Die Regelungen zur Erstattung von Aufwendungen für baulichen Schallschutz an (ertüchtigten) Bestandsgebäuden in § 5 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 der 2. FlugLSV sind von der Ermächtigungsgrundlage des § 7 FluglärmG gedeckt und auch im Übrigen mit höherrangigem Recht vereinbar.

§ 5 Abs. 2 Satz 1 der Zweiten Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm (Flugplatz-Schallschutzmaßnahmenverordnung – 2. FlugLSV) vom 08.09.20091 regelt die Erstattungsfähigkeit von Schallschutzmaßnahmen für bauliche Anlagen nach § 1 Satz 2 der 2. FlugLSV, also (u.a.) solche schutzbedürftigen Einrichtungen und Wohnungen, die bei der Festsetzung eines Lärmschutzbereichs errichtet sind (Bestandsbauten). Aufwendungen werden für bauliche Schallschutzmaßnahmen insoweit erstattet, wie sich diese bei Bauschalldämm-Maßen ergeben, die um 3 Dezibel unter den Bauschalldämm-Maßen für die Errichtung baulicher Anlagen nach § 3 der 2. FlugLSV (Neubauten) liegen.
Gemäß § 5 Abs. 3 der 2. FlugLSV werden u.a. bei Bestandsbauten, für die vor dem 15.09.2009 bereits im Rahmen freiwilliger Schallschutzprogramme oder in sonstiger Weise Aufwendungen erstattet worden sind, Aufwendungen für weitere bauliche Schallschutzmaßnahmen nach Maßgabe des Absatzes 2 erstattet, wenn die Bauschalldämm-Maße der früheren Schallschutzmaßnahmen um mehr als 8 Dezibel unter den Bauschalldämm-Maßen für Neubauten liegen.
Beide Regelungen finden ihre Ermächtigungsgrundlage in § 7 FluglärmG, der mit dem Parlamentsvorbehalt vereinbar ist. Sie sind auch in ihrer konkreten Ausgestaltung von dieser Ermächtigungsgrundlage gedeckt.
§ 7 des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm (Fluglärmschutzgesetz – FluglärmG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 31.10.20072 ermächtigt die Bundesregierung, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 15 FluglärmG) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Schallschutzanforderungen einschließlich Anforderungen an Belüftungseinrichtungen unter Beachtung des Standes der Schallschutztechnik im Hochbau festzusetzen, denen die baulichen Anlagen zum Schutz ihrer Bewohner vor Fluglärm in dem Fall des § 6 FluglärmG genügen müssen.
Gemäß Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetz bestimmt werden. Der Gesetzgeber muss das zu erlassende Verordnungsrecht nach Tendenz und Programm so genau umreißen, dass sich die Grenzen des Zulässigen schon aus der Ermächtigung erkennen und vorhersehen lassen. Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung müssen indes nicht ausdrücklich der Ermächtigungsnorm zu entnehmen sein. Zu deren Klärung können – wie auch sonst bei der Auslegung einer Vorschrift – der Sinnzusammenhang der Norm mit anderen Bestimmungen und das Ziel, das die gesetzliche Regelung insgesamt verfolgt, berücksichtigt sowie die Entstehungsgeschichte der Norm herangezogen werden3.
Gemessen daran ist der Verordnungsgeber nach § 7 FluglärmG nicht nur ermächtigt, die Schallschutzanforderungen an Neubauten zu regeln, sondern auch den Rahmen zu bestimmen, innerhalb dessen Aufwendungen für bauliche Schallschutzmaßnahmen an Bestandsbauten erstattet werden.
§ 7 FluglärmG bezieht sich auf die Schallschutzanforderungen, denen bauliche Anlagen zum Schutz ihrer Bewohner vor Fluglärm in dem Fall des § 6 genügen müssen. § 6 bestimmt, dass die nach § 5 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 3 FluglärmG zulässigen baulichen Anlagen sowie Wohnungen in der Tag-Schutzzone 2 nur errichtet werden dürfen, sofern sie den nach § 7 festgesetzten Schallschutzanforderungen genügen. Damit gilt die Verordnungsermächtigung nach ihrem Wortlaut nur für Bauten, die in Lärmschutzbereichen neu errichtet werden dürfen.
§ 7 FluglärmG steht in Zusammenhang mit den §§ 5 bis 8 FluglärmG, die Bauverbote, Schallschutzanforderungen an bauliche Anlagen, die in den Schutzzonen ausnahmsweise errichtet werden dürfen, und die Entschädigung bei Bauverboten regeln. Die Erstattung von Aufwendungen für bauliche Schallschutzmaßnahmen an Gebäuden, die bei Festsetzung der Lärmschutzzonen bereits errichtet waren, regelt § 9 FluglärmG. Nach dessen Absätzen 1 und 2 werden Eigentümern von in der Tag-Schutzzone 1 und der Nacht-Schutzzone gelegenen Wohnungen oder sonstigen schutzbedürftigen Gebäuden auf Antrag Aufwendungen für bauliche Schallschutzmaßnahmen nach Maßgabe der Absätze 3 und 4 erstattet. Gemäß § 9 Abs. 4 Satz 1 FluglärmG werden Aufwendungen nur erstattet, soweit sich die Maßnahmen im Rahmen der nach § 7 erlassenen Rechtsverordnung halten. Der Verweis in § 9 FluglärmG zeigt, dass die Verordnung zugleich den Rahmen zu bestimmen hat, innerhalb dessen Aufwendungen für baulichen Schallschutz an Bestandsbauten erstattet werden.
