Besteht zwischen einem Hersteller von E‑Zigaretten mit Sitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte Streit über die rechtliche Einstufung der Produkte, liegt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO vor.

Unter einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer diesen Sachverhalt betreffenden öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis mehrerer (natürlicher oder juristischer) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben, kraft derer eine der beteiligten Personen etwas Bestimmtes tun muss, kann oder darf oder nicht zu tun braucht [1]. Rechtliche Beziehungen eines Beteiligten zu einem anderen haben sich nur dann zu einem Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO verdichtet, wenn die Anwendung einer bestimmten Norm des öffentlichen Rechts auf einen bereits übersehbaren Sachverhalt streitig ist [2]. Diese Voraussetzungen liegen in Bezug auf den Feststellungsantrag der Klägerin zu 1 nicht vor. Zwar lassen sich die Bedenken an der Antragsformulierung, die auf das Nichtbestehen der Arzneimittel- und Medizinprodukteeigenschaft und damit auf nicht feststellungsfähige Tatbestandsmerkmale abhebt [3], ausräumen. Das Antragsbegehren zielt sinngemäß auf die Klärung der Frage, ob die von der Klägerin zu 1 vertriebenen Filterkartuschen und E‑Zigaretten der Zulassungspflicht nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 12.12 2005 [4] und der Kennzeichnungspflicht nach dem Medizinproduktegesetz (MPG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 07.08.2002 [5] unterliegen. So verstanden richtet sich das Begehren auf die Feststellung des Nichtbestehens der sich aus bestimmten Normen (§ 21 Abs. 1 Satz 1 AMG, §§ 6 ff. MPG) ergebenden Pflichten. Im Verhältnis zwischen der Klägerin zu 1 und der Beklagten fehlt es aber an einem konkreten, durch diese Normen gekennzeichneten Sachverhalt.
Ohne eine entsprechende Anfrage ergibt sich ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis auch nicht aufgrund von § 21 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 AMG. Die Zulassungspflicht eines Arzneimittels nach § 21 Abs. 1 Satz 1 AMG begründet ein Rechtsverhältnis zwischen dem BfArM als der für die Zulassungserteilung zuständigen Behörde (vgl. § 77 Abs. 1 AMG) und demjenigen, dessen Produkt der Zulassung bedarf. Das ist nach § 21 Abs. 3 Satz 1 AMG in der Regel der pharmazeutische Unternehmer. Nach § 4 Abs. 18 Satz 2 und § 9 Abs. 1 Satz 1 AMG ist als pharmazeutischer Unternehmer derjenige anzusehen, der das Arzneimittel unter seinem Namen in den Verkehr bringt. Weder ist die Klägerin zu 1 gegenüber dem BfArM als Unternehmerin aufgetreten, die die streitigen Produkte unter ihrem Namen in Verkehr bringt und danach als potentielle Antragstellerin nach § 21 Abs. 3 AMG in Betracht kommen kann, noch will sie das BfArM als solche behandeln.
Auch aus den medizinprodukterechtlichen Vorschriften ergeben sich keine verdichteten rechtlichen Beziehungen zwischen der Klägerin zu 1 und dem BfArM. Nach § 13 Abs. 3 i.V.m. § 32 Abs. 1 Nr. 4 MPG entscheidet das BfArM auf Antrag einer zuständigen Behörde oder des Herstellers über die Klassifizierung einzelner Medizinprodukte oder über die Abgrenzung von Medizinprodukten zu anderen Produkten. Hersteller im Sinne des Medizinproduktegesetzes ist die natürliche oder juristische Person, die für die Auslegung, Herstellung, Verpackung und Kennzeichnung eines Medizinproduktes im Hinblick auf das erstmalige Inverkehrbringen im eigenen Namen verantwortlich ist (§ 3 Nr. 15 und § 5 MPG). Inverkehrbringen ist jede entgeltliche oder unentgeltliche Abgabe von Medizinprodukten an andere (§ 3 Nr. 11 Satz 1 MPG), und erstmaliges Inverkehrbringen meint die erste Abgabe von neuen oder als neu aufbereiteten Medizinprodukten an andere im Europäischen Wirtschaftsraum (§ 3 Nr. 11 Satz 2 MPG). Danach steht der Klägerin zu 2 als Herstellerin der streitigen E‑Zigarette das Antragsrecht nach § 13 Abs. 3 MPG zu. Dass die Klägerin zu 1 ebenfalls als Herstellerin im Sinne des Medizinproduktegesetzes anzusehen wäre, ist nicht erkennbar. Sie hat bei dem BfArM auch keinen Antrag nach § 13 Abs. 3 MPG gestellt oder sich einer Antragsbefugnis berühmt.
