Die Thüringer Strombrücke und der staatlich anerkannte Erholungsort

Ist keine nachhaltige Beeinträchtigung einer Gemeinde als staatlich anerkannter Erholungsort und als Fremdenverkehrsgemeinde sowie eines Grundstückseigentümers, der eine Ausflugsgaststätte betreibt, erkennbar, und liegen auch keine anderen Abwägungsmängel vor, ist ein Planfeststellungsbeschluss zum Bau einer Höchstspannungsleitung rechtmäßig.

Die Thüringer Strombrücke und der staatlich anerkannte Erholungsort

So die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in dem hier vorliegenden Fall eines Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz gegen den Planfeststellungsbeschluss für die „380 kV-Leitung Vieselbach-Altenfeld“, den eine Gemeinde und ein betroffener Grundstückseigentümer gestellt haben. Mit dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss vom 31. Januar 2012 hat das Thüringer Landesverwaltungsamt das Neubauvorhaben im zweiten Planungsabschnitt genehmigt. Dieses Neubauvorhaben ist eine Teilstrecke der insgesamt ca. 210 km langen Höchstspannungsleitung zwischen dem Umspannwerk Lauchstädt in Sachsen-Anhalt und dem Umspannwerk Redwitz in Bayern. Die Höchstspannungsleitung wird auf einer Länge von ca. 57 km auf der so genannten Westvariante geführt und folgt dabei weitgehend vorhandenen Eingriffen in Natur und Landschaft. Im nördlichen Bereich wird das Vorhaben parallel zur bereits bestehenden 380-kV-Höchstspannungsfreileitung Mecklar-Vieselbach errichtet. In Höhe des Riechheimer Berges wird das Vogelschutzgebiet „Muschelkalkgebiet südöstlich Erfurt“ gequert. Dort soll auf einem Grundstück des Antragstellers ein Mast errichtet werden. Nach Süden verläuft die neue Trasse zum großen Teil entlang der Bundesautobahn A 71 und der ICE-Neubaustrecke. Im südlichen Bereich quert das Vorhaben auf einer Länge von ca. 700 m das Gemeindegebiet der Antragstellerin. Mit ihrem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz wollen die Antragsteller verhindern, dass vor Abschluss des Klageverfahrens mit dem Ausbau begonnen wird. Sie machen u.a. geltend, dass das Neubauvorhaben nicht erforderlich sei und ihre Belange als Fremdenverkehrsgemeinde und als Betreiber einer Ausflugsgaststätte nicht ausreichend berücksichtigt worden seien.

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Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts hat die Klage voraussichtlich keinen Erfolg. Die Einwände der Antragsteller gegen die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses sind nicht stichhaltig. Die erforderliche Planrechtfertigung folgt aus dem Bedarfsplan zum Energieleitungsausbaugesetz. Diese Bedarfsfeststellung bindet die Planfeststellungsbehörde und das Gericht und wäre im Eilverfahren nur dann unbeachtlich, wenn die Einschätzung des Gesetzgebers evident sachwidrig wäre. Davon kann nicht ausgegangen werden. Das Vorhaben hat im europäischen Verbundnetz und als nationale Kuppelleitung eine tragende Funktion. Maßnahmen der Optimierung und Verstärkung bestehender Leitungen reichen nicht aus. Abwägungsmängel liegen nicht vor. Für eine nachhaltige Beeinträchtigung der Antragstellerin als staatlich anerkannter Erholungsort und als Fremdenverkehrsgemeinde sowie der Ausflugsgaststätte des Antragstellers ist nichts dargetan. Auf den behaupteten Verstoß gegen Vorschriften des Arten- und des Landschaftsschutzes kommt es nicht an.

Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 24. Mai 2012 – 7 VR 4.12