In Corona-Zeiten ist dem Schutz von Leben und Gesundheit potenziell infizierter Personen der Vorrang einzuräumen. Die Grundrechtseingriffe sind zeitlich befristet und durch das überragende öffentliche Interesse an der Eindämmung des Virus gerechtfertigt.

Mit dieser Begründung hat das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht in den hier vorliegenden Fällen die Eilanträge gegen die aktuell bis zum 3. Mai 2020 geltenden SARS-CoV-2-Bekämpfungsverordnung der schleswig-holsteinischen Landesregierung zurückgewiesen. Antragstellerin im Verfahren 3 MR 10/20 war ein Unternehmen, das im Land mehrere Spielhallen betreibt und sich gegen das fortgeltende landesrechtliche Verbot, Spielhallen zu öffnen (§ 6 Abs. 3 Nr. 4 SARS-CoV-2-BekämpfVO) gewehrt hat. Sie machte geltend, dass es ihr ebenso wie anderen nicht systemrelevanten Betrieben und Einrichtungen möglich sei, die Einhaltung der Kontakt- und Abstandsregelungen sowie der Hygienestandards zu gewährleisten. Das Verbot führe außerdem zu einer Existenzgefährdung.
Nach Auffassung des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts waren die Folgen gegeneinander abzuwägen, die sich einerseits zulasten der Antragstellerin bei einem zeitlich befristeten Verbot und andererseits bei einer Öffnung von Spielhallen und der Gefahr vermehrter Infektionsfälle ergeben. Es kam zu dem Schluss, dass dem Schutz von Leben und Gesundheit potenziell infizierter Personen der Vorrang einzuräumen sei.
Die Antragstellerin des Verfahrens 3 MR 11/20 betreibt einen Sportboothafen mit Bootswerft. Sie rügte, dass das Verbot der Öffnung von Sportboothäfen (§ 6 Abs. 3 Nr. 8 SARS-CoV-2-BekämpfVO) in unverhältnismäßiger Weise in ihre Beruf- und Gewerbefreiheit eingreife. Ihr entstehe täglich ein erheblicher Einnahmeausfall. Organisatorisch könne sie sicherstellen, dass sich zeitgleich nicht zu viele Bootseigner im Hafengebiet aufhielten.
Demgegenüber ist das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht der Meinung, dass sich die Gefahr einer Infizierung weiterer Bevölkerungsteile dennoch nicht ausschließen lasse. Vermeidbare Kontakte seien auf ein absolut notwendiges Minimum zu reduzieren. Bei einer Fläche des Sportboothafens von ca. 2.500 m² mit 110 Wasserliegeplätzen sei nicht sicher auszuschließen, dass es zu Kontakten und damit zu einer Weiterverbreitung des Coronavirus komme, zumal einzelne Personen infiziert sein könnten, ohne dies zu wissen. Die Grundrechtseingriffe seien zeitlich befristet und durch das überragende öffentliche Interesse an der Eindämmung des Virus gerechtfertigt. Hinzu komme, dass die von der Antragstellerin betriebene Werft und der Bootsbau von der Schließung nicht betroffen seien.
Mit dem Verfahren 3 MR 15/20 haben sich drei Unternehmen, die zwei Möbeleinrichtungshäuser (Höffner und Kraft) bzw. zwei Möbelfachmärkte (Sconto SB) betreiben, gegen § 6 Abs. 1 SARS-CoV-2-BekämpfVO gewandt, nach der weiterhin Einzelhandelsläden mit einer Verkaufsfläche von mehr als 800 qm geschlossen bleiben. Sie legten ein Schutz- und Hygienekonzept vor, mit welchem die Einhaltung der Kontakt- und Abstandsregelungen sowie der Hygienestandards ebenso wie in anderen, gegenwärtig schon zugelassenen Verkaufsstellen gewährleistet werden könne. Insofern seien sie ebenso wie Kraftfahrzeughändler, Fahrradhändler und Buchhandlungen von der Größenbeschränkung zu befreien. Die Einhaltung der Schutzvorschriften sei nicht von der Größe der Verkaufsfläche abhängig. Ferner führe die Größenbeschränkung zu einem unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufs- und Gewerbefreiheit.
Allerdings vermochte dies das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht nicht zu überzeugen. Den Beteiligten ist deshalb ein ablehnender Tenor bekannt gegeben worden. Eine schriftliche Begründung des Beschlusses steht noch aus.
Zuletzt ging es im Verfahren 3 MR 12/20 um die landesrechtliche Beschränkung für den Außerhausverkauf mitnahmefähiger Speisen durch Gaststätten. Diese Beschränkung bedeutet, dass die Speisen zwar dort abgeholt werden können, aber kein Verkauf an der Theke gestattet ist, weil die Gaststätte geschlossen bleiben muss (§ 5 Abs. 2 SARS-CoV-2-BekämpfVO). Dies gilt auch für Imbisse und Eisdielen. Mit ihrem Antrag wollte die Antragstellerin erreichen, dass sie ihr Speiseeis nicht an der Ladentür, sondern über die Theke in ihren Räumlichkeiten verkaufen darf.
Auch diese Regelung hat das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht als rechtens angesehen: Die Beschränkung sei im Interesse eines möglichst effektiven Infektionsschutzes hinzunehmen. Denn es sei für die Antragstellerin zumutbar, die Verkaufstheke im Eingangsbereich zu errichten. Zudem sei es auch nicht willkürlich, Eisdielen anders zu behandeln als etwa Bäckereien, die der Deckung des Bedarfs mit Grundnahrungsmitteln dienten.
Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht, Beschlüsse vom 29. April 2020 -3 MR 10/20 und 3 MR 11/20; vom 30. April 2020 – 3 MR 15/20 und 3 MR 12/20