Eilrechtsschutz – und keine Vorlage an den EuGH

Eine Vorlagepflicht im Eilverfahren besteht nach der bisherigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union grundsätzlich nicht, so dass eine Nichtvorlage des im Asyl-Eilverfahren letztinstanzlich entscheidenden Verwaltungsgerichts keinen Entzug des Unionsgerichtshofs als gesetzlichen Richter darstellt.

Eilrechtsschutz – und keine Vorlage an den EuGH

Es entspricht der bisher ganz herrschenden Auffassung, dass eine Nichtvorlage an den EuGH im Eilverfahren keinen Verstoß gegen den gesetzlichen Richter begründen kann1. Dies folgt daraus, dass nach der Rechtsprechung des EuGH in Eilverfahren auch für das letztinstanzlich entscheidende Gericht keine Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV besteht2. Es ist ausreichend – allerdings auch erforderlich, dass die Rechtsfrage im sich anschließenden Hauptsacheverfahren ohne Präjudiz durch die Eilentscheidung dem EuGH vorgelegt werden kann. Denn das Vorlageverfahren soll insbesondere verhindern, dass sich in einem Mitgliedstaat eine nationale Rechtsprechung herausbildet, die mit den Normen des Unionsrechts nicht im Einklang steht.

Es kann dahin stehen, ob diese Rechtsprechung angesichts der Bedeutung des Vorlageverfahrens für den Individualrechtsschutz3 zukünftig der Modifizierung bedarf, falls durch eine Eilentscheidung nicht umkehrbare Fakten geschaffen werden könnten. Soweit im Rahmen eines dem Hauptsacheverfahren vorgeschalteten Eilverfahrens prozessuale Gestaltungen denkbar sind, die die Möglichkeit einer Klärung unionsrechtlicher Zweifelsfragen im Hauptsacheverfahren erhalten, stellt es jedenfalls keinen Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG dar, wenn eine Vorlage nicht schon im Eilverfahren an den Unionsgerichtshof gerichtet wird.

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Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 17. Januar 2017 – 2 BvR 2013 – /16

  1. vgl. BVerfGK 5, 196, 201; BVerfGK 9, 330, 334 f.; BVerfG, Beschluss vom 29.11.1991 – 2 BvR 1642/91, NVwZ 1992, S. 360; offen gelassen in BVerfGK 10, 48, 53; aus der Literatur statt vieler Degenhart, in Sachs, GG, 7. Aufl.2014, Art. 101 Rn.19[]
  2. vgl. EuGH, Urteil vom 24.05.1977 – C-107/76 – Hoffmann La Roche 5; Urteil vom 27.10.1982 – C-35/82 – Morson und Jhanjan 8 f.[]
  3. vgl. statt vieler Gaitanides, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl.2015, Art. 267 AEUV, Rn. 12[]