Das Bundesverwaltuangsgericht in Leipzig hat das Hessische Kultusministerium verpflichtet, der Bahá´i-Gemeinde in Deutschland die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu verleihen.

Die Klägerin, die Bahá´i‑Gemeinde in Deutschland, begehrt ihre Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts. Die Bahá´i-Religion entstand Mitte des 19. Jahrhunderts im Iran als eigenständige, monotheistische Religion. Gemeinden der Bahá´i bestehen in Deutschland seit etwa hundert Jahren. Sie sind nach ihrem Verbot in der Zeit des Nationalsozialismus nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wiederbegründet worden. Weltweit hat die Religionsgemeinschaft zwischen 4,8 und 7,7 Mio. Mitglieder, in Deutschland etwa 5 000 Mitglieder, von denen etwa 900 bis 950 in Hessen leben. Der in Hessen ansässige Nationale Geistige Rat der Bahá´i beantragte bei dem beklagten Hessischen Kultusministerium die Anerkennung der Bahá´i‑Gemeinde in Deutschland als Körperschaft des öffentlichen Rechts.
Der in Hessen ansässige Nationale Geistige Rat der Bahá´i beantragte bei dem Hessischen Kultusministerium, der Bahá´i‑Gemeinde in Deutschland die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu verleihen. Voraussetzung hierfür ist nach der einschlägigen Bestimmung des Grundgesetzes unter anderem, dass die Religionsgemeinschaft durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bietet. Das Hessische Kultusministerium lehnte die Anerkennung ab, weil nach der Verwaltungspraxis eine Religionsgemeinschaft nur dann als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt werden könne, wenn ihre Mitgliederzahl ein Promille der Bevölkerung des jeweiligen Landes, in Hessen also 6 089 Mitglieder, umfasse; diese Richtzahl werde hier nicht erreicht.
In der Vorinstanz hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel das Hessische Kultusministerium verpflichtet, der Klägerin die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu verleihen. Das Bundesverwaltungsgericht hat die hiergegen eingelegte Revision des Landes Hessen nun zurückgewiesen:
Die Bahá´i‑Gemeinde in Deutschland bietet auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs auch durch die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer. Die absolute Zahl der Mitglieder oder das Verhältnis der Mitgliederzahl zur Bevölkerungszahl ist für sich allein regelmäßig nicht aussagekräftig für die Prognose, ob eine Religionsgemeinschaft dauerhaft bestehen wird. Die Bahá´i‑Gemeinde in Deutschland besteht seit über 100 Jahren. Ihre Mitgliederzahl in Deutschland ist dabei langsam, aber konstant angestiegen. Die Altersstruktur lässt erwarten, dass sich die Mitgliederzahl zumindest auf absehbare Zeit nicht wesentlich verringern, sondern eher weiter ansteigen wird.
Der Dauer des Bestandes in Deutschland ist umso größere Bedeutung zuzumessen, als die Bahá´i‑Gemeinde ihr Verbot im Dritten Reich, den Zweiten Weltkrieg und ihr Verbot in der DDR überstanden und sich in Westdeutschland sofort nach dem Krieg, in der DDR sofort nach der Beseitigung des SED-Regimes wieder organisiert hat. Sie ist zudem in eine weltweit verbreitete Religionsgemeinschaft eingebunden. Demgegenüber ist unerheblich, dass die Zahl der Mitglieder der Bahá´i‑Gemeinde in Hessen unter einem Tausendstel der Bevölkerung dieses Bundeslandes liegt. Dieser Wert ist rechtlich nicht vorgegeben, sondern entspricht nur einer Verwaltungspraxis, die zudem in vielen Fällen durchbrochen wird.
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 28. November 2012 – 6 C 8.12