§ 7 FluglärmG genügt dem im Rechtsstaatsprinzip und Demokratiegebot wurzelnden Parlamentsvorbehalt. Dieser gebietet, dass in grundlegenden normativen Bereichen, insbesondere im Bereich der Grundrechtsausübung, die wesentlichen Entscheidungen vom Gesetzgeber getroffen werden. Wann es einer Regelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber bedarf, lässt sich nur mit Blick auf den jeweiligen Sachbereich und die Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstandes beurteilen4. Der Gesetzgeber hat durch die Regelungen zur Einrichtung der Lärmschutzbereiche in § 2 FluglärmG zu Bauverboten und -beschränkungen in den §§ 5 und 6 FluglärmG sowie zu Entschädigungen und Erstattungsansprüchen in den §§ 8, 9 FluglärmG das Lärmschutzkonzept des Fluglärmschutzgesetzes hinreichend genau vorgegeben und die wesentlichen Entscheidungen damit selbst getroffen. Er durfte es dem Verordnungsgeber überlassen, die konkreten Schallschutzanforderungen an Bauten zu regeln und damit einen Bereich, der erheblichen technischen Sachverstand in einer Reihe von Detailfragen erfordert5 Rn. 107)).
§ 5 Abs. 2 Satz 1 der 2. FlugLSV ist von der Verordnungsermächtigung des § 7 FluglärmG umfasst. Der Verordnungsgeber durfte für Bestandsbauten Bauschalldämm-Maße vorsehen, die hinter denjenigen für Neubauten zurückbleiben.
Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des § 9 Abs. 4 Satz 1 FluglärmG, nach dem Aufwendungen für bauliche Schallschutzmaßnahmen nur erstattet werden, soweit sich die Maßnahmen „im Rahmen“ der nach § 7 erlassenen Rechtsverordnung halten. Der Auftrag zur Rahmensetzung ermächtigt den Verordnungsgeber, den Rahmen näher auszugestalten und für Maßnahmen an Bestandsbauten auch Schallschutzanforderungen festzulegen, die hinter den Anforderungen für Neubauten zurückbleiben6.
§ 9 Abs. 4 Satz 1 FluglärmG ist schon nach seinem Wortlaut keine eigenständige Ermächtigungsgrundlage, sondern verdeutlicht lediglich Funktion und Reichweite der Rechtsverordnung nach § 7 FluglärmG. Die Norm musste daher in der Flugplatz-Schallschutzmaßnahmenverordnung auch nicht zitiert werden. Dem Zitiergebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG unterfallen nur die Ermächtigungsgrundlagen selbst, nicht sämtliche für ihre Auslegung bedeutsamen Normen7.
Eine Befugnis zur Festlegung abgestufter Bauschalldämm-Maße für Neu- und Bestandsbauten folgt auch aus Sinn und Zweck des Fluglärmschutzgesetzes.
Das Fluglärmschutzgesetz 2007 ist wie seine Vorgänger ein Baubeschränkungs- und Entschädigungsgesetz. Das Fluglärmschutzgesetz von 1971 entsprach nicht mehr den aktuellen Erkenntnissen der Lärmwirkungsforschung und entfaltete kaum noch Wirkung, weil die Lärmschutzzonen oftmals nur wenig über das Flugplatzgelände hinaus reichten. Das Gesetz war weder in der Lage, die Siedlungsentwicklung im Umland der größeren Flugplätze unter Lärmschutzgesichtspunkten wirksam zu steuern, noch vermittelte es angemessene Ansprüche auf passiven Schallschutz für die von Fluglärm betroffenen Anwohner. Mit der Neuregelung soll der Schutz der Menschen vor Fluglärm in der Umgebung der größeren zivilen und militärischen Flugplätze deutlich verbessert werden. Kern der Neuregelung ist die Ausweitung der Lärmschutzbereiche aufgrund deutlich abgesenkter Grenzwerte für die Lärmbelastung sowie die Einführung einer Nacht-Schutzzone. Zudem ist das Verfahren zur Ermittlung von Fluglärm modernisiert worden8. Den Erstattungsansprüchen für baulichen Schallschutz bei bereits vorhandenen Wohngebäuden in hochgradig lärmbelasteten Bereichen stehen abgestufte Bauverbote und Baubeschränkungen im Flugplatzumland gegenüber, die im Sinne einer vorsorgenden Konfliktvermeidung einem weiteren Heranwachsen von Wohnbebauung vorbeugen sollen9.
Die Interessenlagen in den Bereichen Baubeschränkung und Entschädigung bzw. Erstattung sind strukturell verschieden. Die Steuerungsfunktion setzt strenge Schallschutzanforderungen für Neubauten voraus, deren Umsetzung vom Bauherrn zu finanzieren ist. Demgegenüber liegen bei der Erstattung von Schallschutzmaßnahmen für Bestandsbauten hohe Schallschutzanforderungen zwar im Interesse der Grundstückseigentümer, mit den Kosten werden aber gemäß § 12 FluglärmG die Flugplatzhalter belastet. Die Berücksichtigung dieser Kostenfolge war dem Gesetzgeber ein wesentliches Anliegen. Er wollte mit der Gesetzesnovelle einen auf Dauer tragfähigen Ausgleich der Belange der Luftfahrt einerseits sowie der berechtigten Lärmschutzinteressen der betroffenen Flugplatzanwohner andererseits erreichen, die Entwicklungsperspektiven des Luftverkehrs wahren sowie die strategische Wettbewerbsfähigkeit dieses Wirtschaftssektors stärken10. Die Gesetzesbegründung setzt sich ausführlich mit den Ergebnissen einer eigens eingesetzten Arbeitsgruppe zur Ermittlung der Kosten auseinander11. § 9 Abs. 1 und 2 FluglärmG sieht eine zeitliche Staffelung der Ansprüche auf Erstattung von Aufwendungen für Schallschutzmaßnahmen an Bestandsbauten in Abhängigkeit von dem durch Fluglärm hervorgerufenen äquivalenten Dauerschallpegel vor, um der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Flugplatzunternehmen Rechnung zu tragen12.
Die Vorgabe höherer Bauschalldämm-Maße für Neubauten als für Bestandsbauten entspricht dieser Interessenlage. Das gilt besonders, weil Schallschutzanforderungen bei Neubauten leichter einzuhalten sind, während bei der Nachrüstung von Bestandsbauten in der Regel nur noch eingeschränkte Möglichkeiten des baulichen Schallschutzes bestehen13.
