Niemand anders als der jeweilige Prüfer kann und muss die Stärken und Schwächen der Leistung jedes einzelnen Prüflings nach seinen allgemeinen Maßstäben beurteilen. Mit dem Vorbringen, die Aufsichtsarbeit eines Mitprüflings sei deutlich schlechter zu beurteilen als die eigene Aufsichtsarbeit, kann deshalb die Neubewertung der eigenen Arbeit nicht erreicht werden.

Im Einzelfall liegt es im Beurteilungsspielraum der Prüfer, wenn in einer Aufsichtsarbeit zum internationalen Privatrecht erwartet wird, dass „rascher“ oder „eleganter“ auf das einschlägige kollisionsrechtliche Regelwerk aus dem Völkerrecht (hier: Luganer Übereinkommen) abzustellen war, wenn nicht eine Prüfung des Anwendungsvorrang genießenden Unionsrechts vollständig ausgeschlossen wird1.
Im Einzelfall ist der Beurteilungsspielraum der Prüfer überschritten, wenn in einer Aufsichtsarbeit zum internationalen Privatrecht erwartet wird, Ausschlussgründe für die Anwendbarkeit eines kollisionsrechtlichen Regelwerks (hier: Luganer Übereinkommen) anzusprechen, obgleich der Sachverhalt für die Ausschlussgründe keine Anhaltspunkte enthielt und ein Fortlassen der Prüfung methodisch vertretbar ist1.
Der Anspruch auf Neubewertung leitet sich aus dem Grundsatz der Chancengleichheit bei berufsbezogenen Prüfungen her. Bei der Bewertung der Leistungen in berufsbezogenen Prüfungen ist ein gerichtlich nicht überprüfbarer Beurteilungsspielraum anzuerkennen2. Das Gebot der Chancengleichheit aus Art. 3 Abs. 1 GG erfordert eine Bewertung der Leistungen aller Prüflinge nach den Maßstäben der Prüfer. Das Gericht kann sich nicht an die Stelle der Prüfer setzen. Das Gericht kann nur überprüfen, ob das Verfahren eingehalten wurde, anzuwendendes Recht verkannt wurde, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen wurde, allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe verletzt wurden oder sachfremde Erwägungen ausschlaggebend waren3. Es obliegt dem Prüfling, konkrete und substantiierte Einwendungen gegen die Bewertung zu benennen4.
In dem hier vom Verwaltungsgericht Hamburg beurteilten Fall war die von den Prüfern gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 der Schwerpunktbereichsprüfungsordnung vom 07.11.20075 vorgenommene Bewertung der Aufsichtsarbeit beurteilungsfehlerhaft. Eine der vom Kläger gegen die Bewertung erhobenen Einwendungen dringt durch:
Allerdings führt das Vorbringen des Klägers nicht zum Ziel, soweit er einwendet, die Thematik der Aufsichtsarbeit sei zuvor in einer Vorlesung des Zweitvotanten als Prüfungsgegenstand ausgeschlossen worden. Der Kläger behauptet, Prof. Dr. A. habe in einer Vorlesung die Unvereinbarkeit von Entscheidungen im Exequaturverfahren als Thematik ausgeschlossen.
Allerdings betraf die Aufgabenstellung das Verfahren der Vollstreckbarerklärung (Exequatur) einer ausländischen Gerichtsentscheidung. Berührt wurde auch die Frage, ob die Vollstreckbarerklärung wegen Unvereinbarkeit von Entscheidungen zu versagen sei, wenngleich diese Frage ohne weiteres zu verneinen war. Nach dem Sachverhalt der Aufsichtsarbeit wandte sich der schweizerische F mit Wohnsitz in Düsseldorf gegen einen in Deutschland und der Schweiz verbreiteten Presseartikel des schweizerischen Verlags V mit Sitz in Zürich. F verklagte V vor dem Bezirksgericht Zürich, das V wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung durch den in der Schweiz vertriebenen Auflagenteil zur Zahlung von Schadenersatz und Genugtuung im Umfang von 10.000,– Schweizerfranken rechtskräftig verurteilte. Ferner verklagte F die V vor dem Landgericht Düsseldorf wegen des in Deutschland vertriebenen Auflagenteils auf Zahlung von Schadenersatz und Schmerzensgeld von 35.000,– Euro sowie auf Gegendarstellung. Das Landgericht Düsseldorf wies die Klage in erster Instanz zurück, erstmals in zweiter Instanz vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf verlangte F, deutsches Recht anzuwenden. Die Fallfrage 1 ging dahin, ob ein von F beim Landgericht Düsseldorf gestellter Antrag, das schweizerische erstinstanzliche Urteil in Deutschland für vollstreckbar zu erklären, Aussicht auf Erfolg hat. Die Fallfrage 2 ging dahin, welches Recht im Verfahren vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf Anwendung findet.
