Die NPD-Gemeinderatsfraktion – und die Fraktionszuwendungen

Gewährt eine Gemeinde den Fraktionen im Gemeinderat Zuwendungen, darf sie Fraktionen verfassungsfeindlicher, aber nicht verbotener Parteien oder Wählervereinigungen nicht davon ausschließen.

Die NPD-Gemeinderatsfraktion – und die Fraktionszuwendungen

Das hat jetzt das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden und dem Ausschluss einer Gemeinderatsfraktion der NPD von den Fraktionszuwendungen eine Absage erteilt.

In dem entschiedenen Fall wendeten sich eine kommunale NPD-Fraktion und deren Mitglieder im Normenkontrollverfahren gegen die entsprechende Satzung einer Stadt in Hessen. Diese gewährt den Gemeinderatsfraktionen Zuwendungen zu den Aufwendungen für die Fraktionsgeschäftsführung. Die angegriffene Satzung schließt Fraktionen „aus Vertretern erkennbar verfassungsfeindlicher Parteien/Vereinigungen“ von solchen Zuwendungen aus.

Der hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel hat die Ausschlussregelung für unwirksam erklärt1. Die hiergegen Revision der Stadt hatte vor dem Bundesverwaltungsgericht nur teilweise Erfolg: Das Bundesverwaltungsgericht hat die Normenkontrollanträge der einzelnen Fraktionsmitglieder als unzulässig zurückgewiesen, weil die angegriffene Vorschrift nur Rechte der Fraktion und nicht auch Rechte ihrer Mitglieder regelt. Der Normenkontrollantrag der Fraktion ist dagegen nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts zulässig und begründet:

Die Ausschlussregelung ist rechtswidrig, weil sie den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Absatz 1 GG) verletzt. Die Gemeinden sind zwar nicht zu Fraktionszuwendungen verpflichtet, müssen aber alle Fraktionen gleich behandeln, wenn sie solche Zuwendungen gewähren. Der Ausschluss von Fraktionen verfassungsfeindlicher, nicht verbotener Parteien und Vereinigungen ist nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt und dient keinem verfassungsrechtlich zulässigen Zweck. Kommunale Fraktionen gehören als Untergliederungen der Gemeindevertretung zur kommunalen Verwaltung. Zuwendungen zur Fraktionsgeschäftsführung sind dazu bestimmt, die Fraktionsarbeit in der Gemeindevertretung zu finanzieren. Die Verteilung dieser Zuwendungen muss sich am Bedarf der Fraktionsgeschäftsführung orientieren. Die Zugehörigkeit der Fraktionsmitglieder zu einer Partei oder Vereinigung steht damit in keinem sachlichen Zusammenhang. Überdies ist die kommunalrechtliche Benachteiligung von Fraktionen nicht verbotener Parteien oder Wählervereinigungen nach Art. 21 und Art. 9 GG unzulässig. Dem „NPD-Urteil“ des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Januar 20172 ist nichts anderes zu entnehmen. Aus der – inzwischen umgesetzten – Möglichkeit, verfassungsfeindliche Parteien durch Verfassungsänderung von staatlicher Finanzierung auszuschließen, sind keine Befugnisse der Gemeinden gegenüber den Gemeinderatsfraktionen abzuleiten. Fraktionszuwendungen dienen nicht der Finanzierung eventuell „hinter“ den Fraktionen stehender Parteien. Fraktionen sind Teil der Staatsorganisation; im Gegensatz dazu sind die Parteien im gesellschaftlichen Bereich politisch tätig. Fraktionszuwendungen dürfen auch nicht zur Parteienfinanzierung zweckentfremdet werden. Dies ist durch Kontrollen des Zuwendungsgebers sicherzustellen.

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Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 27. Juni 2018 – 10 CN 1.17

  1. Hess. VGH, Urteil vom 05.04.2017 – 8 C 459/17.N[]
  2. BVerfG, Urteil vom 17.01.2017 – 1 BvB 1/13[]