Die Gesetzeshistorie führt auf kein anderes Ergebnis. Zwar sah die Vorgängerregelung zur Flugplatz-Schallschutzmaßnahmenverordnung, die Schallschutzverordnung vom 05.04.197414, keine Abschläge von den Schallschutzanforderungen für Bestandsbauten vor, obwohl die Verordnungsermächtigung in § 7 des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm vom 30.03.197115 und die Regelung zum Erstattungsanspruch in § 9 Abs. 3 FluglärmG 1971 weitgehend identisch mit den geltenden Regelungen waren. Dass der Verordnungsgeber seinerzeit nicht generell zwischen Neu- und Bestandsbauten unterschieden hat, ist jedoch angesichts der wesentlich kleineren Lärmschutzbereiche16 von begrenzter Aussagekraft. Abgesehen davon wurde in der Vollzugspraxis davon ausgegangen, dass für Bestandsbauten im begründeten Einzelfall ein Unterschreiten der in der Verordnung für Neubauten festgesetzten bewerteten Bauschalldämm-Maße von bis zu 5 Dezibel hingenommen werden könne, ohne dass dadurch der Rahmen der Schallschutzverordnung verlassen werde17.
Gegen diese Auslegung des § 7 FluglärmG lässt sich nicht einwenden, der Gesetzgeber habe die dem Verordnungsgeber eröffneten Abweichungsmöglichkeiten von den Schallschutzanforderungen für Neubauten abschließend in § 9 Abs. 4 Satz 2 FluglärmG geregelt. Diese Vorschrift ermächtigt die Bundesregierung, durch Rechtsverordnung den Höchstbetrag der Erstattung je Quadratmeter Wohnfläche und die Berechnung der Wohnfläche, pauschalierte Erstattungsbeträge sowie Art und Umfang der erstattungsfähigen Nebenleistungen zu regeln.
Denn die Befugnis zur Festlegung differenzierter Bauschalldämm-Maße folgt bereits aus § 7 FluglärmG. Zudem spricht § 9 Abs. 4 Satz 2 FluglärmG nicht für, sondern gegen eine enge Auslegung des § 7 FluglärmG. Der Gesetzgeber hat dem Verordnungsgeber die Aufgabe zugewiesen, die Schallschutzanforderungen überhaupt sowie – erstmals mit der Gesetzesnovelle 2007 – für Bestandsbauten auch den Höchstbetrag pro Quadratmeter Wohnfläche festzusetzen. Zudem ermöglicht er die Festsetzung pauschalierter Erstattungsbeträge, die – je nach Bemessung der Pauschalen – ebenfalls Differenzierungen bei den Schallschutzanforderungen für Neu- und Bestandsbauten erlauben. Angesichts dieser umfassenden Verordnungsermächtigung liegt die Annahme fern, der Verordnungsgeber habe für Bestandsbauten strikt auf die – von ihm selbst erst festzulegenden – Schallschutzanforderungen für Neubauten verpflichtet werden sollen.
§ 5 Abs. 3 der 2. FlugLSV findet seine Ermächtigungsgrundlage ebenfalls in § 7 FluglärmG.
Für die Befugnis, eine spezielle Regelung für schallschutztechnisch bereits ertüchtigte Gebäude zu treffen, streitet der Wortlaut des § 9 Abs. 3 Satz 2 FluglärmG. Nach dieser Vorschrift ist eine Erstattung ausgeschlossen, wenn der nach § 12 FluglärmG Zahlungspflichtige bereits im Rahmen freiwilliger Schallschutzprogramme oder in sonstigen Fällen Aufwendungen für bauliche Schallschutzmaßnahmen erstattet hat, die sich im Rahmen der nach § 7 erlassenen Rechtsverordnung halten. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Vorschrift nur bei in der Vergangenheit tatsächlich geleisteten Erstattungen Anwendung findet und § 5 Abs. 3 der 2. FlugLSV darüber hinausgeht, weil er einen Anspruch auf Erstattung genügen lässt. Denn die Hauseigentümer haben in der Vergangenheit von einem Schallschutzprogramm Gebrauch gemacht.
Wie bei § 9 Abs. 4 Satz 1 FluglärmG umfasst der Auftrag zur Rahmensetzung die Befugnis des Verordnungsgebers, den Ausschlusstatbestand in der Rechtsverordnung zu konkretisieren. Wollte man den Begriff des Rahmens allein als Verweis auf die für Neubauten geltenden Schallschutzanforderungen verstehen, wäre § 9 Abs. 3 Satz 2 FluglärmG überflüssig. Dass ein Erstattungsanspruch ausgeschlossen ist, wenn die erforderlichen Bauschalldämm-Maße aufgrund früherer Schallschutzprogramme eingehalten sind, versteht sich von selbst. Die Regelung betrifft auch nicht nur den Fall, dass die Schallschutzmaßnahmen nicht den Anforderungen entsprechend oder gar nicht realisiert worden sind. Der Wortlaut der Norm verlangt, dass der Zahlungspflichtige „Aufwendungen für bauliche Schallschutzmaßnahmen“ erstattet hat. Dies setzt in aller Regel voraus, dass entsprechende Maßnahmen durchgeführt worden sind. Auch die Begründung zum Gesetzentwurf geht von verschiedenen Fallgestaltungen aus18.
Die Entstehungsgeschichte des novellierten Fluglärmschutzgesetzes bestätigt die Befugnis des Verordnungsgebers, ertüchtigte Bestandsbauten von einer weiteren Erstattung auszuschließen, sofern das durch die Verordnung festzulegende Schallschutzniveau durch frühere Maßnahmen erreicht wird. § 9 Abs. 3 Satz 2 FluglärmG findet kein Vorbild in der Vorgängerregelung, sondern ist erst mit der Novelle 2007 in das Fluglärmschutzgesetz aufgenommen worden. Wie sich bereits durchgeführte Schallschutzprogramme auf den Erstattungsanspruch auswirken sollen, hat bei der Abschätzung der Kosten des Fluglärmschutzgesetzes eine erhebliche Rolle gespielt. Die Arbeitsgruppe zu den Kostenfolgen der Novelle hat die Ergebnisse der Kostenschätzung unter den Vorbehalt gestellt, dass Ansprüche für bereits ausreichend geschützte Wohneinheiten nach dem Fluglärmschutzgesetz ausgeschlossen sind. Soweit nur teilweise ausreichender Schallschutz bestehe, könnten nur für diese Elemente Ansprüche begründet werden, wenn eine nachträgliche Aufrüstung dieser Teile sinnvoll möglich und zumutbar sei. Entsprechend wurden bei der Schätzung die Kosten für bereits abgeschlossene Programme pauschal für den jeweiligen Standort oder die Zahl der bereits geschützten Wohneinheiten von der Gesamtzahl der Wohneinheiten innerhalb der Schutzzone abgezogen19. Der Gesetzgeber hat diese Prämissen in der Gesetzesbegründung aufgegriffen12.
