Eine bewegliche und ständig wechselnde Leuchtreklame an einem Wohnhaus in Bereichen reiner oder überwiegender Wohnnutzung ist völlig untypisch und deshalb für die Bewohner des Nachbargebäudes regelmäßig nicht zumutbar. Eine solche Werbetafel kann auch gegen das Verunstaltungsverbot des § 11 der Landesbauordnung Baden-Württemberg verstoßen, nach der bauliche Anlagen so mit ihrer Umgebung in Einklang zu bringen sind, dass sie das Straßen‑, Orts‑, und Landschaftsbild nicht verunstalten.

Mit dieser Begründung hat das Verwaltungsgericht Stuttgart in dem hier vorliegenden Fall die Klage einer Plakat-Werbefirma abgewiesen, die in Stuttgart eine bereits vorhandene beleuchtete Werbetafel an einem Wohnhaus auf eine Werbeanlage mit einer LED-Schriftleiste vom Typ „Top Tronic“ (3,886 m x 3,340 m) umrüsten wollte. Die Klägerin hatte im November 2012 bei der Landeshauptstadt Stuttgart die Erteilung einer Baugenehmigung zur Umrüstung einer bereits vorhandenen beleuchteten Werbetafel an einem Wohnhaus beantragt. Die Änderung sollte darin bestehen, dass an der Werbetafel eine zusätzliche LED-Schriftleiste für bewegliche Leuchtschriftwerbung angebracht werden sollte. Die Stadt hatte diesen Antrag im März 2013 abgelehnt. Dies hatte sie im Wesentlichen damit begründet, dass das Bauvorhaben gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstoße, weil die bisherige Plakatwand durch die Umrüstung mit der LED-Schriftleiste für die Nachbarschaft erheblich störender sei. Das bewegte Licht erzeuge eine ständige visuelle Unruhe am Gebäude, deren Wirkung sich die Angrenzer nicht entziehen könnten. Die Beeinträchtigung wiege umso schwerer, als die Leuchtwerbung nicht auf bestimmte Tageszeiten beschränkt und auch an Sonn- und Feiertagen präsent sei.
In seiner Urteilsbegründung hat das Verwatungsgericht Stuttgart ausgeführt, dass es von den Bewohnern des benachbarten Wohngebäudes in Anbetracht des geringen Abstandes zwischen den beiden Wohngebäuden (hier: weniger als 6 Meter) grundsätzlich nicht hingenommen werden muss, zu jeder Tag- und Nachtzeit bei jedem Blick aus dem Fenster mit einer Leuchtreklame konfrontiert zu werden, die durch die Beweglichkeit ihrer Leuchtschrift ständig eine gewisse Unruhe ausstrahlt und damit ein besonders hohes Störpotential aufweist. Die beabsichtigte Anbringung der beweglichen und ständig wechselnden Leuchtreklame zwischen den beiden Wohnhäusern verstößt deshalb gegen das Gebot der Rücksichtnahme.
Abgesehen davon hat das Verwaltungsgericht auch einen Verstoß gegen das Verunstaltungsverbot des § 11 der Landesbauordnung erkannt. Nach dieser Regelung sind bauliche Anlagen so mit ihrer Umgebung in Einklang zu bringen, dass sie das Straßen‑, Orts‑, und Landschaftsbild nicht verunstalten. Nach Auffassung des Verwaltungsgrichts würde dem die geplante Vergrößerung und Aufrüstung der Werbetafel mit einer gewerblichen und beweglichen LED-Leiste aber nicht gerecht. Diese weise keinerlei Bezug zur Wohnnutzung auf und werde an reinen Wohngebäuden, deren Fassaden üblicherweise weder beleuchtete geschweige denn bewegliche Bauteile aufweisen, regelmäßig als wesensfremdes und damit unpassendes Gestaltungselement wahrgenommen. Die mit der LED-Leiste aufgerüstete Werbetafel würde deshalb an der Wand dieses Wohngebäudes verstärkt den Eindruck eines offensichtlich deplatzierten Fremdkörpers vermitteln und verunstaltend wirken.
Verwaltungsgericht Stuttgart, Urteil vom 5. September 2014 – 13 K 308/14
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