Die Vorlagepflicht der Gerichte

Nach dem allgemeinen richterlichen Prüfungsrecht aus Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG sind alle Gerichte zuständig, im Rahmen der bei ihnen anhängigen Verfahren nachkonstitutionelle gesetzliche Vorschriften auf ihre Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz zu prüfen1.

Die Vorlagepflicht der Gerichte

Im Einzelnen kann und muss sich danach jedes Gericht, ehe es ein Gesetz anwendet, mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit dieses Gesetzes beschäftigen2 und eine eigene Überzeugung von dessen Verfassungsmäßigkeit oder Verfassungswidrigkeit bilden3.

Nicht nur für die Zulässigkeit einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht, sondern bereits auch für das Entstehen der Verpflichtung, ein Gesetz zum Verfahren der konkreten Normenkontrolle dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen, ist im Grundsatz auf die Überzeugung des Fachgerichts von der Verfassungswidrigkeit dieses Gesetzes abzustellen4.

Beschäftigt sich dementsprechend ein Gericht trotz entsprechenden Antrags nicht mit der Frage, ob die anzuwendenden Normen nach der eigenen Überzeugung verfassungsgemäß sind, so verletzt es seine Prüfpflichten aus Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG. 

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 17. April 2023 – 2 BvR 526/22

  1. vgl. BVerfGE 2, 406 <410 f.> 34, 320 <323>[]
  2. vgl. BVerfGE 1, 184 <188 f.> 2, 406 <410 ff.>[]
  3. vgl. BVerfGE 2, 406 <410 f.> 34, 320 <323> 138, 64 <93 Rn. 84>[]
  4. vgl. BVerfGE 78, 104 <117> 80, 54 <58> 117, 330 <356> 138, 64 <93 Rn. 84>[]
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