Auch Sinn und Zweck des Fluglärmschutzgesetzes sprechen für die vorgenommene Auslegung. Ziel der Novelle des Fluglärmschutzgesetzes war es, einen auf Dauer tragfähigen Ausgleich der Belange der Luftfahrt einerseits sowie der berechtigten Lärmschutzinteressen der betroffenen Flugplatzanwohner andererseits zu erreichen20, wobei der Gesetzgeber die den Flugplatzhalter treffende Kostenlast berücksichtigt sehen wollte10. Diesem Ziel entspricht es insbesondere, keine Kosten für ineffiziente Maßnahmen zu verursachen. Ausweislich einer in der Gesetzesbegründung zitierten Auskunft der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV) haben die Deutschen Flughäfen seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm im Jahre 1971 einen Betrag von rund 400 Mio. € für Schallschutzmaßnahmen aufgrund des Fluglärmschutzgesetzes, behördlicher Auflagen oder freiwilliger Maßnahmen aufgewandt21.
§ 5 Abs. 3 der 2. FlugLSV soll nach dem Willen des Verordnungsgebers Aufwendungen für den Austausch von Schallschutzfenstern vermeiden, die nur zu unerheblichen Verbesserungen des Schallschutzes führen würden und daher nicht sachgerecht sind22. Dies ist plausibel. Die Differenz von 5 Dezibel zwischen den in § 5 Abs. 2 und 3 der 2. FlugLSV vorgesehenen „Abschlägen“ in Höhe von 3 und 8 Dezibel entspricht dem Unterschied benachbarter Schallschutzklassen von Fenstern23. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers ist passiver Schallschutz nach dem Fluglärmschutzgesetz in erster Linie durch den Einbau oder Austausch von Schallschutzfenstern zu gewährleisten24. Diese wurden jedoch häufig – so auch bei den Hauseigentümern – im Rahmen früherer Schallschutzprogramme bereits verbaut.
Dem kann nicht entgegengehalten werden, § 9 Abs. 3 Satz 2 FluglärmG sehe den Ausschluss des Anspruchs dem Grunde nach vor, während § 5 Abs. 3 der 2. FlugLSV den Anspruch der Höhe nach modifiziere. § 5 Abs. 3 der 2. FlugLSV knüpft den an sich für Bestandsbauten nach § 5 Abs. 2 Satz 1 der 2. FlugLSV bestehenden Anspruch an bestimmte Voraussetzungen und schließt ihn im Übrigen aus.
§ 5 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 der 2. FlugLSV sind auch im Übrigen mit dem Fluglärmschutzgesetz vereinbar. Der Verordnungsgeber hat angenommen, dass sich mit den Bauschalldämm-Maßen des § 3 Abs. 1 der 2. FlugLSV nach Abzug von 3 Dezibel gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 der 2. FlugLSV Innenpegel von tagsüber zwischen 37 und 42 dB(A) – im Mittel von 40 dB(A) – und für Schlafräume nachts zwischen 27 und 32 dB(A) – im Mittel von 30 dB(A) – ergeben. Bei einem Abschlag von 8 Dezibel betragen die Innenpegel tags zwischen 42 und 47 dB(A) – im Mittel 45 dB(A) – und für Schlafräume nachts zwischen 32 und 37 dB(A) – im Mittel 35 dB(A) –22. Der Verwaltungsgerichtshof ist vor diesem Hintergrund davon ausgegangen, dass weder § 5 Abs. 2 Satz 1 noch § 5 Abs. 3 der 2. FlugLSV gegen Vorgaben des Fluglärmschutzgesetzes verstoßen. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Aus § 1 FluglärmG und den Werten des § 2 Abs. 2 FluglärmG lassen sich keine strengeren Schallschutzanforderungen ableiten.
Gemäß § 1 FluglärmG ist Zweck des Gesetzes, in der Umgebung von Flugplätzen bauliche Nutzungsbeschränkungen und baulichen Schallschutz zum Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen sicherzustellen. § 2 Abs. 1 FluglärmG sieht hierzu die Einrichtung von Lärmschutzbereichen vor, die durch § 2 Abs. 2 FluglärmG nach dem Maß der Lärmbelastung gegliedert werden. Die Tag-Schutzzonen werden durch die Kontur des äquivalenten Dauerschallpegels LAeq Tag begrenzt. Die Nacht-Schutzzonen bestimmen sich als Umhüllende der Kontur des äquivalenten Dauerschallpegels LAeq Nacht und der Kontur des häufigkeitsbezogenen Maximalpegels LAmax. Während die Dauerschallpegel Außenschallpegel darstellen, handelt es sich bei den für den Maximalpegel angegebenen Werten um Innenpegel. Zu deren Berechnung hat der Gesetzgeber das durchschnittliche Bauschalldämm-Maß von 15 dB(A) eines zu Lüftungszwecken gekippten Fensters zugrunde gelegt, das von den errechneten Außenpegeln abgezogen wird (vgl. § 2 Abs. 2 i.V.m. § 3 Abs. 1 und der Anlage zu § 3 FluglärmG sowie BT-Drs. 16/508 S. 18).
