Die nachträgliche Festsetzung von Abfallgebühren

In Hamburg sind die Gebührenpflichtigen nach § 2 Abs. 3 AbfGebO verpflichtet, auf behördliche Aufforderung die Zahl der für die Berechnung zugrunde zu legende Benutzereinheiten je Grundstück mitzuteilen. Diese Mitteilung ist schriftlich anzugeben und hat neben der Zahl der Benutzereinheiten auch Angaben über Name, Vorname, Geburtsdatum, Wohnanschrift der oder des Gebührenpflichtigen, Belegenheit des angeschlossenen Grundstücks sowie Zahl und Größe der darauf befindlichen Abfalleimer zu enthalten. Auf Verlangen hat die oder der Gebührenpflichtige die Richtigkeit der Angaben nachzuweisen. Nach § 13 Abs. 2 Gebührengesetz (GebG), welcher nach § § 11 der Gebührenordnung für die Abfallentsorgung mit Umleer- und Einwegbehältern sowie die Entsorgung von Sperrmüll Anwendung findet, kann die Behörde verlangen, dass der Gebührenpflichtige die Richtigkeit der Auskünfte insbesondere durch die Vorlage von Aufzeichnungen, Büchern und Geschäftspapieren sowie anderen Urkunden nachweist. Die Kläger haben die erforderlichen Auskünfte in nicht ausreichender Weise erteilt und dadurch ihre Mitwirkungspflicht nach § 2 Abs. 3 AbfGebO verletzt. Die Kläger sind bei Bestehen von Zweifeln an der Richtigkeit ihrer Angaben verpflichtet, Nachweise vorzulegen.

Die  nachträgliche Festsetzung von Abfallgebühren

Es ist für das Verwaltungsgericht Hamburg im vorliegenden Fall rechtlich nicht zu beanstanden, dass die beklagte Behörde an der Richtigkeit der Angaben der Kläger im Hinblick auf die Anzahl der Benutzungseinheiten Zweifel hat. Denn die Zweifel an der Richtigkeit der Angaben der Kläger sind aufgrund des äußeren Anscheins, wie er sich bei der routinemäßigen Überprüfung der Benutzungseinheiten der Kläger am 2.07.2010 darstellte, berechtigt. Denn der äußere Anschein – insbesondere die Firmenschilder im Vorgarten und die Türklingelbeschilderung- lassen den Schluss zu, dass das Grundstück mindestens mehr als die von den Klägern angegebene Benutzereinheit umfasst. Dass dieser äußere Anschein nicht besteht oder aber die Angaben, die sich aus der Überprüfung vor Ort durch die Mitarbeiter der Beklagten am 2.07.2010, unzutreffend seien, haben die Kläger weder vorgetragen noch bestreiten sie, dass die Firmenschilder im Vorgarten des Grundstücks auf drei Firmen in dem Gebäude ebenso hinweisen wie auf eine Wohnnutzung des Gebäudes durch eine weitere Person (Y) und deren eigenen Klingelknopf neben dem der Kläger. Vor diesem Hintergrund ist es vorliegend rechtlich unerheblich, ob die Fertigung von Photoaufnahmen am 19.08.2010 und das Betreten des Grundstücks durch Mitarbeiter der Beklagten rechtmäßig waren.

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Unter Berücksichtigung der berechtigten Zweifel der Beklagten an der Richtigkeit der Angaben der Kläger als Gebührenpflichtige obliegt es diesen im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht nach § 13 Abs. 2 GebG, die Richtigkeit der Auskünfte insbesondere durch die Vorlage von Aufzeichnungen, Büchern und Geschäftspapieren sowie anderen Urkunden nachzuweisen. An diesen Nachweisen fehlt es vorliegend. Ihrer Nachweispflicht sind die Kläger, wie die Beklagte zu Recht dargelegt hat, nicht nachgekommen. Die Kläger haben die Zahl der Benutzungseinheiten lediglich in Abrede gestellt. Qualifizierte Einwendungen haben sie nicht erhoben, obwohl dies nur mit geringer Mühewaltung möglich wäre. Die Kläger haben wiederholt auf die Aufforderung der Beklagten zur Klarstellung der Benutzereinheiten keine Beweise angeboten. Der Verweis auf die Grundbucheinträge oder die Akte des Bauamts stellt kein geeignetes Beweisangebot dar. Denn weder das Grundbuch noch die Akte des Bauamts geben darüber Auskunft, wie das Gebäude tatsächlich genutzt wird. Dazu wäre eine amtlich beglaubigte Skizze über die Raumaufteilung aussagekräftig gewesen. Darüber hinaus hätten die Kläger durch die Vorlage von aktuellen Photos über die innere Aufteilung des Gebäudes und die von ihnen behauptete einfache Benutzungseinheit belegen können. Nicht zuletzt hätte auch eine gemeinsame Ortsbesichtigung der Kläger mit Vertretern der Beklagten Aufschluss über die tatsächliche Anzahl der Benutzungseinheiten geben können, die von den Klägern für ausgeschlossen erklärt wurde. Vor diesem Hintergrund haben die Kläger die erforderlichen Auskünfte nicht bzw. nicht ausreichend erteilt.