Indessen kommt es nicht darauf an, ob, in welchem Zusammenhang und gegebenenfalls mit welcher Differenzierung sich Prof. Dr. A. in einer Vorlesung dazu geäußert hat, ob die Unvereinbarkeit von Entscheidungen im Exequaturverfahren geprüft werde. Zum einen würde aus der Verwendung eines unzulässigen Prüfungsgegenstandes nicht der vom Kläger mit der Klage verfolgte Anspruch auf Neubewertung folgen. Denn auch eine Neubewertung könnte einen solchen Mangel des Prüfungsverfahrens – wäre er gegeben – nicht heilen. Zum anderen kann der Dozent einer Lehrveranstaltung nicht wirksam den Prüfungsstoff entgegen der Regelung in der Schwerpunktbereichsprüfungsordnung begrenzen. Prüfungspflichtstoffe des Schwerpunktbereichs V sind gemäß § 8 Abs. 2 SPO 2007 „Internationales und europäisches Privatrecht einschließlich des internationalen Handels- und Wirtschaftsrechts und des Internationalen Zivilverfahrensrechts; Rechtsvergleichung“. Das internationale Zivilverfahrensrecht schließt insbesondere das Exequaturverfahren mit ein.
Die Einwendung des Klägers gegen die Prüferkritik unter Ziffer 1 des Erstvotums dringt nicht durch. Dort ist kritisiert, dass in der Aufsichtsarbeit rascher auf das deutsch-schweizerische Verhältnis zuzusteuern gewesen sei. Unter Ziffer 1 des Zweitvotums ist ausgeführt, es wäre noch „eleganter“ gewesen, wenn die Arbeit gleich beim Stichwort Schweiz auf das Luganer Übereinkommen (LugÜ) zugesteuert wäre. Zu Unrecht sieht der Kläger seine Erörterung des Unionsrechts als „Geschmacksfrage“ an, vielmehr handelt es sich um eine Frage der den Prüfern zukommenden Beurteilung, in welchem Umfang die Erörterung von Unionsrecht bei einem die Schweiz als Nichtmitgliedstaat betreffenden Fall unumgänglich ist. Die Prüferkritik geht – anders als im Bezugsfall des VG Hamburg6 – nicht so weit, eine Prüfung des Anwendungsvorrang genießenden Unionsrechts vollständig auszuschließen.
Das Vorbringen des Klägers gegen die Beanstandung unter Ziffer 2 des Erstvotums, es sei nur im Urteilsstil ausgeführt, dass „es vorliegend um eine Zivil- und Handelssache i.S.v. Art. 1 I 1 LugÜ geht“, dringt nicht durch. Zu Unrecht sieht der Kläger einen Verstoß gegen die Maßstäbe, die aus einer vom Erstvotanten gefertigten Musterlösung einer Hausarbeit in der Ausbildungsliteratur hervorgehen. In der Musterlösung ist ausgeführt: „Bei den gegen R und D geltend gemachten Ersatzansprüchen handelt es sich um Zivilsachen, so dass der sachliche Anwendungsbereich der EuGVVO (Art. 1) eröffnet ist.“ Im Unterschied dazu brachte der Kläger in der Aufsichtsarbeit, S. 3, lediglich vor „Da es vorliegend um eine Zivil- und Handelssache i.S.v. Art. 1 I 1 LugÜ geht […]“, ohne darzulegen oder wenigstens anzudeuten, welcher Gegenstand vorliegend betroffen war. Es durfte beanstandet werden, es sei hinsichtlich Art. 1 Abs. 1 Satz 1 LugÜ explizit von Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch einen Medienbericht zu handeln gewesen.
