Ein Asylantrag ist nach § 29 Abs. 1 Nr. 4 des Asylgesetzes unzulässig, wenn ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 AsylG betrachtet wird.

Hat sich ein Ausländer in einem sonstigen Drittstaat, in dem ihm keine politische Verfolgung droht, vor der Einreise in das Bundesgebiet länger als drei Monate aufgehalten, so wird vermutet, dass er dort vor politischer Verfolgung sicher war, es sei denn, er macht glaubhaft, dass eine Abschiebung in einen anderen Staat, in dem ihm politische Verfolgung droht, nicht mit hinreichender Sicherheit auszuschließen war (§ 27 Abs. 3 AsylG).
Der Prüfung des § 29 Abs. 1 Nr. 4 AsylG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren steht nicht entgegen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) den betreffenden Asylantrag ohne erkennbare Befassung mit etwaigen Unzulässigkeitsgründen (hier sogar teilweise zugunsten des Flüchtlings) beschieden hat. Das Verwaltungsgericht darf auch in einem solchen Fall einer Klage auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nur stattgeben, wenn keiner der in § 29 Abs. 1 Nr. 2 bis 5 AsylG geregelten (echten) Unzulässigkeitsgründe vorliegt1.
Eine Unzulässigkeit nach § 29 Abs. 1 Nr. 4 AsylG setzt voraus, dass es sich bei dem in Betracht gezogenen Staat um einen Drittstaat im Sinne des § 27 AsylG handelt, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen und diesem eine den Anforderungen des § 27 AsylG i. V. m. Art. 35 RL 2013/32/EU entsprechende Sicherheit zu gewährleisten2.
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 19. Januar 2023 – 1 C 22.21
- vgl. hierzu im Einzelnen BVerwG, Urteil vom 25.04.2019 – 1 C 28.18, Buchholz 402.251 § 29 AsylG Nr. 7 Rn. 13 m. w. N.[↩]
- vgl. hierzu im Einzelnen BVerwG, Urteil vom 25.04.2019 – 1 C 28.18, Buchholz 402.251 § 29 AsylG Nr. 7 Rn. 15[↩]
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