mit einem weiteren Antrag, die beklagte Stadt zu verpflichten, die OHG zu kündigen und die Auflösung und Auseinandersetzung dieser Gesellschaft zu betreiben, hatte die Klägerin demgegenüber keinen Erfolg. Insoweit sei die Klage bereits mangels Klagebefugnis unzulässig. Im Übrigen vermittele § 102 Abs. 1 Nr. 3 Gemeindeordnung der Sache nach keinen Anspruch auf Kündigung, Auflösung und Auseinandersetzung einer unter Verstoß gegen die qualifizierte Subsidiaritätsklausel eingegangenen kommunalen Beteiligung an einer Gesellschaft.

Verwaltungsgericht Karlsruhe, Urteil vom 17. September 2013 – 6 K 3111/12