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Nach § 13 Abs. 3 S. 1 GebG ist die Beklagte berechtigt die Gebühr zu schätzen, wenn die erforderlichen Auskünfte nicht oder nicht ausreichend erteilt werden. Dabei sind nach § 13 Abs. 3 S. 2 GebG alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

Die Beklagte hat alle Umstände berücksichtigt, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Insbesondere ist es rechtlich nicht zu beanstanden, die Anzahl der Benutzereinheiten nach den möglichen Anhaltspunkten, wie z.B. die Firmenschilder und die Anzahl der Türklingeln und Namensschilder zu schätzen, wenn die Kläger ihrer Mitwirkungspflicht nach § 2 Abs. 3 S. 1 AbfGebO nicht nachkommen1.

Rechtlich nicht zu beanstanden ist weiterhin, dass die Beklagte die Kläger in Höhe von drei Benutzungseinheiten in Anspruch nimmt. Das Haus der Kläger umfasst dem Anschein anhand der Klingelschilder und der Firmenschilder nach drei Benutzungseinheiten, nämlich jeweils eine Privatwohnung der Kläger und einer weiteren Person (Y) und wenigstens eine Benutzungseinheit für die drei Firmen, wie sie sich aus der Beschilderung im Vorgarten ergibt. Denn zum einen ist durch die Türklingelbeschriftung („Y, privat“) der Eindruck einer weiteren Benutzungseinheit neben derjenigen der Kläger entstanden. Dieser Eindruck wird durch die Einlassung der Kläger nicht in ausreichender Weise widerlegt. Zunächst steht nach der Einlassung der Kläger fest, dass die Tochter als Journalistin bei einem großen Verlag tätig ist. Sie bewohnt allem Anschein nach allein das Dachgeschoss des Hauses. Denn diese sind nach der Einlassung der Kläger ihre Privaträume. Sie sind dem Anschein nach mit einem Badezimmer ausgestattet. Denn die Bauakte weist für jede Etage des Hauses ein eigenes Badezimmer auf. Schließlich hat das Dachgeschoss des Hauses eine eigene Türklingel mit entsprechendem Türklingelschild („Y, privat“). Darüber hinaus ist das Erdgeschoss als eine in sich abgeschlossene Einheit iSd § 2 Abs. 1 Nr. 2 AbfGebO anzusehen. Denn eine in sich geschlossene Einheit ist bei Geschäftsräumen anzunehmen. Geschäftsräume sind alle Räume die nicht den privaten Haushaltungen stammen und dem Betrieb eines Geschäfts dienen2 Das liegt hier vor. Die Räume im Erdgeschoss dienen als Büros für die drei von den Klägern geführten Gesellschaften. Darüber hinaus weist das hohe Volumen der Papiertonne (240 l) auch darauf hin, dass das Einfamilienhaus nicht nur als eine Wohnung genutzt wird.

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Im Übrigen ist auch die nachträgliche Festsetzung der Grundgebühren für drei Benutzungseinheiten für die Jahre 2007 bis 2010 rechtmäßig, da die von der Beklagten zugrunde gelegten drei Benutzungseinheiten sich aus einem äußeren Anschein rechtfertigt, der sich unstreitig wenigstens seit dem Jahr 2007 so darstellt.

Verwaltungsgericht Hamburg, Urteil vom 25. September 2012 – 4 K 421/11

  1. so auch VG Hamburg, Beschluss vom 04.02.1997 – 13 VG 4739/96[]
  2. Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 13, Rn.20.[]