§ 2 Abs. 2 FluglärmG ist eine Spezialregelung zu § 9 Abs. 2 LuftVG i.d.F. vom 10.05.2007 bzw. § 8 Abs. 1 Satz 10 LuftVG i.V.m. § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG. In § 2 Abs. 2 FluglärmG wird die fachplanerische Zumutbarkeitsschwelle bestimmt und damit die Auslösewerte, bei deren Überschreiten der Vorhabenträger die Benutzung der benachbarten Grundstücke durch Erstattung der Aufwendungen für Maßnahmen des passiven Schallschutzes sicherzustellen sowie Entschädigung für Beeinträchtigungen des Außenwohnbereichs zu leisten hat25.
Aus den Werten des § 2 Abs. 2 FluglärmG folgt jedoch nicht, dass jedem Eigentümer eines in einem Lärmschutzbereich belegenen Wohngrundstücks ein Erstattungsanspruch nach § 9 Abs. 1 und Abs. 2 FluglärmG zusteht. Die Ausgestaltung der konkreten Schutzansprüche hat der Gesetzgeber vielmehr dem Verordnungsgeber überantwortet. Auch dieser hat keine Innenpegel festgelegt, sondern – anknüpfend an die äquivalenten Dauerschallaußenpegel – erforderliche Bauschalldämm-Maße bestimmt. Der Erstattungsanspruch hängt daher neben der Belegenheit in einer Schutzzone maßgeblich von dem baulichen Zustand des Gebäudes ab. Sofern die bereits vorhandenen Bauschalldämm-Maße den Lärm auf ein zumutbares Maß reduzieren, besteht kein Anspruch.
Von Gesetzes wegen einzuhaltende Innenpegel ergeben sich nicht dadurch, dass von den in § 2 Abs. 2 FluglärmG vorgesehenen äquivalenten Dauerschallaußenpegeln 15 dB(A) abgezogen werden. Diese Berechnung hat der Gesetzgeber einzig in Bezug auf den Maximalpegel und auch dort nur zur Festlegung der Nacht-Schutzzone vorgesehen.
Das Urteil des erkennendas Bundesverwaltungsgerichts zum Flughafen Berlin-Schönefeld gibt keine verbindlichen Grenzwerte für den noch zumutbaren Lärm vor. Das Bundesverwaltungsgericht hat als Tatsacheninstanz angenommen, dass der festgesetzte energieäquivalente Dauerschallpegel von 35 dB(A) innen geeignet sei, das Schutzkonzept der Planfeststellungsbehörde zu erfüllen. Vor dem Hintergrund des derzeitigen Erkenntnisstands der Lärmwirkungsforschung bewege sich die Planfeststellungsbehörde mit ihrer Auflage eher im unteren Bereich der von namhaften Lärmwirkungs- und Schlafforschern genannten Werte26. Einen Grenzwert hat das Bundesverwaltungsgericht damit nicht bezeichnet.
§ 5 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 der 2. FlugLSV setzen die Bauschalldämm-Maße auch nicht so niedrig fest, dass die Erstattungsregelungen für bauliche Schallschutzmaßnahmen praktisch „leerlaufen“. Nach Abzug des Abschlags gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 der 2. FlugLSV verbleiben erforderliche Bauschalldämm-Maße von bis zu 47 dB. Auch für bereits ertüchtigte Räume verbleiben nach Anwendung des § 5 Abs. 3 der 2. FlugLSV jedenfalls in stark verlärmten Bereichen erforderliche Bauschalldämm-Maße von bis zu 42 dB. Sollten diese größtenteils erreicht werden, läge dies daran, dass diese Räume bereits belastungsangepassten Schallschutz erhalten haben.
§ 5 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 der 2. FlugLSV verstoßen nicht deshalb gegen § 1 FluglärmG, weil sich mit ihnen der Schallschutz gegenüber der Vorgängerregelung verschlechtert hätte. Die Novelle des Gesetzes im Jahr 2007 war notwendig geworden, weil das Fluglärmschutzgesetz 1971 nach Auffassung des Gesetzgebers seinen Zweck nicht mehr erreichen konnte27. Die Hauseigentümer meinen, die Flugplatz-Schallschutzmaßnahmenverordnung dürfe daher keine geringeren Bauschalldämm-Maße als die frühere Schallschutzverordnung vom 05.04.1974 vorsehen. Anderenfalls werde der Zweck der Gesetzesnovelle verfehlt. Das greift zu kurz.
Allein mit dem Vergleich der Bauschalldämm-Maße der jeweiligen Schallschutzverordnungen lässt sich eine Verschlechterung des Schallschutzes nicht belegen. Die Ermittlung des Fluglärms unterscheidet sich nach altem und neuem Recht erheblich, so dass die daraus resultierenden Werte nicht vergleichbar sind. Vor allem aber reichten die Lärmschutzzonen unter dem Fluglärmschutzgesetz 1971 oftmals nur wenig über das Flugplatzgelände hinaus. Der Gesetzgeber hat als wesentliche Maßnahme zur Verbesserung des Schallschutzes deshalb neben der Modernisierung des Ermittlungsverfahrens für Fluglärm die deutliche Absenkung der Auslösewerte und die Einführung einer Nacht-Schutzzone gesehen, weil diese Maßnahmen zu einer relevanten Ausweitung der Schutzzonen führen28. Daran sehen die Hauseigentümer vorbei.
Die Bundesregierung hat in ihrem Bericht zur Evaluierung des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm vom 18.01.2019 vorgeschlagen, den Abschlag von 8 Dezibel für ertüchtigte Bestandsbauten im Hinblick auf die Akzeptanz der Gesamtregelung abzuschaffen29. Dieser rechtspolitische Vorschlag ist für die Beurteilung des geltenden Rechts ohne Bedeutung. Ebenso spielt keine Rolle, ob die Kostenfolgen des Gesetzes überschätzt wurden.
Die Flugplatz-Schallschutzmaßnahmenverordnung ist unter Beachtung des Standes der Schallschutztechnik im Sinne des § 7 FluglärmG festgesetzt.
Das Gebot zur Beachtung der Schallschutztechnik im Hochbau bezieht sich auf den Zeitpunkt des Verordnungserlasses. Adressat ist der Verordnungsgeber, der das im Fluglärmschutzgesetz angelegte Schallschutzkonzept untergesetzlich auszugestalten hat. Eine Pflicht, die Schallschutzanforderungen dynamisch an den Fortschritt der Schallschutztechnik anzupassen, lässt sich diesem Auftrag nicht entnehmen.
