Belange des Hochwasserschutzes können auch empfindliche Eingriffe in die Gärten der Anwohner rechtfertigen. Mit dieser Begründung hat jetzt das Verwaltungsgericht Hannover den Antrag einer Grundstückseigentümerin aus Hoya abgewiesen.

Die Antragstellerin wendet sich gegen Hochwasserschutzmaßnahmen auf ihrem Grundstück. Das Grundstück verfügt ebenso wie weite Teile von Hoya-Ost, darunter insbesondere das Gelände einer Papierfabrik, über keinen Schutz gegenüber einem 100jährigen Hochwasser. Mit Bebauungsplan Nr. 38 „Hoya-Ost“ schuf die Beigeladene die planungsrechtlichen Voraussetzungen für eine umfangreiche Erweiterung der Papierfabrik. Der Bebauungsplan sieht zugleich vor, dass Hoya-Ost mit Deichen und Hochwasserschutzmauern gegen Hochwasser geschützt werden soll. Die Wohngrundstücke entlang der Weser, darunter das Grundstück der Antragstellerin, liegen nicht im Geltungsbereich des Bebauungsplans.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts überwiegt das Interesse der Antragstellerin, von den Rechtswirkungen des Planfeststellungsbeschlusses bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens verschont zu bleiben, nicht das in § 109 Abs. 2 und 4 NWG zum Ausdruck kommende öffentliche Vollzugsinteresse. Der auf §§ 67 ff. WHG i.V. mit § 109 NWG beruhende Planfeststellungsbeschluss vom 02.05.2011 leidet an keinem Fehler, der die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt.
Im Rahmen der planerischen Abwägung sind die Belange der privaten Grundeigentümer entlang des Bakelbergs zutreffend gewichtet und in die Überlegungen eingestellt worden. Es ist insbesondere erkannt worden, dass die Errichtung der teilmobilen Hochwasserschutzwand zu einem empfindlichen Eingriff in die Hausgärten führt, man hat sich aber im Interesse des Hochwasserschutzes, also der Abwehr bedeutender Gefahren für Leib, Leben und Eigentum dafür entschieden, diesen Eingriff aus Gründen des Allgemeinwohls hinzunehmen.
Die vorliegende Planung nimmt das Grundeigentum der Antragstellerin für die Errichtung einer teilmobilen Hochwasserschutzwand in Anspruch und entfaltet insoweit gemäß § 71 WHG eine enteignungsrechtliche Vorwirkung. In einem solchen Fall, in dem die Planfeststellung die Enteignung vorbereitet, kommt der Eigentumsschutz nach Art. 14 GG voll zur Geltung, indem er vor einem Eigentumsentzug schützt, der nicht zum Wohle der Allgemeinheit erforderlich oder nicht gesetzmäßig ist (Art. 14 Abs. 3 GG). Daraus folgt, dass die Antragstellerin nicht nur die Verletzung nachbarschützender Vorschriften, sondern auch solcher des objektiven Rechts rügen kann [1]. Mit anderen Worten kann sie grundsätzlich eine vollständige gerichtliche Kontrolle des Planfeststellungsbeschlusses verlangen.
Der Planfeststellungsbeschluss verstößt nicht gegen das Bestimmtheitsgebot des § 1 Abs. 1 Nds. VwVfG i.V. mit § 37 Abs. 1 VwVfG. Nach der letztgenannten Vorschrift muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Das ist hier insbesondere im Hinblick auf den Standort und die Ausführung der teilmobilen Hochwasserschutzwand der Fall. Die vorgesehene Linienführung der Hochwasserschutzwand über die privaten Grundstücke entlang der Straße Bakelberg ist dem maßstabsgerechten Lageplan, der als Anlage 5 Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses ist, eindeutig zu entnehmen. Dass die Regelung in Nr. 5.6.2 des Planfeststellungsbeschlusses eine um maximal 3 m abweichende Linienführung erlaubt, wenn sich Grundstückseigentümer und Beigeladene über einen solchen abweichenden Verlauf einigen, stellt die Bestimmtheit des Planfeststellungsbeschlusses nicht in Frage. Kommt es nämlich zu keiner Einigung, bleibt es bei der im Lageplan eingezeichneten Linienführung. Die technische Ausführung der teilmobilen Hochwasserschutzwand wird in der Anlage des Planfeststellungsbeschluss ausreichend geregelt. Aus der maßstabsgerechten Richtzeichnung ergibt sich, dass die festen Elemente rund 2,50 m tief im Erdreich zu verankern sind. Weitere Einzelheiten zum Aufbau enthält der Vermerk „Aufbau und Verteidigung teilmobile Hochwasserschutzwand“ vom 31.10.2007, der ebenfalls Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses ist. Der Planfeststellungsbeschluss konkretisiert damit die teilmobile Hochwasserschutzwand in einer hinreichend bestimmten Weise. Weitere Einzelheiten durfte der Antragsgegner den geforderten Festlegungen für den Aufbau sowie dem geforderten Alarm- und Einsatzplan überlassen.
