Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist.

Dabei haben die Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit des angegriffenen Hoheitsakts vorgetragen werden, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, es sei denn, die Verfassungsbeschwerde wäre von vornherein unzulässig oder offensichtlich unbegründet1. Der Antragsteller hat daher substantiiert darzulegen, dass der Antrag in der zugehörigen Hauptsache weder unzulässig noch offensichtlich unbegründet ist2.
Auch im verfassungsgerichtlichen Eilrechtsschutzverfahren gilt der Grundsatz der Subsidiarität (vgl. § 90 Abs. 2 BVerfGG). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kommt daher nur in Betracht, wenn der Antragsteller bestehende Möglichkeiten, fachgerichtlichen Eilrechtsschutz zu erlangen, ausgeschöpft hat3.
Dies zugrunde gelegt unterliegt der Eilantrag der Subsidiarität, wenn der Beschwerdeführer eine nicht offensichtlich aussichtslose Anhörungsrüge eingelegt hat, über welche das Beschwerdegericht noch nicht entschieden hat. Im Rahmen dieses Anhörungsrügeverfahrens könnte das Beschwerdegericht das Verfahren gemäß § 33a Satz 1 StPO in den Stand vor seiner Beschwerdeentscheidung zurückversetzen und dabei unter Umständen zum Ergebnis kommen, dass die ursprüngliche Entscheidung rechtswidrig gewesen ist. In diesem Fall hätte der Beschwerdeführer das Rechtsschutzziel seines Antrags erreicht4.
Überdies stand dem Erlass einer einstweiligen Anordnung im vorliegenden Fall entgegen, dass die zugrundeliegende Verfassungsbeschwerde mangels Erschöpfung des Rechtswegs derzeit unzulässig ist. Der Beschwerdeführer hat nicht substantiiert dargelegt, warum ihm das Abwarten der fachgerichtlichen Rechtsschutzmöglichkeiten gemäß § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG ausnahmsweise nicht zuzumuten ist. Insbesondere hat er sich zu einem Antrag nach § 33a Satz 2 in Verbindung mit § 47 Abs. 2 StPO, die Vollziehung des angegriffenen Beschlusses bis zur Entscheidung über die Anhörungsrüge auszusetzen5, nicht verhalten.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 26. September 2022 – 2 BvR 1627/22
- vgl. BVerfGE 7, 367 <371> 103, 41 <42> 121, 1 <15> 134, 138 <140 Rn. 6 m.w.N.> stRspr[↩]
- vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.05.2019 – 2 BvQ 46/19 2[↩]
- vgl. BVerfG, Beschluss vom 22.09.2016 – 2 BvQ 52/16, Rn. 2; Beschluss vom 13.08.2019 – 1 BvQ 66/19, Rn. 2; stRspr[↩]
- vgl. BVerfG, Beschluss vom 04.12.2019 – 2 BvQ 91/19, Rn. 3[↩]
- vgl. BVerfG, Beschluss vom 07.05.2020 – 2 BvQ 26/20 39[↩]
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