Die Einwendung gegen das Erstvotum unter Ziffer 6 und das Zweitvotum unter Ziffer 4 dringen nicht durch. Der Kläger führte in der Aufsichtsarbeit, S. 10–12, dazu aus, ob die vom schweizerischen Gericht zugesprochene „Genugtuung“ gegen den ordre public verstoße, so dass eine Vollstreckbarerklärung gemäß Art. 27 Nr. 1 LugÜ zu versagen wäre. Im Erstvotum ist bemängelt, dieser Versagungsgrund liege eher vor, im Zweitvotum ist angemerkt, es sei zu viel aus dem Wort „Genugtuung“ gemacht, das nichts mit Strafschadenersatz zu tun habe, sondern dem deutschen Schmerzensgeld entspreche. Diese Prüferkritik verlässt den Beurteilungsspielraum nicht. Entgegen der Annahme des Klägers bedurfte es keiner nicht zu verlangenden besonderen Kenntnisse im ausländischen Sachrecht. Während ein Strafschadenersatz im Hinblick auf den Schädiger der Repression und Prävention dient, werden mit dem Schmerzensgeld im Hinblick auf den Geschädigten Nachteilsausgleich und Genugtuung unternommen. Eine schweizerische „Genugtuung“ ist deshalb ohne nähere Ausführungen entsprechend einem deutschen Schmerzensgeld zu behandeln.
Ohne Erfolg wendet sich der Kläger gegen die Prüferkritik unter Ziffer 7 des Erstvotums und Ziffer 5 des Zweitvotums. Im Erstvotum wird beanstandet, dass der Kläger nicht herausgearbeitet habe, dass nicht derselbe Hauptsacheausspruch in Rede stehe. Es werde nicht erkennbar, was die kollisionsrechtliche Lage für eine Unvereinbarkeit besage. Im Zweitvotum wird beanstandet, dass der zentrale Begriff „Streitgegenstand“ gar nicht falle. Die Unvereinbarkeit von Entscheidungen bemisst sich nach dem Tenor in der Hauptsache: Die Verurteilung zur Geldzahlung wegen einer Veröffentlichung in der Schweiz durch eine schweizerisches Gericht und die Abweisung einer wegen einer Veröffentlichung in Deutschland auf Geldzahlung und Gegendarstellung gerichteten Klage durch ein deutsches Gericht sind nicht miteinander unvereinbar. Weder präjudiziert die eine Entscheidung die andere, noch handelt es sich um denselben Streitgegenstand. Ferner ist es fachlich ausgeschlossen, aus dem Umstand, welches Sachrecht Anwendung findet, Schlüsse auf eine Unvereinbarkeit von Entscheidungen zu ziehen. Ob zwei gerichtliche Entscheidungen miteinander unvereinbar sind, d.h. sich wechselseitig ausschließende Rechtsfolgen aussprechen, hängt nicht davon ab, auf Grundlage welchen Sachrechts die Entscheidungen getroffen worden sind.
Soweit der Kläger vorbringt – zuletzt mit Schriftsatz vom 08.06.2013 unter Vorlage der bewerteten Aufsichtsarbeit einer Kommilitonin – dass „zwischen beiden Arbeiten Welten“ lägen, ist dies seine Auffassung, die er nicht an die Stelle der zur Beurteilung allein berufenen Prüfer zu setzen vermag. Niemand anders als die Prüfer kann und muss die Stärken und Schwächen der Leistung jedes einzelnen Prüflings nach seinen allgemeinen Maßstäben beurteilen. Das Gericht kann nicht ermitteln, ob die Prüfer nach ihren Maßstäben die Aufsichtsarbeit des Klägers relativ besser als diejenige seiner Kommilitonin hätten bewerten müssen. Selbst wenn die Prüfer nach ihren Maßstäben die Aufsichtsarbeit des Klägers relativ besser als diejenige der Kommilitonin hätten bewerten müssen, hätten sie dies auch durch eine entsprechend absolut schlechtere Bewertung ihrer Aufsichtsarbeit erreichen können. Eine absolut bessere Bewertung der Aufsichtsarbeit des Klägers durften die Prüfer nur dann vornehmen, wenn ihre eigenen Maßstäbe dies geboten.