Hinreichend bestimmt sind schließlich die Festlegungen zur Höhe. Sowohl dem textlichen Teil des Planfeststellungsbeschlusses als auch den Planzeichnungen ist zu entnehmen, dass der feste Teil der teilmobilen Wand die Höhe des Bemessungshochwassers erreichen soll. Der mobile Teil deckt den Sicherheitszuschlag bis zur Höhe von 19,77 m über N.N. ab. Abweichungen ergeben sich lediglich hinsichtlich der Höhe des Bemessungshochwassers, das in den Planzeichnungen für den Bereich Bakelberg noch mit 19,17 m über N.N. angegeben wird. Nr. 5.6.3 des Planfeststellungsbeschlusses sieht demgegenüber in Orientierung an dem nach dem Hochwasserschutzplan Mittelweser geringfügig niedriger anzusetzenden Bemessungshochwasser eine Absenkung des festen Teils um 9 cm, mithin auf eine Höhe von 19,08 m über N.N. vor. Auch wenn daher Planzeichnungen und textlicher Teil des Planfeststellungsbeschlusses nicht deckungsgleich sind und eine Neufertigung der Zeichnungen der Übersichtlichkeit gedient hätte, ist dem textlichen Teil hinreichend deutlich zu entnehmen, dass abweichend von der Planzeichnung nur eine Höhe von 19,08 m über N.N. verlangt wird.
Das Vorhaben verfügt über die erforderliche Planrechtfertigung. Gerechtfertigt ist eine Planung im Hinblick auf die enteignungsrechtliche Vorwirkung und die Anforderungen des Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG dann, wenn sie – bezogen auf das konkrete Planungsvorhaben – zum Wohl der Allgemeinheit objektiv erforderlich ist bzw. vernünftigerweise geboten erscheint [2]. Die Prüfung der Planrechtfertigung ist der gerichtlichen Abwägungskontrolle vorgelagert; sie beschränkt die Planungshoheit praktisch nur bei groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriffen [3]. Ein derartiger Missgriff ist dem Antragsgegner nicht unterlaufen; einer weitergehenden „besonderen Rechtfertigung“, wie sie die Antragstellerin vermisst, bedarf es nicht.
Die Planung dient dem Schutz des östlich gelegenen Teils von Hoya – mithin dem Schutz von Leib, Leben und Eigentum – vor den Folgen eines 100jährigen Hochwassers. Dieser Zweck ist angesichts des bislang weithin fehlenden Hochwasserschutzes nicht zu beanstanden. Zu Unrecht hält die Antragstellerin dem entgegen, das Hochwasser im Jahr 1946 sei ein singuläres Ereignis gewesen, während nach den Erfahrungen der letzten 50 Jahre ein Hochwasserschutz nicht erforderlich sei. Gemäß § 74 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WHG ist ein 100jähriges Hochwasser, also ein Hochwasser mit einem voraussichtlichen Wiederkehrintervall von mindestens 100 Jahren, als ein Hochwasser mit mittlerer Wahrscheinlichkeit einzustufen. Gebiete, die von einem derartigen Hochwasser betroffen sind, sind gemäß § 73 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WHG als Überschwemmungsgebiete festzusetzen. Gemäß § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 WHG gilt dort ein grundsätzliches Bauverbot. Diese rechtlichen Vorschriften zeigen, dass der Gesetzgeber dem Schutz vor einem 100jährigen Hochwasser besondere Bedeutung beimisst. Dieser gesetzlichen Wertung trägt der vorliegende Plan Rechnung. Dass ein derartiges Hochwasser lange Zeit nicht eingetreten sein mag, verpflichtet den Antragsgegner und die Beigeladene nicht, auf die Risikovorsorge zu verzichten.
