Bei Streitigkeiten über die Mitwirkung des Bundesamtes im Dublin-Verfahren handelt es sich um eine Streitigkeit nach dem Asylgesetz im Sinne von § 52 Nr. 2 Satz 3 VwGO.

Das Verwaltungsgericht Ansbach ist nach § 52 Nr. 2 Satz 3, Nr. 3 Satz 3, Nr. 5 VwGO zuständig für Rechtsschutzbegehren eines nicht im Bundesgebiet wohnhaften und aufhältigen Ausländers auf Mitwirkung des Bundesamtes im Dublin-Verfahren.
Ergibt sich bei auf Familienzusammenführung gerichteten Rechtsschutzbegehren von Familienangehörigen eine Zuständigkeit unterschiedlicher Verwaltungsgerichte, hat eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 53 Abs. 1 Nr. 3 VwGO zu erfolgen.
Das Bundesverwaltungsgericht ist für die Zuständigkeitsbestimmung nach § 53 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 3 VwGO als nächsthöheres Gericht zuständig, weil Gerichtsstände verschiedener Länder in Betracht kommen [1].
Gemäß § 52 Nr. 2 Satz 3 VwGO ist in Streitigkeiten nach dem Asylgesetz das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Ausländer nach dem Asylgesetz seinen Aufenthalt zu nehmen hat; ist eine örtliche Zuständigkeit danach nicht gegeben, bestimmt sie sich – auch für die vorliegend begehrte Mitwirkung des Bundesamtes im sogenannten Dublin-Verfahren – nach § 52 Nr. 3 VwGO und – soweit auch danach keine örtliche Zuständigkeit bestimmt werden kann – nach der Auffangregelung in § 52 Nr. 5 VwGO.
Bei den von den Flüchtlingen begehrten Handlungen der BAMF, die sich nach den Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist [2] – Dublin III-VO – richten, handelt es sich um „Streitigkeiten nach dem Asylgesetz“. Der mit der Schaffung von § 52 Nr. 2 Satz 3 VwGO verfolgte Zweck einer asylrechtlichen Zuständigkeitsdezentralisierung zur Entlastung des Verwaltungsgerichts Ansbach und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in München [3], ohne dabei unterschiedliche Verfahrensabschnitte unterschiedlichen Gerichten zuzuweisen [4], streitet für eine weite Auslegung dieser Bestimmung. Maßgeblich ist, ob das Asylanerkennungsverfahren im weiteren Sinne betroffen ist [5]. Die Abgabe von Erklärungen in einem Überstellungsverfahren ist genauso wie die Überstellung selbst zwar nicht im Asylgesetz, sondern in der Dublin III-VO geregelt. Das unionsrechtliche Verfahren zur Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats und eine daran anknüpfende Überstellung stehen als denknotwendige Vorstufe aber in einem engen Zusammenhang mit dem im Asylgesetz geregelten Asylanerkennungsverfahren. Zudem enthält das Asylgesetz eine Verordnungsermächtigung zur (innerstaatlichen) Bestimmung der zuständigen Behörden in Dublin-Verfahren (§ 88 Abs. 1 AsylG). Nach der hiernach erlassenen Asylzuständigkeitsbestimmungsverordnung ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) u.a. auch für Entscheidungen über Auf- und Wiederaufnahmeersuchen anderer Mitgliedstaaten zuständig (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 1 Nr. 2 AsylZBV).
Da die in Griechenland aufhältigen Flüchtlinge (derzeit) ihren Aufenthalt nicht nach den Vorschriften des deutschen Asylgesetzes zu nehmen haben (§ 52 Nr. 2 Satz 3 VwGO) und im Bundesgebiet auch nicht über einen Wohnsitz verfügen (§ 52 Nr. 3 Satz 2 VwGO), kommt für die örtliche Zuständigkeit wegen der Rechtsfolgenverweisung in § 52 Nr. 2 Satz 3 Halbs. 2 VwGO hier nur die Auffangregelung in § 52 Nr. 5 VwGO in Betracht. Danach ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die BAMF ihren Sitz hat. Wird der Antrag gegen die Bundesrepublik Deutschland gerichtet, ist auf den Sitz der Behörde abzustellen, die gehandelt hat oder handeln soll [6]. Dies ist hier das Bundesamt, das seinen Sitz in Nürnberg und damit im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Verwaltungsgerichts Ansbach hat.
Für den Eilantrag des Antragstellers zu 5 ist hingegen das Verwaltungsgericht Hamburg gemäß § 52 Nr. 2 Satz 3 Halbs. 1 VwGO örtlich zuständig, weil er – im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Antragseinreichung – seinen Aufenthalt in dessen Gerichtssprengel zu nehmen hatte.
Die Annahme einer (notwendigen) Streitgenossenschaft der Antragsteller liegt jedenfalls nicht fern, sodass eine Zuständigkeitsbestimmung auch erforderlich ist.
