Eine Kommune kann – zumindest nach dem sachsen-anhaltinischen Kommunalabgabenrecht – die ihr entstandenen Kosten für eine durchgeführte Straßenausbaumaßnahme nicht mehr abrechnen, wenn zum Zeitpunkt des Beginns der Bauarbeiten noch keine wirksame Beitragssatzung vorlag.

Dieser dieser Entscheidung gab das Verwaltungsgericht Halle jetzt nicht nur seine bisherige Rechtsprechung auf, sondern weicht auch von der bisherigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt ab, wonach es ausreichte, dass eine wirksame Beitragssatzung erst nach Beendigung der Bauarbeiten beschlossen wurde.
Das Verwaltungsgericht Halle hat sich aufgrund des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 20131 zu dieser Rechtsprechungsänderung veranlasst gesehen. Das Bundesverfassungsgericht hatte in diesem Beschluss entschieden, dass eine Regelung des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes zur Verjährung gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit in seiner Ausprägung als Gebot der sogenannten Belastungsklarheit und Belastungsvorhersehbarkeit verstößt. Indem diese Regelung den Verjährungsbeginn ohne zeitliche Obergrenze nach hinten verschiebe, lasse sie die berechtigte Erwartung des Bürgers darauf, geraume Zeit nach Entstehen einer beitragspflichtigen Vorteilslage nicht mehr mit der Festsetzung eines Beitrags rechnen zu müssen, gänzlich unberücksichtigt. Der Grundsatz der Rechtssicherheit gebiete es, dass ein Vorteilsempfänger in zumutbarer Zeit Klarheit darüber gewinnen könne, ob und in welchem Umfang er die erlangten Vorteile durch Beiträge ausgleichen müsse.
Diese Erwägungen lassen sich nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Halle auch auf die derzeitige Rechtslage im Land Sachsen-Anhalt übertragen. Der Landesgesetzgeber ist insoweit gefragt, die Verjährungsvorschriften zu überdenken. Das Verwaltungsgericht Halle ist zu dem Ergebnis gekommen, diesen verfasssungsrechtlichen Bedenken könne dadurch begegnet werden, § 6 Abs. 6 Satz 1 des Kommunalabgabengesetzes Sachsen-Anhalt verfassungskonform so auszulegen, dass vor der Entscheidung über eine beitragsauslösende Maßnahme eine wirksame Satzung vorliegen muss.
Verwaltungsgericht Halle, Urteil vom 28. Mai 2013 – 2 A 109/12 HAL
- BVerfG, Beschluss vom 05.03.2013 – 1 BvR 2457/08[↩]