Die vom Ministerium herangezogene Generalermächtigung aus § 28 Abs. 1 Sätze 1 und 2 Infektionsschutzgesetz (IfSG) kommt als Rechtsgrundlage für die Isolierungsanordnung in NRW gemäß Ziff. 6.2. Satz 1 Alt. 2 der CoronaAVPflegeundBesuche nicht in Betracht. Da es an einer tauglichen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage fehlt, ist die Allgemeinverfügung offensichtlich rechtswidrig.

Mit dieser Begründung hat das Verwaltungsgericht Minden in dem hier vorliegenden Fall dem Eilantrag einer Pflegeheimbewohnerin (Kreis Lippe) auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Allgemeinverfügung des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW zum Schutz von Pflegeeinrichtungen vor dem Eintrag von SARS-CoV-2-Viren unter Berücksichtigung des Rechts auf Teilhabe und sozialer Kontakte der pflegebedürftigen Menschen (CoronaAVPflegeundBesuche) stattgegeben.
Danach sind pflegebedürftige Menschen, bei denen aufgrund eines konkret darzulegenden Anlasses eine SARS-CoV-2-Infektion nicht ausgeschlossen werden kann, gemäß Ziff. 6.2. Satz 1 Alt. 2 der CoronaAVPflegeundBesuche vom 31. August 2020 nach den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts getrennt von den anderen Bewohnerinnen und Bewohnern der Pflegeeinrichtung unterzubringen, zu pflegen, zu betreuen und zu versorgen (Isolierung).
Die Antragstellerin hat beantragt, die aufschiebende Wirkung einer gegen diese Regelung erhobenen Klage anzuordnen.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Minden überwiege das private Interesse der Antragstellerin, von einer Vollziehung einstweilen verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der in der Hauptsache1 insoweit angefochtenen Allgemeinverfügung. Ziff. 6.2. Satz 1 Alt. 2 der CoronaAVPflegeundBesuche. Nach summarischer Prüfung erweise sich diese Allgemeinverfügung als offensichtlich rechtswidrig.
So fehle es für die umstrittene Isolierungsanordnung an einer tauglichen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Die vom Ministerium herangezogene Generalermächtigung aus § 28 Abs. 1 Sätze 1 und 2 Infektionsschutzgesetz (IfSG) komme als Rechtsgrundlage nicht in Betracht, weil in § 30 IfSG spezialgesetzliche Regelungen enthalten seien, sodass ein Rückgriff auf die Generalklausel ausgeschlossen sei.
Weiter fehle es nach Meinung des Verwaltungsgerichts bei der von Ziff. 6.2. Satz 1 Alt. 2 CoronaAVPflegeundBesuche geregelten Isolierungsanordnung an einer behördlichen Einbeziehung. Nach derzeitiger Ausgestaltung der Regelung solle die Pflegeeinrichtung selbst entscheiden, wer isoliert werde. Eine solche Entkoppelung von einem behördlichen Entscheidungsprozess erweise sich im konkreten Fall als rechtswidrig. Die zuständige Behörde müsse nach den Regelungen des IfSG selbst prüfen, ob die Voraussetzungen einer Isolierung vorliegen und dürfe dies nicht der jeweiligen Einrichtungsleitung überlassen. Eine Präzisierung, wann von einem „konkreten Anlass“ ausgegangen werden könne, enthalte die Allgemeinverfügung nicht.
Zwar sei es wegen des hochwertigen Schutzguts der Gesundheit des menschlichen Lebens grundsätzlich denkbar, die Pflegeeinrichtung bei der Umsetzung einer Isolierung einzubeziehen. Dazu hätte es jedoch einer Präzisierung bedurft, unter welchen tatsächlichen Gegebenheiten eine Isolierung zu erfolgen hat.
Verwaltungsgericht Minden, Beschluss vom 14. Oktober 2020 – 7 L 729/20
- 7 K 2326/20[↩]
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- Pflegeheim: Gundula Vogel