Die Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen das Gesetz

Der Grundsatz der Subsidiarität erfordert, dass vor Einlegung einer Verfassungsbeschwerde alle zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergriffen werden, um eine Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern1. Daher ist eine Verfassungsbeschwerde unzulässig, wenn in zumutbarer Weise Rechtsschutz durch die Anrufung der Fachgerichte erlangt werden kann.

Die Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen das Gesetz

Damit soll unter anderem erreicht werden, dass das Bundesverfassungsgericht nicht auf ungesicherter Tatsachen- und Rechtsgrundlage weitreichende Entscheidungen trifft2.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Pflicht zur Anrufung der Fachgerichte aber ausnahmsweise verneint, wenn sie nicht zumutbar ist, weil dies offensichtlich sinn- und aussichtslos wäre. Dies kann der Fall sein, wenn der Misserfolg eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens von vornherein feststeht, weil die Norm der Verwaltung keinen Ermessens- oder Beurteilungsspielraum einräumt3.

Wirft ein Sachverhalt allein spezifisch verfassungsrechtliche Fragen auf, die das Bundesverfassungsgericht letztlich zu beantworten hat, ohne dass von einer vorausgegangenen fachgerichtlichen Prüfung verbesserte Entscheidungsgrundlagen zu erwarten wären, ist die vorherige Nutzung fachgerichtlicher Rechtsschutzmöglichkeiten auch im Hinblick auf einen in zeitlicher und tatsächlicher Hinsicht effektiven Rechtsschutz nicht zumutbar4.

Außerdem verlangt der Grundsatz der Subsidiarität nicht, dass Betroffene vor Erhebung einer Verfassungsbeschwerde gegen eine straf- oder bußgeldbewehrte Rechtsnorm verstoßen und sich dem Risiko einer entsprechenden Ahndung aussetzen müssen, um dann im Straf- oder Bußgeldverfahren die Verfassungswidrigkeit der Norm geltend machen zu können5.

Weiterlesen:
Das Bundesverfassungsgericht ist genervt…

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 14. Januar 2015 – 1 BvR 931/12

  1. vgl. BVerfGE 123, 148, 172; 134, 242, 285 Rn. 150; stRspr[]
  2. vgl. BVerfGE 123, 148, 172 m.w.N.[]
  3. vgl. BVerfGE 123, 148, 172[]
  4. vgl. BVerfGE 123, 148, 172 f. m.w.N.[]
  5. vgl. BVerfGE 81, 70, 82 f.; 97, 157, 165[]