Zwar ist im Regelfall einer subjektiven Klagehäufung kein Raum für eine Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 53 VwGO. Denn gemäß § 64 VwGO i.V.m. mit §§ 59 f. ZPO ist u.a. Voraussetzung für die Zulässigkeit der Verbindung mehrerer prozessualer Ansprüche in einem Verfahren, dass für die Verfahren dasselbe Gericht örtlich zuständig ist [7]; ist dies nicht der Fall, ist dem durch Abtrennung und teilweise Verweisung zu begegnen. Anderes gilt bei einer notwendigen Streitgenossenschaft (§ 64 VwGO i.V.m. § 62 Abs. 1 ZPO) auf Antragsgegnerseite [8] oder Antragstellerseite [9]. § 53 Abs. 1 Nr. 3 VwGO lässt genügen, dass verschiedene Gerichte „in Betracht kommen“, dass ein solcher Fall zumindest nicht fernliegt. [10]; es ist nicht Sinn eines Verfahrens zur Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit, schwierige Rechtsfragen, die im eigentlichen Verfahren vom zuständigen Gericht zu klären sind, abschließend zu entscheiden [11].
Die Annahme einer (unechten) notwendigen Streitgenossenschaft gemäß § 64 VwGO i.V.m. § 62 Abs. 1 ZPO liegt hier jedenfalls nicht fern. Sie liegt vor, wenn mehrere Kläger bzw. Antragsteller derart miteinander verbunden sind, dass einerseits zwar ein gesondertes Verfahren Einzelner möglich ist, andererseits aber, wenn sie gemeinschaftlich um Rechtsschutz nachsuchen, die Sachentscheidung für oder gegen alle identisch sein muss [12]. Die Anträge der Antragsteller und jene des Antragstellers zu 5 sind auf das gleiche Ziel gerichtet und gründen auf einem identischen Lebenssachverhalt. Sollte der geltend gemachte Anspruch sowohl den Flüchtlingen als auch dem Antragsteller zu 5 zustehen, liegt es zudem nahe, dass eine Sachentscheidung einheitlich ergehen müsste.
Für die Zuständigkeitsbestimmung nach § 53 VwGO ist ein Anspruch und die sich daraus ableitende Antragsbefugnis des in der Bundesrepublik Deutschland aufhältigen Antragstellers zu 5 für den auf Familienzusammenführung mit den Flüchtlingen im Dublin-Verfahren gerichteten Rechtsschutzantrag jedenfalls nicht – offenkundig – ausgeschlossen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Ehegatte eines Ausländers gegen einen Bescheid, der diesem die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis versagt, selbst dann klagebefugt, wenn dieser den Bescheid hat bestandskräftig werden lassen, soweit er einen Eingriff in seine von Art. 6 GG geschützte Sphäre geltend macht [13].
Eine – offenkundige – Unzulässigkeit des Rechtsschutzbegehrens des Antragstellers zu 5 mangels Antragsbefugnis folgt auch nicht aus Unionsrecht. Die Regelungen der Dublin III-VO schließen eine Antragsbefugnis sowohl des im zuständigen Mitgliedstaat ansässigen Familienangehörigen als auch derjenigen, die aus einem anderen Mitgliedstaat in den zuständigen Staat überstellt werden wollen, jedenfalls nicht ausdrücklich aus. Vielmehr kommt auch nach Unionsrecht – vorbehaltlich einer etwaigen abschließenden Klärung durch den Gerichtshof der Europäischen Union – ein subjektives Recht nicht nur der Antragsteller, sondern auch des Antragstellers zu 5 auf die gerichtliche Durchsetzung der Einhaltung der Art. 9 ff. Dublin III-VO und der daran anknüpfenden Überstellungsregelungen (Art. 18, 29 ff. Dublin III-VO) in Betracht. Dies legen die Erwägungsgründe 13, 14 und 15 der Dublin III-VO, Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) sowie Art. 6 GG nahe. Der EuGH hat für Vorschriften der Dublin III-VO verschiedentlich dahin erkannt, dass sich eine Person, die internationalen Schutz beantragt, im gerichtlichen Verfahren auf eine Einhaltung dieser Regelungen berufen kann [14]. Ob diese Rechtsprechung auf die vorliegende Fallkonstellation zu übertragen ist, ist zumindest nicht – offenkundig – ausgeschlossen und wird das nach der Zuständigkeitsbestimmung zuständige Gericht zu entscheiden haben.
Die – hier dem Bundesverwaltungsgericht als nächsthöherem Gericht vorbehaltene – Entscheidung nach § 53 Abs. 1 VwGO hat sich an den Wertungen der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung sowie dem Gebot einer effektiven und sachgerechten Verfahrensdurchführung zu orientieren [15]. Das Bundesverwaltungsgericht hält es hiernach für zweckmäßig, das Verwaltungsgericht Hamburg als zuständiges Gericht zu bestimmen.