Die Flugplatz-Schallschutzmaßnahmenverordnung beachtet den Stand der Schallschutztechnik, obwohl sie von den in der DIN 4109 – Schallschutz im Hochbau – vorgesehenen Bauschalldämm-Maßen abweicht, indem sie Abschläge nach § 5 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 der 2. FlugLSV anordnet und keinen Zuschlag für den Freifeldpegel vorsieht. Die in der DIN 4109 vorgesehenen Bauschalldämm-Maße stellen keine den Verordnungsgeber bindenden Mindestmaße dar.
Es ist nicht ersichtlich, dass der Stand der Schallschutztechnik im Hochbau für die nach § 7 FluglärmG festzulegenden Schallschutzanforderungen unbesehen der DIN 4109 zu entnehmen ist. Der Verordnungsgeber gibt zwar in der Begründung an, die von ihm festgelegten Schallschutzanforderungen basierten auf einer Fortschreibung und Anpassung der Anforderungen der Schallschutzverordnung 1974 und auf den einschlägigen technischen Regelwerken zum baulichen Schallschutz, insbesondere der DIN 4109, Ausgabe November 198930. Es gibt aber keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Schallschutzanforderungen dieser technischen Vorschrift von Rechts wegen einen zwingend einzuhaltenden Minimalstandard darstellen sollen. Die DIN 4109, Ausgabe November 1989, schließt ihre Anwendbarkeit für Fluglärm, der unter das Fluglärmschutzgesetz fällt, unter Nr. 1 sogar ausdrücklich aus.
Abgesehen davon ließe sich eine strikte Bindung des Verordnungsgebers an eine außerrechtliche Norm mit Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG nicht vereinbaren. Technische Normen wie diejenigen des Deutschen Instituts für Normung, das selbst keine Rechtssetzungsbefugnisse hat, erhalten rechtliche Relevanz nur, soweit der Gesetz- oder Verordnungsgeber sie in seinen Regelungswillen aufnimmt31. Erteilt der Gesetzgeber eine Verordnungsermächtigung, muss er deren Inhalt, Zweck und Ausmaß angeben und sich darüber Rechenschaft ablegen. Dem würde es widersprechen, den Verordnungsgeber auf eine Übernahme bestimmter Vorgaben eines außerrechtlichen Standards zu verpflichten, dessen Inhalt und Stand der Gesetzgeber zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses oder einer späteren Änderung der Verordnung nicht kennt.
Die Vorgabe des § 7 FluglärmG ist dennoch nicht inhaltsleer. Wo sich ein eindeutiger Stand der Schallschutztechnik bestimmen lässt, wie es insbesondere bei Fragen der technischen Ermittlung und Berechnung der Fall sein mag, darf der Verordnungsgeber keine eigenen, hiervon abweichenden Vorgaben entwickeln. Für die zentrale Frage der Ausgestaltung der Schallschutzanforderungen wird der vom Gesetzgeber abgeleitete weite Einschätzungs, Wertungs- und Gestaltungsspielraum32 des Verordnungsgebers aber nicht auf die Übernahme bestimmter Werte verengt.
Die Flugplatz-Schallschutzmaßnahmenverordnung verstößt auch nicht gegen sonstiges höherrangiges Recht.
Die Verordnung wahrt die verfassungsrechtlichen Publizitätsanforderungen, obwohl sie die technische Vorschrift DIN 4109, Ausgabe November 1989, in Bezug nimmt.
Die Anforderungen an die Bekanntgabe einer durch Rechtsverordnung in Bezug genommenen technischen Vorschrift ergeben sich aus dem in Art.20 Abs. 3 GG niedergelegten Rechtsstaatsprinzip. Damit das Gebot der Rechtssicherheit gewahrt ist, muss für den Rechtsunterworfenen klar erkennbar sein, welche Vorschriften im Einzelnen für ihn gelten sollen. Danach muss die Verlautbarung in Bezug genommener Regelungselemente für den Betroffenen zugänglich und ihrer Art nach für amtliche Anordnungen geeignet sein. Der Betroffene muss sich verlässlich und ohne erhebliche Schwierigkeiten Kenntnis vom Inhalt der Regelungen verschaffen können, auf die Bezug genommen wird; die Möglichkeit der Kenntnisnahme darf also nicht in unzumutbarer Weise erschwert sein. Konkrete weitere Gebote für die Ausgestaltung des Verkündungsvorgangs im Einzelnen ergeben sich aus dem Rechtsstaatsprinzip nicht33.
Nach § 6 der 2. FlugLSV sind in Bezug genommene DIN-Normen bei der Beuth Verlag GmbH, Berlin, zu beziehen und beim Deutschen Patent- und Markenamt in München archivmäßig gesichert niedergelegt. Diese Angaben reichen aus. Es ist dem Betroffenen zumutbar, sich über die aktuelle Adresse sowie die Bezugs- und Einsichtnahmemöglichkeiten zu informieren. Auch der Kaufpreis führt nicht zu einer unzumutbaren Erschwernis der Kenntnisnahme. DIN-Normen können nicht nur bei dem Deutschen Patent- und Markenamt selbst, sondern auch bei den Auslegestellen für DIN-Normen eingesehen werden, über die das Amt informiert. Damit ist den Anforderungen des Publizitätsgebots genügt.
Die Flugplatz-Schallschutzmaßnahmenverordnung verstößt auch nicht gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip nach Art.20 Abs. 3 GG herzuleitende Gebot der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung34.
