Die Pressemitteilung eines Amtsgerichts – und der Persönlichkeitsschutz des Angeklagten

Die Pressemitteilung eines Amtsgerichts verletzt dann das Recht des Betroffenen auf ein faires Verfahren und sein allgemeines Persönlichkeitsrecht, wenn die Medieninformation nicht mit Blick auf die Unschuldsvermutung und die Auswirkungen auf das Strafverfahren gerade zu seinem Beginn mit der gebotenen Sachlichkeit, Objektivität und Zurückhaltung erfolgt. Für eine Veröffentlichung einer solchen Pressemitteilung im Internet fehlt es an einer Ermächtigungsgrundlage. Allerdings darf das Amtsgericht wegen der Besonderheiten des Einzelfalls die Medien wahrheitsgemäß und unter Namensnennung über den Tatvorwurf in abstrakter Form unter Hinweis auf die Unschuldsvermutung informieren.

Die Pressemitteilung eines Amtsgerichts – und der Persönlichkeitsschutz des Angeklagten

So hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in dem hier vorliegenden Fall vorläufigen Rechtsschutzes entschieden und den vorausgegangenen Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf teilweise geändert. Nachdem die Staatsanwaltschaft per Pressemitteilung über die Anklageerhebung gegen einen ehemaligen Profifußballspielers in anonymisierter Form und ohne Nennung des Strafvorwurfs informiert hatte, gab das Amtsgericht wegen zahlreicher Medienberichte und -anfragen ebenfalls hierüber eine Pressemitteilung heraus, die auch im Internet veröffentlicht wurde. Sie enthielt den Namen des Angeschuldigten und offenbarte Details der Anklage, die zuvor nicht öffentlich bekannt waren.

Dagegen hat sich der Antragsteller mit seinem Eilantrag beim Verwaltungsgericht Düsseldorf1 gewehrt. Nachdem der Eilantrag dort erfolglos geblieben war, hat der Antragsteller sein Ziel mit der Beschwerde weiter verfolgt.

In seiner Entscheidungsbegründung hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen betont, dass die Pressemitteilung das Recht des Antragstellers auf ein faires Verfahren und sein allgemeines Persönlichkeitsrecht verletze. So greife die öffentliche Berichterstattung über den Strafvorwurf erheblich in das Persönlichkeitsrecht des Antragstellers ein. Medieninformationen der Pressestelle des Amtsgerichts über das Strafverfahren, denen amtliche Authentizität zukomme, müssten mit Blick auf die Unschuldsvermutung und die Auswirkungen auf das Strafverfahren gerade zu seinem Beginn mit der gebotenen Sachlichkeit, Objektivität und Zurückhaltung erfolgen. Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen hätte die Pressemitteilung des Amtsgerichts in diesem frühen Verfahrensstadium danach nicht ohne vorherige Anhörung des Antragstellers erfolgen dürfen und gehe über den zulässigen Inhalt hinaus.

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Des Weiteren habe die in Rechte des Antragstellers eingreifende Pressemitteilung nicht für die Allgemeinheit im Internet zugänglich gemacht werden dürfen, weil es dafür keine Ermächtigungsgrundlage gebe.

Allerdings müsse der Antragsteller es aber wegen der Besonderheiten des Einzelfalles hinnehmen, wenn das Amtsgericht die Medien, die sich auf die Pressefreiheit berufen könnten, durch sorgfältig formulierte Informationen wahrheitsgemäß und unter Namensnennung über den Tatvorwurf in abstrakter Form unter Hinweis auf die Unschuldsvermutung unterrichte. Für eine solche Information liege der erforderliche Mindestbestand an Beweistatsachen vor. Dabei sei nach vorheriger Anhörung des Antragstellers gegebenenfalls knapp und ohne nähere Einzelheiten mitzuteilen, dass dieser den Vorwürfen entgegentrete.

Darüber hinaus könne der Antragsteller – in Bezug auf das weitergehende Begehren, dem Amtsgericht bestimmte Vorgaben für seine künftige Pressearbeit zu dem Strafverfahren zu machen – keinen vorbeugenden Rechtsschutz beanspruchen. Insoweit blieb die Beschwerde erfolglos.

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 4. Februar 2021 – 4 B 1380/20

  1. VG Düsseldorf, Beschluss vom 14.09.2020 – 20 L 1781/20[]

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