Soweit das Vorbringen der Antragstellerin darüber hinaus so zu verstehen sein sollte, dass der Antragsgegner das Bemessungshochwasser für die Schutzvorkehrungen fehlerhaft bestimmt habe, betrifft dieser Einwand nicht die Planrechtfertigung, sondern die Ermittlung des abwägungsrelevanten Sachverhalts.
Die Planrechtfertigung zieht die Antragstellerin auch nicht mit dem Argument, es handele sich um eine rein privatnützige Planfeststellung zugunsten der Papierfabrik, erfolgreich in Zweifel. Dieser Einwand trifft in zweifacher Hinsicht nicht zu. In formeller Hinsicht erfolgt die Planfeststellung auf Antrag der Beigeladenen und damit eines öffentlichen Planungsträgers. Die mit dem Plan verbundene enteignungsrechtliche Vorwirkung hat demnach keineswegs zur Folge, dass Eigentum – mit der Folge besonderer Rechtfertigungslasten ‑zwangsweise von einem Privaten auf einen anderen übertragen werden soll [4]. Die enteignungsrechtliche Vorwirkung begünstigt vielmehr die Beigeladene, die unmittelbar Gemeinwohlbelange verfolgt. In materieller Hinsicht zeigt überdies schon die Linienführung der Hochwasserschutzanlagen, dass der beabsichtigte Hochwasserschutz weit über den Schutz der Papierfabrik und damit über eine „Standortsicherungsmaßnahme“ hinausgeht.
Zu Unrecht wendet die Antragstellerin ein, der geplante Hochwasserschutz sei lückenhaft und könne die ihm zugedachte Funktion tatsächlich nicht erfüllen. Auch im Bereich der Hofanlage, der Weserbrücke und des ehemaligen Amtsgerichts ist ein Hochwasserschutz gewährleistet, der die Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen im Übrigen nicht in Frage stellt. Auf dem Grundstück der Hofanlage ist im nördlichen Bereich zunächst die Errichtung einer Hochwasserschutzwand im Anschluss an ein vorhandenes Gebäude vorgesehen. Vorbehalten bleibt gemäß § 70 Abs. 1 WHG i.V. mit § 74 Abs. 3 VwVfG und § 109 Abs. 2 Nr. 2 NWG lediglich die Entscheidung darüber, ob ein vorhandenes Gartenhaus abgerissen und durch eine Schutzmauer ersetzt oder erhalten wird. Diese Entscheidung, die lediglich Modalitäten des Schutzes betrifft, ist für den Plan von unwesentlicher Bedeutung; sie stellt das Gesamtprojekt in keiner Weise in Frage. Im weiteren Verlauf des Hofgeländes steigt das Gelände – wie der als Anlage 6 den Planfeststellungsunterlagen beigefügte Übersichtslängsschnitt zeigt – zur Weserbrücke hin an. Das Gelände erreicht dort auch ohne weitere Hochwasserschutzmaßnahmen eine Höhe deutlich oberhalb des Bemessungshochwassers, was im Übrigen auch der als Anlage 3 dem Planfeststellungsbeschluss beigefügten Darstellung des hochwassergefährdeten Bereichs bei Eintritt des Bemessungshochwassers zu entnehmen ist. Dort, wo das Geländeniveau im Bereich des Rudervereins erneut auf eine hochwassergefährdete Höhe absinkt, sieht die Planung ebenfalls die Errichtung einer mobilen Hochwasserschutzwand vor. Nicht zu beanstanden ist deshalb, dass der Antragsgegner im Bereich von Teilen der Hofanlage, der Weserbrücke und des ehemaligen Amtsgerichts, wo das Hochwasser aufgrund der Geländehöhe natürlicherweise nicht in den Ortsteil eindringen kann, von weiteren Schutzmaßnahmen abgesehen hat. Soweit die Antragstellerin demgegenüber behauptet, die Hofanlage liege nicht höher als ihr Grundstück, ist dieses gänzlich unsubstantiierte Vorbringen nicht geeignet, die in den Planfeststellungsunterlagen im Detail dokumentierten Feststellungen des Antragsgegners zu den Geländehöhen in Zweifel zu ziehen. Danach liegt das Grundstück der Antragstellerin rund einen halben Meter tiefer als die Hofanlage an der Stelle, wo die geplante Hochwasserschutzwand endet.
