Die Verfolgung privater Interessen bei der Änderung eines Bebauungsplans

Ein Bebauungsplan verstößt gegen den Grundsatz der Erforderlichkeit, wenn die Planung lediglich dazu dient, private Interessen zu befriedigen und eine positive Zielsetzung – u.a. die Vermeidung einer städtebaulich unerwünschten Konfliktsituation – nur vorgeschoben ist, um eine in Wahrheit auf bloße Verhinderung gerichtete Planung zu verdecken.

Die Verfolgung privater Interessen bei der Änderung eines Bebauungsplans

Mit dieser Begründung hat der Bayersche Verwaltungsgerichtshof in dem hier vorliegenden Fall die 3. Änderung des Bebauungsplans „Holzheim-West“ für unwirksam erklärt und dem Antrag eines Stahlwerks auf Überprüfung des Bebauungsplans, der die Erschließung einer Deponie konterkarieren würde, stattgegeben. Die Antragstellerin ist Inhaberin bestandskräftiger Planfeststellungsentscheidungen für die Errichtung einer Deponie für Elektroofenschlacke in Holzheim. Die vorgesehene Erschließung der Grundstücke über eine Südzufahrt ist aufgrund nicht ausreichender Breite nicht realisierbar. Die für eine alternative Nordzufahrt benötigten Grundstücke waren bisher durch Bebauungsplan als öffentliche Verkehrsflächen festgesetzt. Die 3. Änderung des Bebauungsplans sieht vor, dass diese Wege aufgelöst und als Flächen für die Landwirtschaft sowie als Grünflächen Aussied-lerhöfen zugeschlagen werden. Dagegen hat sich die Antragstellerin gewehrt.

In seiner Urteilsbegründung hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof deutlich zum Ausdruck gebracht, dass bei dem Bebauungsplan eine positive Zielsetzung – u.a. die Vermeidung einer städtebaulich unerwünschten Konfliktsituation – nur vorgeschoben sei, um eine in Wahrheit auf bloße Verhinderung gerichtete Planung zu verdecken. In der gleichen Gemeinderatssitzung, in der die von der Planänderung profitierenden Grundstückseigentümer die Änderung beantragt hätten, sei der Änderungsbebauungsplan aufgestellt sowie der Beschluss über die straßenrechtliche Einziehung der Flächen getroffen worden. Schon am darauffolgenden Tag seien die Flächen von der Gemeinde an diese Nachbarn verkauft worden. Aus diesem zeitlichen Ablauf mit dem gleichsam „vorzeitigen Vollzug“ des Bebauungsplans werde deutlich, dass es der Gemeinde im Wesentlichen darum gegangen sei, den Erwerbswünschen der angrenzenden Grundstückseigentümer zu entsprechen und dem Deponievorhaben Hindernisse in den Weg zu stellen. Damit verstößt der Bebauungsplan gegen den Grundsatz der Erforderlichkeit, weil die Planung lediglich dazu dient, private Interessen zu befriedigen.

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Der Bebauungsplan leide zudem an einem beachtlichen Abwägungsfehler, weil das Interesse der Antragstellerin an der Beibehaltung der Verkehrsflächen für eine Nordzufahrt fehlgewichtet worden sei. Die Annahme, dass der Antragstellerin die Herstellung der Südzufahrt möglich gewesen sei, sei unzutreffend. Dies sei der Gemeinde im Zeitpunkt des Änderungsbeschlusses auch bekannt gewesen. Der Abwägungsmangel sei erheblich, weil er offensichtlich sei und Einfluss auf das Abwägungsergebnis gehabt habe.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 20. Mai 2014 – 15 N 12.1454