Ebenso wenig wird ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis dadurch begründet, dass das BfArM mit Bescheiden vom 22.07.2009 und 29.02.2012 vergleichbare Produkte anderer Hersteller als zulassungspflichtige Arzneimittel eingestuft hat. Nichts anderes gilt für die Äußerungen der Bundesregierung zur Arzneimitteleigenschaft von E‑Zigaretten in ihrer Stellungnahme auf eine parlamentarische Anfrage vom 29.02.2012 [6]. Diese Umstände mögen die Klägerin zu 1 zwar besorgen lassen, dass sie mit einem ordnungsbehördlichen Einschreiten der zuständigen Landesbehörde nach § 69 Abs. 1 AMG rechnen muss, falls sie die streitigen Produkte weiterhin in den Verkehr bringt. Sie rechtfertigen aber nicht die Annahme eines Rechtsverhältnisses zu der Beklagten. Zeichnet sich – wie hier durch die Mitteilung des Regierungspräsidiums Freiburg vom 10.05.2011 – ein behördliches Tätigwerden ab, bestehen die rechtlichen Beziehungen zwischen der Klägerin zu 1 und der betreffenden Ordnungsbehörde. Daraus mag sich von Fall zu Fall die Zulässigkeit einer Feststellungsklage gegen die Arzneimittelüberwachungsbehörde ergeben [7], nicht jedoch gegen die Beklagte und das BfArM, die an jenem Rechtsverhältnis nicht beteiligt wären. Aus dem Recht auf effektiven Rechtsschutz nach Art.19 Abs. 4 GG und Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union folgt nichts Gegenteiliges; denn gegen konkret drohende ordnungsrechtliche Maßnahmen kann die Klägerin zu 1 ihre Rechte hinreichend und zumutbar mit einer Klage unmittelbar gegen die zuständige Landesbehörde bzw. deren Rechtsträger verfolgen.
Für die Statthaftigkeit der Feststellungsklage streitet auch nicht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum wettbewerbswidrigen Verhalten desjenigen, der ein zulassungspflichtiges, aber nicht zugelassenes Arzneimittel im Vertrauen auf die (vermeintliche) Richtigkeit der ihm von einer Landesbehörde erteilten günstigen Auskunft in den Verkehr bringt [8]. Aus den Entscheidungen lässt sich wegen ihrer anders gelagerten tatsächlichen Umstände und Rechtsgrundlagen für die Frage des Bestehens eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO nichts ableiten. Bei den wettbewerbsrechtlichen Sachverhalten stand anders als hier eine die Verkehrsfähigkeit bejahende Auskunft einer Überwachungsbehörde in Rede. Im Lichte dessen ist auch die auf § 3, § 4 Nr. 11 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) bezogene Annahme des Bundesgerichtshofs einzuordnen, allein das BfArM sei für Entscheidungen und Auskünfte über die Zulassungspflicht von Arzneimitteln zuständig [9]. Die Bewertung verwaltungsrechtlicher Beziehungen, die sich aufgrund arzneimittel- und medizinprodukterechtlicher Vorschriften ergeben, wird davon nicht berührt.