Die vom Kläger erhobene Einwendung gegen die Prüferkritik unter Ziffer 3 des Erstvotums, die sich das Zweitvotum zu Eigen macht, zeigt hingegen einen für das Ergebnis erheblichen Bewertungsfehler auf. Im Erstvotum wird festgestellt: „Auch zu den Ausschlussgründen nach Art. 1 Abs. 2 LugÜ sagt Verf. nichts.“ Die Feststellung ist nicht wertneutral, sondern enthält zugleich eine Prüferkritik. Dafür spricht bereits ihre Aufnahme als einen von zehn Punkten in das abschließende Votum des Erstvotanten. Der bewertende Charakter ergibt sich jedoch zwingend aus dem einleitenden Wort „auch“, das an die vorangehende Beanstandung unter Ziffer 2 des Erstvotums wegen der zu knappen Prüfung von Art. 1 Abs. 1 Satz 1 LugÜ anknüpft. In seinem ergänzenden Votum hat der Erstvotant auch nicht die Ausführungen im Erstvotum unter Ziffer 3, sondern die diesbezüglichen Einwendungen in der Widerspruchsbegründung für „unerheblich“ erachtet, der Zweitvotant hat sich in seiner ergänzenden Stellungnahme nicht gesondert zu diesem Punkt verhalten.
Aus fachlich-dogmatischer Sicht barg der Sachverhalt der Aufsichtsarbeit keine Anhaltspunkte für einen Ausschluss der Anwendung nach Art. 1 Abs. 2 LugÜ. Es war nichts dafür ersichtlich, dass der Personenstand, die Rechts- und Handlungsfähigkeit sowie die gesetzliche Vertretung von natürlichen Personen, die ehelichen Güterstände, das Gebiet des Erbrechts einschließlich des Testamentsrechts, Konkurse, Vergleiche und ähnliche Verfahren, die soziale Sicherheit oder die Schiedsgerichtsbarkeit in Rede standen.
Aus fachlich-methodischer Sicht konnte vom Prüfling auch nicht erwartet werden, zumindest festzustellen, dass mangels entsprechender Anhaltspunkte die Ausschlussgründe nicht eingriffen. Im internationalen Privatrecht ist regelmäßig die Anwendbarkeit der kollisionsrechtlichen Regelwerke aus dem Unions- und Völkerrecht zu prüfen, beispielsweise der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.07.2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom-II-Verordnung), der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22.12.2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO) oder des Luganer Übereinkommens. Diese Regelwerke weisen regelmäßig in ihrem Art. 1 Abs. 1 den grundsätzlichen Anwendungsbereich aus, von dem in Art 1. Abs. 2 dann jeweils Ausnahmen gemacht werden, wie dies auch beim Luganer Übereinkommen der Fall ist. Nach allgemeiner rechtswissenschaftlicher Methodik müssten in einer Aufsichtsarbeit Ausschlussgründe als Gegennormen dann nicht notwendig Erwähnung finden, wenn für ihr Vorliegen keine Anhaltspunkte bestehen. Beispielsweise ist bei Prüfung eines Kaufpreisanspruch zur anspruchsvernichtenden Erfüllung dann nichts auszuführen, wenn dafür nach dem Sachverhalt der Aufsichtsarbeit nichts ersichtlich ist. Im Besonderen besteht in Prüfungen im internationalen Privatrecht nicht die Übung, Ausschlussgründe ohne sachverhaltsbedingte Notwendigkeit anzusprechen. Beispielsweise findet sich in den folgenden drei Musterlösungen von Prüfungsaufgaben in einer anerkannten Ausbildungszeitschrift kein Hinweis darauf, dass in Prüfung der Anwendbarkeit des jeweiligen Regelwerks Ausschlussgründe auch nur anzusprechen wären: Fuchs, Der praktische Fall – Internationales Privat- und Verfahrensrecht: Caroline von M., JuS 2000, 879, 879; B., Schwerpunktbereichshausarbeit – Internationales Privat- und Verfahrensrecht: Der nachlässige Rechtsanwalt, JuS 2008, 708, 709; Kettenberger, Schwerpunktbereichsklausur – IPR: LugÜ und CISG – Ein deutsch-schweizerischer Vertragsschluss, JuS 2012, 146, 147. Insoweit trifft der Hinweis in der von der Beklagten in Bezug genommenen Stellungnahme vom 22.04.2013 zu, dass allgemeine Leitlinien für die Bearbeitung internationalprivatrechtlicher Klausurfälle nicht gegeben werden können. Dies führt aber entgegen der von der Beklagten wiedergegebenen Auffassung nicht dazu, dass in dem einen Fall auf die Prüfung der Ausschlussgründe verzichtet und in einem Fall die Prüfung verlangt werden könnte, ohne dass der Sachverhalt dafür Anhaltspunkt gäbe.
