Die geschlossenen Fitnessstudios in Hamburg

Die Coronavirus-Eindämmungsverordnung in der aktuell gültigen Fassung untersagt den Betrieb von Sport- und Fitnessstudios und ist rechtmäßig.

Die geschlossenen Fitnessstudios in Hamburg

So hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht in dem hier vorliegenden Fall auf die Beschwerde der Freien und Hansestadt Hamburg eine vorangegangene Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hamburg1 geändert und den Eilantrag der Betreiberin eines Fitnessstudios insgesamt abgelehnt, mit dem sich diese gegen die aus der Coronavirus-Eindämmungsverordnung folgende Schließung ihres Studios gewandt hatte. Die Coronavirus-Eindämmungsverordnung in der aktuell gültigen Fassung untersagt den Betrieb von Sport- und Fitnessstudios. Ausnahmen von diesem Verbot sieht die Verordnung bisher nicht vor.

Nach Meinung des Verwaltungsgerichts Hamburg verstößt die in der Coronavirus-Eindämmungsverordnung geregelte ausnahmslose Schließung von Fitness- und Sportstudios bei gleichzeitiger Öffnungsmöglichkeit von Übernachtungsangeboten, Betrieben des Friseurhandwerks und Dienstleistungsbetrieben der Körperpflege, insbesondere Kosmetikstudios, Nagelstudios, Massagesalons, Tattoo-Studios und ähnlichen Betrieben sowie Gaststätten voraussichtlich gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Die Erwägungen der Freien und Hansestadt Hamburg zur Rechtfertigung der Ungleichbehandlung, bei dem Betrieb von Fitness- und Sportstudios bestehe u.a. eine besondere Ansteckungsgefahr wegen des gesteigerten Atemverhaltens unter körperlicher Belastung und des damit verbundenen verstärkten und weiterreichenden Ausstoßes von – möglicherweise infektiösen – Aerosolen, reichen nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht aus, um eine ausnahmslose Schließung von Fitness- und Sportstudios im Gegensatz zur Öffnungsmöglichkeit bei den anderen Gewerbebetrieben zu rechtfertigen. Die Freie und Hansestadt Hamburg hat nicht dargelegt und es ist dem Gericht auch sonst nicht ersichtlich, dass der Betrieb von Fitness- und Sportstudios auch bei der Anordnung strenger Auflagen ein höheres Infektionsrisiko beinhaltet, als der Betrieb von Friseurbetrieben, Dienstleistungsbetriebe der Körperpflege oder Gaststätten.

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Allerdings kann die Antragstellerin nicht verlangen, dass die Coronavirus-Eindämmungsverordnung in ihrem Sinne dahingehend geändert wird, dass der Betrieb von Fitnessstudios erlaubt sein kann. Das Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, dass es dem Verordnungsgeber überlassen bleibt, ob er den angenommenen Gleichheitsverstoß durch eine Ausdehnung der Ausnahmeregelungen auf Fitness- und Sportstudios, durch nach sachgerechten Kriterien differenzierende Vorschriften oder durch eine grundlegend anders konzipierte Verbotsregelung ausräumt.

Nachdem der Eilantrag der Betreiberin eines Fitnessstudios vor dem Verwaltungsgericht Hamburg1 teilweise erfolgreich gewesen war, hat die Freie und Hansestadt Hamburg sich dagegen mit der Beschwerde gewehrt.

In seiner Entscheidung hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht ausgeführt, dass sich die Schließung von Sport- und Fitnessstudios nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung als rechtmäßig erweise. Der hamburgische Verordnungsgeber bewege sich im Rahmen seines Einschätzungsspielraums, wenn er zum einen davon ausgehe, dass der Betrieb von Fitnessstudios eine vergleichsweise hohe Infektionsgefahr mit dem Coronavirus in sich berge. Die dort in geschlossenen Räumlichkeiten naturgemäß häufig auftretende hohe Atemfrequenz der Kunden bedinge durch das intensive Ausatmen mit hoher Wahrscheinlichkeit eine entsprechend erhöhte Aerosolbelastung der Raumluft.

Zum anderen bleibe der Verordnungsgeber im Rahmen seines Einschätzungsspielraums, wenn er das Infektionsrisiko auch durch Schutzvorgaben für nicht hinreichend kontrollierbar und daher momentan die Schließung der Fitnessstudios weiterhin für erforderlich halte, um das Ziel der Eindämmung einer erhöhten Infektionsgefahr durch das Coronavirus zu erreichen. Nach Einschätzung des Beschwerdegerichts bieten Schutzkonzepte der Art, wie sie etwa in Nordrhein-Westfalen vorgesehen sind, keine vollkommen sichere Gewähr, dass es nicht zu Aerosolbelastungen in den geschlossenen Räumlichkeiten kommt, die im Falle der Teilnahme (unerkannt) infizierter Kunden zu einer deutlich erhöhten Infektionsgefahr und der Gefahr schwerer Erkrankungsverläufe führen.

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In diesem Zusammenhang sei auch die im Grundsatz nicht zu beanstandende Strategie der Antragsgegnerin von Bedeutung, durch schrittweise Lockerungen der Beschränkungen bei ständiger Überprüfung ihrer möglichen Auswirkungen auf die Infektionszahlen einerseits und der Berücksichtigung des Gewichts der verbleibenden Grundrechtseingriffe andererseits in möglichst vielen Bereichen eine zunehmende Annäherung an die Situation vor Beginn der Corona-Pandemie zu erreichen. Diese Vorgehensweise bedinge es, die in Betracht kommenden Lockerungen nach und nach vorzunehmen, und es sei plausibel, solche Lockerungen zeitlich weiter nach hinten zu verlagern, mit denen ein spezifisch höheres Infektionsrisiko verbunden sei. Die zuletzt deutlich gesunkenen Infektionszahlen auch im Hamburger Stadtgebiet verpflichten den Verordnungsgeber nicht zur Aufgabe des Prinzips der schrittweisen Lockerung; er darf auch weiterhin vorsichtig bleiben.

Nach Einschätzung des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts stehen die mit der aktuell noch bis zum 31. Mai 2020 angeordneten Schließung von Fitnessstudios einhergehenden Belastungen schließlich nicht außer Verhältnis zu dem mit der Schließung angestrebten Zweck. Darüber hinaus ist in der unterschiedlichen Behandlung von Fitnessstudios gegenüber Gaststätten, Friseuren und anderen Betrieben der Körperpflege kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu sehen. Es handelt sich um Sachverhalte, die im Hinblick auf die jeweilige Gefahr von Infektionen und schweren Krankheitsverläufen unterschiedlich zu würdigen sind.

Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 22. Mai 2020 – 5 Bs 77/20

  1. VG Hamburg, Beschluss vom 14.05.2020 – 20 E 2029/20[][]
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