Dass die DIN 4109, Ausgabe November 1989 unter Nr. 1 den Schutz von Aufenthaltsräumen gegen Fluglärm, soweit er im Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm geregelt ist, aus ihrem Anwendungsbereich ausnimmt, führt nicht zur Verfassungswidrigkeit der Verweise auf diese Normierung in der Flugplatz-Schallschutzmaßnahmenverordnung. Dem Verordnungsgeber steht es unabhängig von dem unmittelbaren Anwendungsbereich einer technischen Vorschrift frei, deren Vorgaben durch Verweis in seinen Willen aufzunehmen, anstatt die Regelungen selbst zu treffen. Abgesehen davon sind Fragen der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung schon deshalb nicht aufgerufen, weil die DIN 4109 lediglich einen außerrechtlichen Standard darstellt31.
Die Hauseigentümer werden durch die Regelungen in § 5 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 der 2. FlugLSV nicht in ihrem Recht auf körperliche Unversehrtheit verletzt. Die sich aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ergebende Schutzpflicht des Staates erfordert auch Maßnahmen zum Schutz vor gesundheitsschädigenden und gesundheitsgefährdenden Auswirkungen von Fluglärm35.
Die in § 3 der 2. FlugLSV vorgesehenen Schallschutzanforderungen knüpfen an die für die Einrichtung von Lärmschutzbereichen maßgeblichen äquivalenten Dauerschallpegel nach § 2 Abs. 2 FluglärmG an. Dass die in § 2 Abs. 2 FluglärmG festgelegten Auslösewerte den Einschätzungs, Wertungs- und Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers nicht überschreiten, ist in der Rechtsprechung geklärt36.
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof ist in der Vorinstanz unter Auseinandersetzung mit den Ergebnissen der Lärmwirkungsforschung (insbesondere zum Nachtschlaf) und der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu dem Ergebnis gelangt, dass die anhand der festgelegten Außenlärmpegel und der Bauschalldämm-Maße ermittelbaren Innenpegel auch unter Berücksichtigung des Abschlags nach § 5 Abs. 3 Satz 2 der 2. FlugLSV die Schwelle zur Gesundheitsgefährdung nicht überschreiten37. An die dieser Würdigung zugrundeliegenden tatrichterlichen Feststellungen ist das Bundesverwaltungsgericht mangels Verfahrensrügen gebunden, § 137 Abs. 2 VwGO. Erst recht gilt dies für den niedrigeren Abschlag nach § 5 Abs. 2 Satz 1 der 2. FlugLSV.
§ 5 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 der 2. FlugLSV sind mit Art. 14 GG vereinbar. Vorschriften, die den auf einem Wohngrundstück hinzunehmenden Fluglärm regeln, sind Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG38. Als solche müssen sie der verfassungsrechtlich garantierten Eigentumsstellung und dem Gebot einer sozial gerechten Eigentumsordnung in gleicher Weise Rechnung tragen. Da die aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG folgenden Schutzpflichten erfüllt werden, sind die Interessen der Eigentümer an der Nutzung ihres Wohnhauses ausreichend gewahrt.
Der Verordnungsgeber durfte Neu- und Bestandsbauten unterschiedlich behandeln, ohne gegen Art. 3 Abs. 1 GG zu verstoßen. Innerhalb des von der gesetzlichen Ermächtigung eingeräumten Spielraums muss er nach dem Gleichheitssatz im wohlverstandenen Sinn der ihm erteilten Ermächtigung handeln und darf keine sachfremden Erwägungen anstellen39. Wie aus der amtlichen Begründung der Flugplatz-Schallschutzmaßnahmenverordnung hervorgeht, liegt der Differenzierung zwischen Neu- und Bestandsbauten die Erwägung zugrunde, dass bei Neubauten bereits in der Planungsphase insbesondere durch Anordnung der Räume, die Größe der Fenster und die Dämmwirkung der sonstigen Bauteile auf die Lärmschutzbelange eingegangen werden kann, während die Möglichkeiten bei der Nachrüstung eingeschränkt sind22. Diese Erwägung leuchtet ein.
Der Verordnungsgeber war aus den oben zu § 5 Abs. 3 der 2. FlugLSV angeführten Gründen berechtigt, für Bestandsbauten und früher bereits ertüchtigte Bestandsbauten unterschiedliche Regelungen zu treffen.
Auch Unterschiede zwischen dem nach der Flugplatz-Schallschutzmaßnahmenverordnung und dem nach der 24. BImSchV gewährten Schallschutz begründen keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz. Die Regelungen unterscheiden sich schon dadurch, dass das Fluglärmschutzgesetz sich auch Geltung für bestehende Flugplätze beimisst (§ 2 Abs. 2 FluglärmG), während die 24. BImSchV nur für den Bau oder die wesentliche Änderung von Verkehrswegen gilt (§ 1 der 24. BImSchV). Im Übrigen sind die Vorgaben aufgrund der unterschiedlichen Charakteristik und Einwirkung des Lärms nicht vergleichbar, so dass eine Gleichbehandlung dieser Lärmarten nicht geboten ist.
Es liegt auch kein Verstoß gegen Art. 8 EMRK vor. Das Recht auf Achtung der Privatsphäre und der Wohnung ist anwendbar, wenn eine Person direkt und auf eine erhebliche Weise durch Lärm oder andere Immissionen beeinträchtigt wird und dadurch die Qualität des Privatlebens und die Möglichkeit, die Wohnung zu nutzen, durch Lärm von Flugzeugen beeinträchtigt wird, und zwar auch ohne dass ihre Gesundheit ernsthaft gefährdet wäre40. Mit Blick auf von einem Flughafen ausgehenden Fluglärm gesteht der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte den Vertragsstaaten der EMRK einen Einschätzungsspielraum zu, die widerstreitenden privaten und öffentlichen Interessen in einen angemessenen Ausgleich zu bringen41. Dass die Erstattungsregelungen in § 9 FluglärmG und § 5 Abs. 2 und 3 der 2. FlugLSV diesen Einschätzungsspielraum überschreiten, ist nach dem Vorstehenden nicht ersichtlich.