Die Planung weist keinen Abwägungsfehler auf. Nach dem Abwägungsgebot, das sich unabhängig von einer gesetzlichen Regelung aus dem Wesen einer rechtstaatlichen Planung ergibt, sind die von einer Planung berührten öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Es verlangt, dass eine Abwägung überhaupt stattfindet, in die Abwägung das an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge eingestellt werden muss, und weder die Bedeutung der öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, der zu der objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht [5]. Diesen Anforderungen wird die Planung des Antragsgegners – soweit sie die Kammer inhaltlich zu überprüfen hat – gerecht.
Kein Abwägungsfehler folgt zunächst aus dem Einwand, der Antragsgegner habe zu Unrecht das Hochwasser von 1946 als Bemessungshochwasser zugrunde gelegt. Bei dem Hochwasser von 1946 handelt es sich nach dem unwidersprochenen und auch in dem im Rahmen des Aufstellungsverfahrens zum Bebauungsplan Nr. 38 „Hoya-Ost“ erstellten hydraulischen Nachweis zum Ausdruck kommenden Vorbringen des Antragsgegners um das einzige Hochwasser von besonderem Ausmaß, dessen Wasserstände ausreichend dokumentiert ist. Der repräsentative Charakter dieses Hochwassers hat sich überdies im Rahmen der Aufstellung des Hochwasserschutzplans Mittelweser bestätigt. Die dort ermittelten Werte entsprechen bis auf wenige Zentimeter den anhand des Hochwassers von 1946 bestimmten Ansätzen. Das alles zieht die Antragstellerin wohl auch nicht in Zweifel, wenn sie rügt, dass das Hochwasser von 1946 durch die Sondersituation eines Deichbruchs verursacht worden sei. Aus welchen Gründen aber ein Deichbruch in der Nähe von Hoya den repräsentativen Charakter des Hochwassers von 1946 in Frage stellen soll, erschließt sich dem Gericht nicht. Ein Deichbruch hat zur Folge, dass sich das Wasser auf zusätzlichen Flächen ausbreiten kann und die Pegel demzufolge sinken. Ohne den Deichbruch wären für Hoya demzufolge eher höhere und nicht – wie die Antragstellerin offenbar meint – niedrigere Werte anzusetzen gewesen. Hinzu kommt, dass der Antragsgegner von den Werten des rund 20 km flussaufwärts gelegenen Pegels Drakenburg ausgegangen ist und davon ausgehend die Durchflussmengen und die daraus resultierenden Schutzanforderungen für Hoya bestimmt hat. Dass der Deichbruch zu berücksichtigende Auswirkungen auf die Werte am Pegel Drakenburg gehabt hat, ist weder dargetan noch ersichtlich.