Der Bewertungsfehler ist auch erheblich. Der Einfluss eines inhaltlichen Bewertungsfehlers auf das Prüfungsergebnis kann zwar dann ausgeschlossen werden, wenn er Ausführungen betrifft, die offensichtlich nicht tragend, sondern nur beiläufige Anmerkungen sind7. Jedoch darf die gerichtliche Kausalitätsprüfung nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung8, die sich das erkennende Gericht zu Eigen macht, nicht in den prüfungsspezifischen Bewertungsspielraum der Prüfer eindringen; daher dürfen die Gerichte mögliche Auswirkungen eines von ihnen festgestellten Prüfungsfehlers nicht auf die Weise verneinen, dass sie dabei selbst Bewertungen abgeben, indem sie etwa verschiedene Aufgaben, die gestellt worden sind, untereinander gewichten, den Schwierigkeitsgrad einer Aufgabenstellung einordnen, die Qualität einer Darstellung würdigen oder aber Stärken und Schwächen in der Bearbeitung bzw. die Bedeutung eines Mangels gewichten. Vorliegen vermag das Gericht nicht zu erkennen, dass der Erstvotant seine Bewertung im Ergebnis nicht auch auf den Kritikpunkt unter Ziffer 3 des Erstvotums stützen wollte. Hätte der Prüfer das Ergebnis der Bewertung nicht auf alle in seinem abschließenden Votum ausgeführten, sondern nur auf ausgewählte, von ihm für gewichtig erachtete, Punkte stützen wollen, hätte dies unzweifelhaft zum Ausdruck kommen müssen. Bislang haben die Prüfer auch nicht etwa durch weitere ergänzendes Votum klargestellt, dass ihre Kritik insoweit ohne Einfluss auf das Bewertungsergebnis geblieben ist. Die in der von der Beklagten in Bezug genommenen Stellungnahme der Referentin des Vorsitzenden des Schwerpunktbereichsprüfungsausschusses vom 22.04.2013 geäußerte Auffassung, die Nichterwähnung der Ausschlussgründe sei „offenkundig kein tragender Gesichtspunkt, auf dem die Bewertung der Klausur ruhte bzw. mit dem jene stünde und fiele“ ist ohne Begründung geblieben. Die Verwendung der Bekräftigung „offenkundig“ ersetzt eine Begründung nicht. Es mag sein, dass die Prüfer dem Kritikpunkt für sich betrachtet nur eine untergeordnete Bedeutung beigemessen haben. Es mag aber auch sein, dass die Prüfer dem Kritikpunkt zumindest in Zusammenschau mit weiteren Beanstandungen in die Benotung haben einfließen lassen. Das Gericht kann sich nicht an die Stelle der Prüfers setzen und beurteilen, ob die geäußerte Kritik entscheidend für die Votanten war oder nicht.
Verwaltungsgericht Hamburg, Urteil vom 10. Juni 2013 – 2 K 1581/11
- vgl. VG Hamburg, Urteil vom 16.01.2013 – 2 K 1110/11[↩][↩]
- BVerfG, Beschluss vom 17.04.1991, BVerfGE 84, 34; Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Aufl.2010, Rn. 877[↩]
- BVerfG, a.a.O.[↩]
- BVerwG, Beschluss vom 23.12.1993, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 326; OVG Hamburg, Beschluss vom 17.07.2008, NVwZ-RR 2008, 851[↩]
- Amtl. Anz. S. 140 – SPO 2007[↩]
- VG Hamburg, Urteil vom 16.01.2013, 2 K 1110/11[↩]
- Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Aufl.2010, Rn. 682[↩]
- BVerwG, Urteil vom 14.09.2012, NVwZ-RR 2013, 42[↩]