Der Antragsteller zu 5 wohnt in Hamburg, und die BAMF verfügt dort über eine (unselbständige) Außenstelle, die bereits mit dessen Asylverfahren betraut ist. Sowohl für die Antragsteller als auch für die BAMF erweist sich daher eine Prozessführung in Hamburg als effektiv und sachgerecht; dies gilt auch dann, wenn sich die für das im Inland aufhältige Familienmitglied zuständige Außenstelle nicht am Ort des für sie zuständigen Verwaltungsgerichts befindet. Für die Bestimmung des Verwaltungsgerichts Hamburg als zuständiges Gericht spricht auch, dass – sollte eine Familienzusammenführung erfolgen und die Antragsteller ihren Aufenthalt bei dem Antragsteller zu 5 in Hamburg begründen – das Verwaltungsgericht Hamburg für alle weiteren asylrechtlichen Streitigkeiten gemäß § 52 Nr. 2 Satz 3 VwGO örtlich zuständig wäre. Damit wird zugleich dem Anliegen entsprochen, einzelne Verfahrensabschnitte nicht unterschiedlichen Gerichten zuzuweisen. Demgegenüber hat das Interesse der BAMF an einer Konzentration der Rechtsschutzverfahren im Zusammenhang mit Überstellungsbegehren bei dem für den Behördensitz zuständigen Verwaltungsgericht zurückzutreten.
Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 2. Juli 2019 – 1 AV 2.19
- vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 24.07.1962 – 7 ER 420.62, Buchholz 310 § 52 VwGO Nr. 2 S. 2; vom 20.01.1978 – 7 ER 401.77, Buchholz 310 § 53 VwGO Nr. 11 S. 6; und vom 29.05.2017 – 3 AV 3.16 5[↩]
- ABl. L 180 S. 31[↩]
- BT-Drs. 8/1836 S. 4, 8/1935 S. 5 sowie 8/1936 S. 5 f.[↩]
- BT-Drs. 9/875 S. 27[↩]
- BVerwG, Beschluss vom 27.06.1984 – 9 A 1.84, Buchholz 310 § 50 VwGO Nr. 11 S. 2 f.[↩]
- BVerwG, Urteil vom 18.04.1985 – 3 C 34.84, BVerwGE 71, 183, 188 und Beschluss vom 09.03.2000 – 1 AV 2.00 2[↩]
- BVerwG, Beschlüsse vom 19.09.1975 – 7 ER 400.75, Buchholz 310 § 53 VwGO Nr. 9 S. 2; und vom 13.04.1988 – 8 ER 400.88 2[↩]
- hierzu BVerwG, Beschlüsse vom 13.04.1988 – 8 ER 400.88 2; vom 22.11.1999 – 11 AV 2.99, Buchholz 310 § 53 Nr. 27 S. 2; vom 05.07.2002 – 7 AV 2.02, Buchholz 310 § 53 VwGO Nr. 28 S. 3; und vom 12.10.2010 – 2 AV 1.10 6[↩]
- BVerwG, Beschlüsse vom 07.05.1996 – 2 AV 1.95, NVwZ 1996, 998; und vom 12.10.2010 – 2 AV 1.10 6 f.[↩]
- vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.01.1978 – 7 ER 401.77, Buchholz 310 § 53 VwGO Nr. 11 S. 6[↩]
- vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 14.05.1992 – 4 ER 403.91, Buchholz 310 § 53 VwGO Nr. 18 S. 9; und vom 07.05.1996 – 2 AV 1.95, NVwZ 1996, 998[↩]
- Bier, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Februar 2019, § 64 Rn. 13[↩]
- BVerwG, Urteil vom 27.08.1996 – 1 C 8.94, BVerwGE 102, 12: s.a. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 15.02.1999 – 11 S 1854/98 – InfAuslR 1999, 419, Antragsbefugnis gegen die Wirkungen einer an den Ehegatten gerichteten Ausweisungsverfügung; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.12 2003 – 8 B 26.02 – juris, Verpflichtungsbegehren auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an den Ehegatten; VG Saarlouis, Beschluss vom 14.04.2016 – 6 L 186/16 – juris; a.A. – mit Blick auf § 81 Abs. 1 AufenthG – für die Antrags- und Klagebefugnis einer Tochter für den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an den Vater – VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.07.2015 – 11 S 164/15 – InfAuslR 2015, 433[↩]
- vgl. nur EuGH, Urteile vom 26.07.2017 – C 670/16 [ECLI:?EU:?C:?2017:?587], Mengesteab, Rn. 62; und vom 25.10.2017 – C‑201/16 [ECLI:?EU:?C:?2017:? 805], Shiri, Rn. 44[↩]
- BVerwG, Beschlüsse vom 13.03.2009 – 7 AV 1.09 3; vom 09.02.2012 – 8 AV 1.12, Buchholz 310 § 52 VwGO Nr. 40; und vom 18.04.2019 – 2 AV 1.19 20[↩]
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