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 3. Dezember 2020 – 4 C 6.18
- BGBl. I S. 2992[↩]
- BGBl. I S. 2550[↩]
- BVerfG, Beschlüsse vom 14.03.1989 – 1 BvR 1033/82 u.a., BVerfGE 80, 1 <20 f.> und vom 21.09.2016 – 2 BvL 1/15, BVerfGE 143, 38 Rn. 55; BVerwG, Urteile vom 14.12.2017 – 5 C 17.16, BVerwGE 161, 105 Rn. 18; vom 20.10.2016 – 7 C 6.15, NVwZ 2017, 485 Rn. 25; und vom 22.01.2020 – 8 CN 2.19, BVerwGE 167, 267 Rn. 10[↩]
- BVerfG, Beschlüsse vom 01.04.2014 – 2 BvF 1, 3/12, BVerfGE 136, 69 Rn. 102; und vom 21.04.2015 – 2 BvR 1322/12, 2 BvR 1989/12, BVerfGE 139, 19 Rn. 52 ff. m.w.N.[↩]
- vgl. Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Stand August 2020, Art.20, VI. C.04.e[↩]
- ebenso Koch, in: Verfassung – Umwelt – Wirtschaft, FS Sellner, 2010, S. 277 <290> Rathgeb, in: Giemulla/Schmid, LuftVG, Stand November 2020, § 6 Rn. 173; Fellenberg, in: Grabherr/Reidt/Wysk, LuftVG, Stand Januar 2019, § 6 Rn. 363; kritisch Schulze/Schütte/Lieber/Arps, Gutachten im Auftrag des Umweltbundesamtes zur Evaluation der 2. Fluglärmschutzverordnung, November 2015, S. 42 ff.[↩]
- vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.06.2019 – 1 BvR 587/17, BVerfGE 151, 173 Rn. 17[↩]
- BT-Drs. 16/508 S. 1 f., 13, 16[↩]
- BT-Drs. 16/508 S. 1, 13[↩]
- BT-Drs. 16/508 S. 1 ff.[↩][↩]
- BT-Drs. 16/508 S. 14 ff.[↩]
- BT-Drs. 16/508 S. 15[↩][↩]
- vgl. hierzu die Begründung zur Flugplatz-Schallschutzmaßnahmenverordnung, BR-Drs. 521/09 S. 6[↩]
- BGBl. I S. 903[↩]
- BGBl. I S. 282 – FluglärmG 1971[↩]
- vgl. BT-Drs. 16/508 S. 1[↩]
- BT-Drs. 8/2254 S.19[↩]
- vgl. BT-Drs. 16/508 S. 22[↩]
- Kostenfolge der Novelle des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm, Dokumentation vom 21.02.2005, S. 22 f.[↩]
- BT-Drs. 16/508 S. 1[↩]
- BT-Drs. 16/508 S. 16[↩]
- BR-Drs. 521/09 S. 14[↩][↩][↩]
- vgl. BR-Drs. 521/1/09 S. 11[↩]
- BT-Drs. 16/508 S. 2[↩]
- BVerwG, Urteil vom 04.04.2012 – 4 C 8.09 u.a., BVerwGE 142, 234 Rn. 180 und Beschluss vom 01.04.2009 – 4 B 61.08, Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 34 Rn. 33[↩]
- BVerwG, Urteil vom 16.03.2006 – 4 A 1075.04, BVerwGE 125, 116 Rn. 312 f.[↩]
- BT-Drs. 16/508 S. 1 und S. 13[↩]
- BT-Drs. 16/508 S. 1, 13 und 17[↩]
- BT-Drs.19/7220 S. 36; vgl. auch Schulze/Schütte/Lieber/Arps, Gutachten im Auftrag des Umweltbundesamtes zur Evaluation der 2. Fluglärmschutzverordnung, November 2015, S. 78 f.[↩]
- BR-Drs. 521/09 S. 6[↩]
- vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.09.1996 – 4 B 175.96, Buchholz 445.4 § 18b WHG Nr. 2 3[↩][↩]
- vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 04.04.2012 – 4 C 8.09 u.a., BVerwGE 142, 234 Rn. 149[↩]
- stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.07.2010 – 4 BN 21.10, Buchholz 406.11 § 10 BauGB Nr. 46 Rn. 9 unter Bezugnahme auf BVerfG, Beschluss vom 22.11.1983 – 2 BvL 25.81, BVerfGE 65, 283 <292> BVerwG, Urteil vom 27.06.2013 – 3 C 21.12, BVerwGE 147, 100 Rn.20[↩]
- vgl. hierzu BVerfG, Urteile vom 23.10.1951 – 2 BvG 1/51, BVerfGE 1, 14 <45> und vom 07.05.1998 – 2 BvR 1876/91 u.a., BVerfGE 98, 83 <97> sowie Beschluss vom 12.02.1969 – 1 BvR 687/62, BVerfGE 25, 216 <227>[↩]
- BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 15.10.2009 – 1 BvR 3474/08, NVwZ 2009, 1489 Rn. 29; und vom 02.07.2018 – 1 BvR 612/12, NVwZ 2018, 1555 Rn. 39 f. m.w.N.[↩]
- BVerwG, Urteil vom 04.04.2012 – 4 C 8.09 u.a., BVerwGE 142, 234 Rn. 151 ff.; vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 02.07.2018 – 1 BvR 612/12, NVwZ 2018, 1555 Rn. 48 ff.[↩]
- Hess. VGH, Urteil vom 20.02.2018 – VGH 9 C 1969/14.T[↩]
- BVerfG, Kammerbeschluss vom 29.07.2009 – 1 BvR 1606/08, NVwZ 2009, 1494[↩]
- BVerfG, Beschluss vom 23.06.1981 – 2 BvR 1067/80, BVerfGE 58, 68 <79>[↩]
- EGMR, Große Kammer, Urteil vom 08.07.2003 – Nr. 36022/97, Hatton u.a./Vereinigtes Königreich, NVwZ 2004, 1465 Rn. 96 m.w.N.; Entscheidung vom 10.06.2014 – Nr. 25330, Eckenbrecht u. Ruhmer/Bundesrepublik Deutschland, NVwZ 2015, 1119[↩]
- EGMR, Große Kammer, Urteil vom 08.07.2003 – Nr. 36022/97, Hatton u.a./Vereinigtes Königreich, NVwZ 2004, 1465 Rn. 97 und 122 f.[↩]
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