Voraussetzung einer solchen Entscheidung ist, dass ein Richter des Bundesverfassungsgerichts wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt wird oder sich selbst für befangen erklärt, § 19 Abs. 1 in Verbindung mit § 19 Abs. 3 BVerfGG. Außerhalb dieser ausdrücklich normierten Ausnahmen ist für eine Entscheidung über die Besorgnis der Befangenheit eines Richters kein Raum1.

Im vorliegenden Fall haben die Beschwerdeführer angeregt zu prüfen, ob der Richter Müller gemäß § 19 Abs. 1 BVerfGG abzulehnen ist. Sein Interview in einem Podcast der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 05.10.2022, in dem er sich zu dem Wahlgeschehen in Berlin geäußert habe, habe bei ihnen eine Besorgnis der Befangenheit begründet.
Zu einer Entscheidung über die Befangenheit des Richters Müller sah sich das Bundesverfassungsgericht aufgrund dieser „Anregung“ nicht veranlasst:
Vorliegend fehle es an einem entsprechenden Antrag der anwaltlich vertretenen Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer. Sie beschränken sich darauf, eine Entscheidung nach § 19 Abs. 1 BVerfGG anzuregen. Mit Blick darauf, dass die Befangenheit als Ausnahme von der gesetzlich vorausgesetzten richterlichen Unbefangenheit in der Weise regelungsbedürftig ist, dass die genauen Umstände und die Reichweite der Ausnahme ausdrücklich normiert sein müssen2, kann eine solche Anregung einem Antrag im Sinne von § 19 Abs. 1 BVerfGG nicht gleichgestellt werden. Vielmehr fehlt es in diesem Fall an einem relevanten Ablehnungsantrag3.
Auch eine Entscheidung gemäß § 19 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 BVerfGG kommt nicht in Betracht, da Richter Müller sich nicht selbst für befangen erklärt hat.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 25. Januar 2023 – 2 BvR 2189/22
- vgl. BVerfGE 46, 34 <37 ff.>[↩]
- vgl. BVerfGE 46, 34 <39>[↩]
- vgl. Heusch, in: Burkiczak/Dollinger/Schorkopf, BVerfGG, 2. Aufl.2022, § 19 Rn. 35[↩]
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