Ein wichtiger Grund für die Entpflichtung eines vom Gericht beigeordneten Rechtsanwalts (§ 48 Abs. 2 BRAO) liegt vor, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen dem Prozessbeteiligten und seinem Anwalt nachhaltig gestört ist. Die Beiordnung eines anderen Rechtsanwalts kommt regelmäßig nicht mehr in Betracht, wenn ein sachlich nicht gerechtfertigtes und mutwilliges Verhalten des Prozessbeteiligten für die Entpflichtung des Anwalts ursächlich war.

Nach § 48 Abs. 2 BRAO kann der gemäß § 121 ZPO (hier i.V.m. § 166 VwGO) beigeordnete Rechtsanwalt beantragen, die Beiordnung aufzuheben, wenn hierfür wichtige Gründe vorliegen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant nachhaltig gestört ist1. Das ist hier der Fall. Der Kläger hat dadurch, dass er die Vollmachtserteilung an Rechtsanwalt B. vom Abschluss eines selbst entworfenen „Anwaltsvertrages“ abhängig machte und ihn nach dessen Weigerung mit einem zivilgerichtlichen Verfahren überzog, das Vertrauensverhältnis schwer belastet und einen wichtigen Grund für die beantragte Entpflichtung geschaffen.
Der Kläger kann nicht verlangen, dass ihm an Stelle von Rechtsanwalt B. ein anderer Rechtsanwalt beigeordnet wird. Die Beiordnung eines weiteren Rechtsanwalts kommt dann nicht mehr in Betracht, wenn ein sachlich nicht gerechtfertigtes und mutwilliges Verhalten der Partei das Vertrauensverhältnis zu dem zuerst beigeordneten Anwalt zerstört und die Entpflichtung dieses Anwalts verursacht hat2. So liegt es hier. Das vorbezeichnete Verhalten des Klägers war nicht nur objektiv ungerechtfertigt, sondern es war durch grobe Uneinsichtigkeit geprägt und daher mutwillig. Der Kläger hat trotz der ausdrücklichen Belehrung in dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Oktober 2010 beharrlich an der Fehlvorstellung festgehalten, er könne von Rechtsanwalt B. über die anwaltliche Vertretung im Rahmen der gesetzlich vorgegebenen Rechte und Pflichten hinaus den Abschluss eines Anwaltsvertrages nach Maßgabe von ihm, dem Kläger, selbst vorformulierter Vertragsbedingungen verlangen und ihn insbesondere verpflichten, Schriftsatzentwürfe, deren möglicher Inhalt und Umfang für den Rechtsanwalt im Voraus nicht abschätzbar war, „unverfälscht und vollständig“ bis hin zu der „Gliederung und Nummerierung der Klage- und Angriffspunkte einschließlich der Randkennzeichnungen“ zu übernehmen. Den Hinweis des Bundesverwaltungsgerichts auf den Vertretungszwang vor dem Bundesverwaltungsgericht (§ 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO), der dem Rechtsanwalt die eigene Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs überantwortet3, beachtete der Kläger nicht. Selbst wenn man ihm zugute halten wollte, dass er an der Unbefangenheit derjenigen Richter, die die Belehrung erteilt hatten, zweifelte und bis zur Klärung dieser Zweifel auch die inhaltliche Richtigkeit der ihm erteilten Belehrung für ungewiss hielt, ändert dies an der Mutwilligkeit seines Verhaltens nichts. Denn auch unter diesen Umständen hätte ein vernünftiger, auf die Wahrung der eigenen prozessualen Interessen bedachter Prozessbeteiligter in der Situation des Klägers jedenfalls die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch abgewartet, bevor er von seinem Rechtsanwalt ultimativ den Abschluss des vorformulierten Anwaltsvertrages verlangte und ihn nach dessen Weigerung seinerseits mit einem Prozess überzog.
Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 29. November 2010 – 6 B 59.10
- BGH, Beschlüsse vom 31.10.1991 – XII ZR 212/90 – NJW-RR 1992, 189; und vom 10.08.1998 – VI ZR 174/97[↩]
- siehe BGH, Beschluss vom 31.10.1991, a.a.O.; und vom 10.08.1998, a.a.O., Rn. 5; BSG, Beschluss vom 03.11.2009 – B 13 R 23/09 B[↩]
- ständige Rechtsprechung, siehe nur BVerwG, Beschlüsse vom 06.09.1965 – 4 C 57.63, BVerwGE 22, 38; und vom 01.03.1996 – 1 B 34.96[↩]