Die verfrüht erhobene Verfassungsbeschwerde – und die Auslagenerstattung nach Erledigung

Nach Erledigung der Verfassungsbeschwerde ist über die Auslagenerstattung gemäß § 34a Abs. 3 BVerfGG nach Billigkeitsgesichtspunkten zu entscheiden1.

Die verfrüht erhobene Verfassungsbeschwerde – und die Auslagenerstattung nach Erledigung

Im Hinblick auf die Funktion und die Tragweite der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts findet eine summarische Prüfung der Erfolgsaussicht der Verfassungsbeschwerde im Rahmen der Entscheidung nach § 34a Abs. 3 BVerfGG grundsätzlich nicht statt2. Dem Grund, der zur Erledigung geführt hat, kann wesentliche Bedeutung zukommen3.

  • So ist es billig, einem Beschwerdeführer die Erstattung seiner Auslagen zuzuerkennen, wenn die öffentliche Gewalt von sich aus den mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Akt beseitigt oder der Beschwer auf andere Weise abhilft, weil in diesem Fall davon ausgegangen werden kann, dass sie das Begehren des Beschwerdeführers selbst für berechtigt erachtet hat4.
  • Die Auslagenerstattung entspricht hingegen regelmäßig nicht der Billigkeit, wenn die Verfassungsbeschwerde zum Zeitpunkt ihrer Erhebung unzulässig war5 und dies bis zur Erledigung durch die Abhilfe im fachgerichtlichen Verfahren geblieben ist6.

Nach diesen Maßstäben entspricht es nicht der Billigkeit, eine Ausnahme vom Grundsatz des Selbstbehalts anzunehmen, wenn die Verfassungsbeschwerde seit ihrer Erhebung bis zur erledigenden Entscheidung der Fachgerichte nicht dem Grundsatz der Subsidiarität (vgl. § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG) genügte und daher offensichtlich unzulässig war, da der Beschwerdeführer die Verfassungsbeschwerde erhoben hat, bevor das  Fachgericht über seinen Antrag entschieden und dem Begehren des Beschwerdeführers abgeholfen hatte.

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Aus dem subsidiären Charakter der Verfassungsbeschwerde als außerordentlicher Rechtsbehelf sowie der Kompetenzverteilung zwischen den Fachgerichten und dem Bundesverfassungsgericht folgt insoweit, dass der Beschwerdeführer über das Erfordernis einer Rechtswegerschöpfung im engeren Sinn hinaus vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde grundsätzlich alle ihm zumutbaren, nach Lage der Sache zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreifen muss, um den geltend gemachten Verstoß gegen Grundrechte oder grundrechtsgleiche Rechte zu verhindern oder dessen Korrektur zu erwirken7. Zu den insoweit zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten gehört auch das Stellen eines nicht offensichtlich aussichtslosen Antrags auf Ergänzung der Entscheidung, sofern dies fachprozessrechtlich statthaft ist8.

Ist dieser Antrag erfolgreich -was zur Erledigung der Verfassungsbeschwerde führt, kann er auch nicht als aussichtslos angesehen werden9.

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 5. April 2023 – 2 BvR 2250/22

  1. vgl. BVerfGE 85, 109 <114> 87, 394 <397> 133, 37 <38 Rn. 2>[]
  2. vgl. BVerfGE 33, 247 <264 f.> 85, 109 <115 f.> 87, 394 <398> 133, 37 <38 f. Rn. 2>[]
  3. BVerfGE 133, 37 <38 Rn. 2>[]
  4. vgl. BVerfGE 85, 109 <114 ff.> 87, 394 <397 f.> 91, 146 <147> 133, 37 <38 Rn. 2>[]
  5. vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.10.2014 – 2 BvR 550/14 3[]
  6. BVerfG, Beschluss vom 05.10.2022 – 1 BvR 856/22, Rn. 5 m.w.N.[]
  7. vgl. BVerfGE 81, 22 <27> 84, 203 <208> 95, 163 <171> BVerfG, Beschluss vom 12.11.2021 – 1 BvR 576/19, Rn. 8; Beschluss vom 07.04.2022 – 2 BvR 2194/21, Rn. 51; stRspr[]
  8. vgl. BVerfGE 73, 322 <325> BVerfG, Beschluss vom 16.11.2021 – 1 BvR 1775/21, Rn. 4 m.w.N.[]
  9. vgl. BVerfG, Beschluss vom 28.10.2019 – 2 BvR 962/19 3[]
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