Die Freundschaft zwischen Richter und Prozessbevollmächtigtem

Wegen Besorgnis der Befangenheit ist ein Richter an der Mitwirkung und Entscheidung eines Streitfalls gehindert, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen (§ 54 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 42 Abs. 2 ZPO).

Die Freundschaft zwischen Richter und Prozessbevollmächtigtem

Danach ist es nicht notwendig, dass der Richter tatsächlich befangen ist. Andererseits reicht die rein subjektive Vorstellung eines Beteiligten, der Richter werde seine Entscheidung an persönlichen Motiven orientieren, nicht aus, wenn bei objektiver Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund für die Befürchtung ersichtlich ist.

Die Besorgnis der Befangenheit ist gerechtfertigt, wenn aus der Sicht des Beteiligten hinreichend objektive Gründe vorliegen, die bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass geben, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln1.

Nahe persönliche Beziehungen eines Richters zu einer Partei oder ihrem Prozessvertreter können die Besorgnis der Befangenheit begründen.

Ob die Besorgnis der Befangenheit mit Rücksicht auf freundschaftliche Beziehungen gerechtfertigt ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgebend ist, ob nach Art und Gegenstand des Verfahrens und der sich daraus ergebenden Interessenlage vernünftigerweise befürchtet werden muss, der Richter stehe aufgrund seiner persönlichen Beziehung zu einem Beteiligten oder dessen Prozessvertreter der Sache nicht unvoreingenommen gegenüber.

Im Regelfall reicht etwa eine bloße Bekanntschaft oder auch eine lockere Freundschaft nicht aus, um aus der Sicht eines Verfahrensbeteiligten bei vernünftiger Würdigung an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln; dagegen können über das übliche Maß persönlicher oder kollegialer Bekanntschaft hinausgehende freundschaftliche Beziehungen oder gar eine enge Freundschaft zwischen Richter und Partei Umstände sein, die Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Richters begründen können. An die Qualität und Intensität eines als Ablehnungsgrund in Betracht kommenden Freundschaftsverhältnisses zu dem Prozessvertreter einer Partei sind höhere Anforderungen zu stellen als an ein solches Näheverhältnis zu einer Partei selbst2.

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NRW-Tag mit Beteiligung der Justiz

Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 12. Oktober 2023 – 10 C 4.22

  1. BVerwG, Urteil vom 05.12.1975 – 6 C 129.74, BVerwGE 50, 36 <38 f.> Beschlüsse vom 14.11.2012 – 2 KSt 1.11, NVwZ 2013, 225 Rn. 4; vom 29.01.2014 – 7 C 13.13, Buchholz 310 § 54 VwGO Nr. 76 Rn. 16; vom 30.09.2015 – 2 AV 2.15, Buchholz 310 § 54 VwGO Nr. 79 Rn. 7; vom 29.06.2016 – 2 B 18.15, Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 3 VwGO Nr. 77 Rn. 37; und vom 18.07.2019 – 2 C 35.18, Buchholz 310 § 54 VwGO Nr. 87 Rn. 5[]
  2. vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 29.06.2004 – 1 BvR 336/04 – BVerfGK 3, 297 <298 ff.> m. w. N.; BGH, Beschluss vom 02.12.2015 – RiZ (R) 1/15 – HFR 2016, 417 Rn. 3 m. w. N.; BFH, Beschluss vom 05.09.2018 – XI R 45/17 – BFH/NV 2019, 37 Rn. 12 m. w. N.; OLG Hamm, Beschluss vom 15.05.2012 – I-1 W 20/12 – NJW-RR 2012, 1209 <1209> m. w. N.; OLG München, Beschluss vom 29.11.2018 – 28 W 1782/18 15; Zöller, ZPO, 34. Aufl.2022, § 42 Rn. 13[]