Der vorhabenbezogene Bebauungsplan – und seine hinreichende Bestimmtheit

Gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB kann die Gemeinde durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmen, wenn der Vorhabenträger auf der Grundlage eines mit der Gemeinde abgestimmten Plans zur Durchführung der Vorhaben und der Erschließungsmaßnahmen (Vorhaben- und Erschließungsplan) bereit und in der Lage ist und er sich zur Durchführung innerhalb einer bestimmten Frist und zur Tragung der Planungs- und Erschließungskosten ganz oder teilweise vor dem Beschluss nach § 10 Abs. 1 BauGB verpflichtet (Durchführungsvertrag).

Der vorhabenbezogene Bebauungsplan – und seine hinreichende Bestimmtheit

Durch den vorhabenbezogenen Bebauungsplan wird nicht allgemein die Bebauung des Plangebiets geregelt, sondern die Zulässigkeit einzelner Vorhaben bestimmt, was nicht ausschließt, dass das festgelegte Vorhaben von vornherein eine gewisse Bandbreite an Nutzungsmöglichkeiten umfasst1. Zu konkretisieren ist nicht nur die Art der baulichen Nutzung, sondern, ebenfalls mit (begrenzten) Spielräumen, das Maß der baulichen Nutzung. Die Kubatur eines Vorhabens muss jedenfalls im Wesentlichen festgelegt werden2. Es gilt zu vermeiden, dass der vorhabenbezogene Bebauungsplan ein anderes Vorhaben („aliud“) zulässt, als es im Durchführungsvertrag in Verbindung mit dem Vorhaben- und Erschließungsplan vereinbart worden ist3.

Das Vorhaben muss als solches identifizierbar und die Errichtung eines „aliud“ ausgeschlossen sein.

Von diesen Maßstäben ist das Oberverwaltungsgericht zunächst zutreffend ausgegangen und hat eine hinreichende Bestimmung des Vorhabens nach Nutzungsart und Nutzungsmaß einschließlich der Kubatur angenommen. Insbesondere sei die Identität des Vorhabens auch gewahrt, wenn die möglichen Gebäudehöhen nicht ausgenutzt würden4. Die Vorinstanz hat aber – fehlerhaft – einen Verstoß gegen die Konkretisierungsanforderungen des § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB bejaht, weil weder im Bebauungsplan noch im Vorhaben- und Erschließungsplan die Zahl der Tierplätze oder der Großvieheinheiten, die in der Anlage höchstens untergebracht werden dürfen, und die von dem Geruchsgutachten vom 10.09.2015 zugrunde gelegte Abluftreinigungstechnik festgesetzt würden. Die Festsetzung dieser Parameter sei erforderlich, weil es der Antragsgegnerin wesentlich darauf ankomme, dass sich die Geruchsimmissionen in der Umgebung der Anlage trotz ihrer Erweiterung zumindest nicht verschlechterten . Damit hat das Oberverwaltungsgericht aus dem Planungswillen der Gemeinde Anforderungen an die Konkretisierung des Vorhabens abgeleitet, die in § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB keine Grundlage finden. Gemessen an § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist das Vorhaben hinreichend bestimmt. Denn durch eine Änderung der genannten Parameter (Tierplatzzahlen und Abluftreinigungstechnik) würde es nicht zu einem „aliud“ im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB.

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Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 20. Juni 2023 – 4 CN 11.21

  1. vgl. BVerwG, Urteil vom 18.09.2003 – 4 CN 3.02, BVerwGE 119, 45 <52>[]
  2. BVerwG, Beschluss vom 02.05.2018 – 4 BN 7.18, NVwZ 2018, 1235 Rn. 7[]
  3. BVerwG, Urteil vom 18.09.2003 – 4 CN 3.02 – a. a. O. S. 52 und Beschlüsse vom 02.05.2018 – 4 BN 7.18 – a. a. O. Rn. 7 sowie vom 05.03.2019 – 4 BN 18.18 – ZfBR 2019, 480 Rn. 9[]
  4. OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 20.10.2021 – 2 K 52/18[]

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  • Bundesverwaltungsgericht: Robert Windisch