Offen bleiben kann in diesem Zusammenhang, ob nach § 21 Abs. 4 AMG eine Entscheidung des BfArM über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels nur auf Antrag einer zuständigen Landesbehörde herbeigeführt werden kann oder die Vorschrift dahin auszulegen ist, dass entsprechend § 13 Abs. 3 MPG auch ein Produkthersteller das BfArM in Zweifelsfällen um eine Entscheidung über das (Nicht-)Bestehen der Zulassungspflicht ersuchen kann. Der Wortlaut und die Gesetzesmaterialien weisen auf eine abschließende Regelung hin [10]. Andererseits hat der Gesetzgeber im Interesse der Rechtsklarheit und der Schaffung einer einheitlichen Rechtspraxis bei der Abgrenzung von Medizinprodukten zu Arzneimitteln und anderen Produkten das Bedürfnis gesehen, dem Hersteller eine Antragsbefugnis einzuräumen. Das kann dafür sprechen, dass ein Antragsrecht des Unternehmers durch § 21 Abs. 4 AMG nicht generell ausgeschlossen werden soll. Das lässt sich zumindest für Fälle erwägen, in denen wie hier die Zuständigkeit des BfArM für eine inhaltliche Befassung wegen § 11 Satz 4 AMGVwV ohnehin gegeben ist. Kompetenzrechtliche Bedenken lassen sich insoweit nicht ausmachen, weil die Befugnis des BfArM zu einer verbindlichen Stellungnahme durch die Regelung in § 11 Satz 4 AMGVwV vorgezeichnet scheint. Unabhängig davon kommt in Betracht, dass sich aus der Kompetenz des BfArM, über einen Zulassungsantrag nach § 21 Abs. 3 AMG zu befinden, auch die Zuständigkeit für einen Antrag auf negative Feststellung der Arzneimitteleigenschaft und Feststellung des Nichtbestehens der Zulassungspflicht ableiten ließe; denn im Zulassungsverfahren ist stets zu prüfen, ob das beantragte Mittel die Voraussetzungen eines Arzneimittels erfüllt (vgl. § 2 Abs. 4 Satz 2 AMG). Diese Fragen bedürfen indes keiner abschließenden Klärung. § 21 Abs. 4 AMG steht der Statthaftigkeit der Feststellungsklage der Klägerin zu 2 auch dann nicht entgegen, wenn dadurch das Antragsrecht eines Unternehmers gegenüber dem BfArM ausgeschlossen wäre. Die sich aus § 13 Abs. 3 MPG und § 11 Satz 4 AMGVwV ergebenden rechtlichen Beziehungen zwischen der Klägerin zu 2 und der Beklagten sind hinreichend verdichtet, um ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO zu begründen.
Bundesverwaltungsgericht, Urteile vom 20. November 2014 – 3 C 26.2013 -
- stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 20.11.2003 – 3 C 44.02, Buchholz 418.32 AMG Nr. 37 S. 17 und Beschluss vom 26.07.2007 – 6 B 25.07, Buchholz 442.066 § 28 TKG Nr. 2 Rn. 3, jeweils m.w.N.[↩]
- BVerwG, Urteile vom 13.01.1969 – 1 C 86.64, Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 31 S. 1; und vom 30.11.2011 – 6 C 20.10, BVerwGE 141, 223 Rn. 12 m.w.N.[↩]
- vgl. BVerwG, Urteil vom 20.11.2003 – 3 C 44.02 – ?Buchholz 418.32 AMG Nr. 37 S. 18 und Beschluss vom 26.07.2007 – 6 B 25.07 -? Buchholz 442.066 § 28 TKG Nr. 2 Rn. 4[↩]
- BGBl. I S. 3394; zuletzt geändert durch Gesetz vom 27.03.2014, BGBl. I S. 261[↩]
- BGBl. I S. 3146; zuletzt geändert durch Gesetz vom 21.07.2014, BGBl. I S. 1133[↩]
- vgl. BT-Drs. 17/8772 S. 2[↩]
- vgl. BVerwG, Urteile vom 30.05.1985 – 3 C 53.84, BVerwGE 71, 318 ff. sowie – 3 C 28.84, Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 85 S. 24 f.; und vom 20.11.2003 – 3 C 44.02, Buchholz 418.32 AMG Nr. 37 S. 18[↩]
- vgl. dazu BGH, Urteile vom 02.10.2002 – I ZR 177/00, NVwZ 2003, 503, 504; und vom 24.06.2010 – I ZR 166/08 – GesR 2011, 62 Rn.19, 21[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 24.06.2010 – I ZR 166/08 – GesR 2011, 62 Rn.19[↩]
- vgl. BT-Drs. 13/11020 S. 25; Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, 3. Aufl., Stand: April 2014, § 21 AMG Rn. 75[↩]