Ein minderjähriger, geduldeter Ausländer und das Recht auf Bildung

Die allgemeine Schulpflicht erstreckt sich insgesamt über zehn Schulbesuchsjahre und wird durch den Besuch einer Grundschule und einer weiterführenden allgemein bildenden Schule erfüllt. Ein geduldeter Jugendlicher, der noch nie eine Schule besucht hat, hat diese Schulpflicht noch nicht erfüllt. Das Recht auf Bildung und Erziehung ist nicht davon abhängig, ob ein jugendlicher Mensch voraussichtlich in einer gewissen Zeit einen konkreten Schulabschluss erreichen wird. Die Schulpflicht besteht weiter fort.

Ein minderjähriger, geduldeter Ausländer und das Recht auf Bildung

So hat das Verwaltungsgericht Berlin in dem hier vorliegenden Eilverfahren eines minderjährigen Ausländers entschieden, dessen Antrag auf Schulbesuch mehrfach von der Senatsverwaltung in Berlin abgelehntworden ist. Der 17-jährige Antragsteller ist Ausländer und verfügt nur über eine ausländerrechtliche Duldung. Sein Begehren, in eine besondere Lerngruppe für ausländische Schüler einer Regelschule aufgenommen zu werden, war in der Vergangenheit mehrfach abgelehnt worden. Zur Begründung hatte die Senatsverwaltung für Bildung angeführt, die Schulpflicht sei bereits erfüllt bzw. es sei nicht zu erwarten, dass er die Jahrgangsstufe 10 vor Abschluss des 20. Lebensjahres beenden werde.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Berlin unterlägen nach dem Berliner Schulgesetz ausländische Kinder und Jugendliche, die hier geduldet würden, ausdrücklich der allgemeinen Schulpflicht. Die allgemeine Schulpflicht erstrecke sich insgesamt über zehn Schulbesuchsjahre und werde durch den Besuch einer Grundschule und einer weiterführenden allgemein bildenden Schule erfüllt.

Weiterlesen:
Kindesunterhalt und der Besuch eines Berufskollegs

Da der Antragsteller zuvor aber noch keine Schule besucht habe, habe er die Schulpflicht noch nicht erfüllt. Sie bestehe auch weiter fort und sei auch nicht dadurch beendet worden, dass er die 10. Jahrgangsstufe vor Vollendung seines 20. Lebensjahres voraussichtlich nicht erfolgreich werde abschließen können. Das Recht auf Bildung und Erziehung sei nicht davon abhängig, ob ein jugendlicher Mensch voraussichtlich in einer gewissen Zeit einen konkreten Schulabschluss erreichen werde. Vielmehr habe jeder junge Mensch ein Recht auf zukunftsfähige schulische Bildung und Erziehung und ein Recht auf gleichen Zugang zu allen öffentlichen Schulen entsprechend seiner Fähigkeiten und Begabungen.

Das Verwaltungsgericht stellte daher die Schulpflicht des Antragstellers fest.

Verwaltungsgericht Berlin, Beschluss vom 20. Mai 2014 – 3 L 215.14