Der Planfeststellungsbeschluss leidet weder unter einer Fehlgewichtung der Belange des Denkmalschutzes noch verstößt er gegen das aus § 8 Satz 1 NDSchG folgende denkmalschutzrechtliche Beeinträchtigungsverbot, das gemäß § 68 Abs. 3 Nr. 2 WHG im Rahmen eines wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahrens zu beachten ist. § 8 Satz 1 NDSchG sieht vor, dass in der Umgebung eines Baudenkmals Anlagen nicht errichtet, geändert oder beseitigt werden dürfen, wenn dadurch das Erscheinungsbild des Baudenkmals beeinträchtigt wird. Der Antragsgegner hat im Hinblick darauf den Landkreis Nienburg/Weser als zuständige untere Denkmalschutzbehörde (§ 19 Abs. 1 Satz 1 NDSchG) beteiligt, der mit Schreiben vom 24.09.2009 eine Beeinträchtigung des im Eigentum der Antragstellerin stehenden Baudenkmals durch eine in einem Abstand von mehr als 10 m stehende und etwa 40 cm hohe feste Schutzwand verneint hat. Diese Ausführungen hat der Antragsgegner zu Recht als plausibel erachtet. Es ist in der Tat nicht nachvollziehbar, wie eine in einigem Abstand zu errichtende und derart niedrige Mauer das Erscheinungsbild eines Wohnhauses beeinträchtigen soll. Erst recht liegt es ersichtlich fern, einer derartigen Mauer eine einschnürende bzw. optische bedrängende Wirkung beizumessen. Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in der von der Antragstellerin zitierten Entscheidung eine einschnürende bzw. optisch bedrängende Wirkung gegenüber einer denkmalgeschützten Villa sogar bei einem Lärmschutzwall/-wand mit einer Höhe von 6 m, also einer rund 15 Mal höheren Anlage, verneint hat [6]. Eine Rechtspflicht zur Beteiligung des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege bestand angesichts dieser Sachlage entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht.
Der Antragsgegner hat im Rahmen seiner planerischen Abwägung die Belange der privaten Grundeigentümer entlang des Bakelbergs zutreffend gewichtet und in seine Überlegungen eingestellt. Er hat insbesondere erkannt, dass die Errichtung der teilmobilen Hochwasserschutzwand zu einem empfindlichen Eingriff in die Hausgärten führt, sich aber im Interesse des Hochwasserschutzes, also der Abwehr bedeutender Gefahren für Leib, Leben und Eigentum dafür entschieden, diesen Eingriff aus Gründen des Allgemeinwohls hinzunehmen. Diese Entscheidung, die der Situationsgebundenheit der privaten Grundstücke entlang der Weser aufgrund ihrer besonderen Lage Rechnung trägt [7], ist nicht zu beanstanden. Aus den oben genannten Gründen unzutreffend ist zunächst der Einwand, der Hochwasserschutz diene allein dem Interesse der Papierfabrik. Dass die Papierfabrik – ebenso wie alle weiteren Einwohner und Gewerbetreibenden von Hoya-Ost – von den Schutzmaßnahmen profitiert, hat der Antragsgegner zutreffend erkannt und in seine Abwägung eingestellt. Aus welchen Gründen der Zu- und Anlieferverkehr in der Abwägung hätte gesondert berücksichtigt werden sollen, lässt das Vorbringen der Antragstellerin schließlich nicht erkennen. Die Zufahrt liegt ebenso wie die übrigen bebauten Bereiche von Hoya-Ost innerhalb des geschützten Bereichs, sodass nicht ersichtlich ist, welche besonderen Gesichtspunkte von dem Antragsgegner hätten betrachtet werden müssen.
Auch die Einschätzung des Antragsgegners, der gänzliche Verzicht auf eine Hochwasserschutzwand stelle den gesamten Hochwasserschutz für Hoya-Ost in Frage, erscheint schon angesichts zahlreicher Durchlässe zwischen den Häusern entlang des Bakelbergs plausibel. Ebenso ist die Entscheidung gegen eine vollständig mobile Wand, die einen geringeren Eingriff in das Eigentum bedeutet hätte, nicht zu beanstanden. Es liegt auf der Hand, dass ein vollständig mobiles System mit einem höheren Versagensrisiko belastet ist, als ein teilmobiles System mit einem festen Element in Höhe des Bemessungshochwassers [8]. Ein solches teilmobiles System bietet Schutz vor Hochwasserereignissen bis zur Höhe des Bemessungshochwassers, ohne dass die mobilen Teile überhaupt zum Einsatz kommen müssen. Allein dies bewirkt ein gegenüber einem vollmobilen System deutlich erhöhtes Schutzniveau. Einer gesonderten Begutachtung bedurfte es vor diesem Hintergrund ungeachtet der Frage, ob die entsprechende Rüge überhaupt fristgemäß von der Antragstellerin erhoben worden ist, nicht.
