Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gewährt Art.19 Abs. 4 GG nicht nur das formelle Recht und die theoretische Möglichkeit, die Gerichte anzurufen, sondern garantiert auch die Effektivität des Rechtsschutzes.

Der Bürger hat einen substanziellen Anspruch auf wirksame gerichtliche Kontrolle1.
Die Gerichte sind verpflichtet, die Antragsformulierung im wohlverstandenen Interesse der Beschwerdeführer auszulegen2. Die Rechtsmittelgerichte dürfen ein von der jeweiligen Rechtsordnung eröffnetes Rechtsmittel nicht durch die Art und Weise, in der sie die gesetzlichen Voraussetzungen für den Zugang zu einer Sachentscheidung auslegen und anwenden, ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer leerlaufen lassen; der Zugang zu den in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanzen darf nicht von unerfüllbaren oder unzumutbaren Voraussetzungen abhängig gemacht oder in einer durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert werden3.
Diesem verfassungsrechtlichen Grundgedanken widerspricht es, dem Sachvortrag eines Beteiligten in einem gerichtlichen Verfahren entgegen Wortlaut und erkennbarem Sinn eine Bedeutung beizulegen, die zur Zurückweisung des Rechtsbehelfs als unzulässig führen muss, während bei sachdienlicher Auslegung eine Sachentscheidung möglich wäre4.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 16. Januar 2018 – 2 BvR 1297/16
- vgl. BVerfGE 35, 382, 401 f.; 104, 220, 231 ff.[↩]
- vgl. BVerfGE 122, 190, 198; BVerfG, Beschlüsse vom 27.02.2002 – 2 BvR 553/01; und vom 03.05.2012 – 2 BvR 2355/10, 2 BvR 1443/11[↩]
- vgl. BVerfGE 96, 27, 39; 117, 244, 268; 122, 248, 271; stRspr[↩]
- vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.10.1993 – 2 BvR 1004/93[↩]