Die Frist für die Rücküberstellung eines Asylbewerbers

Die Sechs-Monats-Frist für die Rücküberstellung eines Asylbewerbers in einen anderen EU-Mitgliedsstaat kann erst zu laufen beginnen, wenn sicher ist, dass die Überstellung in Zukunft erfolgen wird, und wenn lediglich deren Modalitäten zu regeln bleiben.

Die Frist für die Rücküberstellung eines Asylbewerbers

So hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in dem hier vorliegenden Fall eines Asylbewerbers entschieden, der zurück nach Italien abgeschoben werden soll. Der Asylbewerber aus Afghanistan hatte vor seiner Antragstellung im Bundesgebiet bereits in Italien einen Asylantrag gestellt. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lehnte seinen Asylantrag daher im Juli 2011 als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung nach Italien an. Das Verwaltungsgericht stoppte in einem Eilverfahren die Abschiebung des Klägers mit Beschluss vom September 2011. Im Klageverfahren wies das Verwaltungsgericht dann mit Gerichtsbescheid vom Februar 2013 die auf Durchführung eines Asylverfahrens im Bundesgebiet gerichtete Klage ab.

In seiner Urteilsbegründung hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass Italien als erster Mitgliedstaat der EU, in dem der Asylantrag gestellt wurde, für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Die Bundesrepublik Deutschland sei nicht deshalb zuständig geworden, weil bis zur Überstellung des Klägers nach Italien längere Zeit als die nach Europarecht vorgeschriebene Frist von sechs Monaten verstrichen sei. Die Sechs-Monats-Frist könne erst zu laufen beginnen, wenn sicher sei, dass die Überstellung in Zukunft erfolgen werde, und wenn lediglich deren Modalitäten zu regeln blieben. Dies entspreche auch der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Die Frist laufe daher nicht bereits ab der vorläufigen gerichtlichen Entscheidung, sondern erst ab der Hauptsacheentscheidung, mit der
über die Rechtmäßigkeit der Rücküberstellung entschieden werde.

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Nach Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs leidet das italienische Asylverfahren und Aufnahmesystem derzeit auch nicht an „systemischen Mängeln“, die befürchten ließen, dass Asylbewerber einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Europarechts unterworfen würden. Dies entspricht auch der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR).

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 28. Februar 2014 – 13a B 13.30295