Nicht zu beanstanden ist, dass der Antragsgegner die mit der Entscheidung verbundenen Eingriffe in das Eigentum als hinzunehmen angesehen hat. Die teilmobile Hochwasserschutzwand mit einem festen Element in Höhe von nur rund 30–40 cm bewirkt gegenüber einer festen Wand sowie einem Deich einen deutlich geringeren Eingriff. Ein solches festes Element lässt sich mit etwas Geschick durchaus in die Gartengestaltung integrieren. Es schneidet weder die Sichtbeziehung noch – insbesondere bei Errichtung einer Rampe oder einer Treppe – den Weg zur Weser ab. All das hat der Antragsgegner bedacht und zutreffend in seine Abwägung eingestellt. Die gegenteiligen Ausführungen der Antragstellerin vermag das Gericht angesichts der geringen Höhe des festen Elements nicht nachzuvollziehen. Es kann insbesondere keine Rede davon sein, dass das feste Element den Blick von der Terrasse auf die Weser unterbindet. Einen Verteidigungsweg, der mit schwerem Gerät zu befahren ist, sieht der Planfeststellungsbeschluss aus nachvollziehbaren Gründen nicht vor. Vor diesem Hintergrund erscheint die Befürchtung der Antragstellerin, die Planung reduziere den Grundstückswert gleichsam auf Null, deutlich überzogen. Zu fragen wäre eher, ob die verbleibende Beeinträchtigung nicht durch den deutlich verbesserten Schutz vor Hochwasser (mehr als) aufgewogen wird. Jedenfalls durfte sich der Antragsgegner aus den genannten Gründen über die Einwände der privaten Eigentümer hinwegsetzen.
Zu Unrecht sieht die Antragstellerin einen Rechtsfehler darin, dass die Hochwasserschutzmaßnahmen in ein zusammenhängendes festgesetztes Überschwemmungsgebiet gemäß § 76 WHG eingreifen. Der Antragsgegner hat erkannt, dass ein solcher Eingriff erfolgt und damit ein Verlust von Retentionsraum verbunden ist. Er hat sich aber im Interesse des Hochwasserschutzes für ein besiedeltes Gebiet gleichwohl für das Planvorhaben sowie für einen Ausgleich des Verlustes an anderer Stelle entschieden. Diese planerische Entscheidung genügt den Anforderungen des § 77 WHG, der Gewichtungsvorgaben für die planungsrechtliche Abwägungsentscheidung enthält. Gemäß § 77 WHG sind Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 WHG in ihrer Funktion als Rückhalteflächen zu erhalten. Soweit überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit dem entgegenstehen, sind rechtzeitig die notwendigen Ausgleichsmaßnahmen zu treffen. Die angesprochenen Gründe müssen zumindest von mittlerem Gewicht sein, um in der Abwägung gegenüber dem gesetzlich verankerten Interesse des Erhaltes von Überschwemmungsgebieten zu bestehen [9]. Gemessen daran ist die planerische Abwägung des Antragsgegners frei von Rechtsfehlern.
Der Schutz des Ortsteils Hoya-Ost einschließlich der Flächen, auf denen die Papierfabrik eine Erweiterung beabsichtigt, vor den Folgen eines 100jährigen Hochwassers stellt einen Belang von hohem Gewicht dar. Für den Schutz der vorhandenen Bebauung folgt dies bereits aus dem hohen Stellenwert des Schutzes von Leben, Gesundheit und Eigentum der Anwohner, die bei einem Verzicht auf den Hochwasserschutz ausweislich der Anlage 4 zum Planfeststellungsbeschluss bei Eintritt des Bemessungshochwassers mit Wasserständen von bis zu 1,5 m und in Ausnahmefällen sogar bis zu 2 m auf ihren Hausgrundstücken zu rechnen hätten. Nicht zu beanstanden ist aber auch, dass der Antragsgegner die Erweiterungsabsichten der Papierfabrik und die dafür in Aussicht genommenen Flächen in den Hochwasserschutz einbezogen hat. In der Begründung des Bebauungsplans Nr. 38 der Beigeladenen, die Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses ist, ist ausführlich dargelegt, welches besondere Interesse die Beigeladene an der Erweiterung der Papierfabrik hat und aus welchen Gründen nicht im Überschwemmungsgebiet liegende Flächen für die Erweiterung nicht in Betracht kommen. Dem tritt die Antragstellerin nicht entgegen.
Der Antragsgegner ist fehlerfrei davon ausgegangen, dass die vorgenannten gewichtigen Gründe des Allgemeinwohls das Interesse am Erhalt des Überschwemmungsgebietes überwiegen. Wie sich aus dem hydraulischen Nachweis zum Bebauungsplan Nr. 38 „Hoya-Ost“, der Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses ist, ergibt, führen die Hochwasserschutzmaßnahmen zu nahezu keiner Veränderung des Wasserabflusses und damit zu keiner diesbezüglichen Beeinträchtigung der Unterlieger. Der Verlust von Retentionsraum wird gemäß § 77 Satz 2 WHG rund acht Kilometer flussaufwärts im Kiesabbaugebiet Schweringen durch Schaffung und Sicherung einer Speicherlamelle mit einem Volumen von 130.000 m³ in vollem Umfang ausgeglichen. Bedenken hinsichtlich des sachlich-funktionellen und räumlichen Bezugs der Ausgleichsmaßnahme sind weder dargetan noch ersichtlich.
Soweit die Antragstellerin schließlich erstmals im gerichtlichen Verfahren die Sorge äußert, die Gründung der festen Elemente der teilmobilen Hochwasserschutzwand könne sich auf die Grundwasserverhältnisse auf ihrem Grundstück und damit auf ihr Wohnhaus nachteilig auswirken, ist sie mit dieser Einwendung gemäß § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG ausgeschlossen. Einwendungen, die der Präklusion nach der vorgenannten Vorschrift unterliegen können, sind sachliches, auf die Verhinderung oder Modifizierung des Planvorhabens abzielendes Gegenvorbringen [10]. Ein solches Gegenvorbringen ist in den Bedenken hinsichtlich der Grundwasserverhältnisse zu sehen. Ungeachtet dessen greift der Einwand in der Sache nicht durch. Es ist weder dargetan noch ersichtlich, dass die Gründung der festen Elemente Auswirkungen auf den Grundwasserstand haben wird, die Schutzvorkehrungen im Planfeststellungsbeschluss erforderlich machen. Möglicherweise verbleibenden Bedenken trägt der Antragsgegner in Nr. 5.6.5 des Planfeststellungsbeschluss dadurch Rechnung, dass er eine Verpflichtung der Beigeladenen zur Erfassung und Bewertung der Grundwasserverhältnisse sowie zu den gegebenenfalls erforderlichen Schutzvorkehrungen aufgenommen hat.
Verwaltungsgericht Hannover, Beschluss vom 20. Dezember 2011 – 12 B 3203/11
- vgl. BVerwG, Urt. v. 18.03.1983 – 4 C 80.79, BVerwGE 67, 74[↩]
- vgl. BVerwG, Urt. v. 06.12.1985 – 4 C 59.82[↩]
- vgl. BVerwG, Urt. v. 11.07.2001 – 11 C 14.00[↩]
- vgl. dazu BVerfG, Urt. v. 24.03.1987 – 1 BvR 1046/85, BVerfGE 74, 264[↩]
- vgl. BVerwG, Urt. v. 14.02.1975 – 4 C 21.74, BVerwGE 48, 56, stRspr.[↩]
- vgl. Nieders. OVG, Urt. v. 15.04.2011 – 1 KN 356/07[↩]
- vgl. zur rechtlichen Bedeutung der Situationsgebundenheit etwa BVerfG, Urt. v. 24.03.1987 – 1 BvR 1046/85, BVerfGE 74, 264; BVerwG, Urt. v. 05.02.2009 – 7 CN 1.08[↩]
- vgl. Nieders. OVG, Beschl. v. 06.03.2008 – 13 LA 143/07[↩]
- vgl. Nieders. OVG, Urt. v. 23.04.2008 – 1 KN 113/06[↩]
- vgl. BVerwG, Urt. v. 17.07. 1980 – 7 C 101.78, BVerwGE 60, 297; Urt. v. 14.07.2011 – 9 A 14.10[↩]