Freizügigkeit für arbeitslose EU-Bürger

Mit der Gewährung von SGB-II-Leistungen für einen freizügigkeitsberechtigten bulgarischen Staatsangehörigen hatte sich aktuell das Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern zu befassen:

Freizügigkeit für arbeitslose EU-Bürger

Für Unionsbürger (hier also für bulgarische Staatsbürger) gilt der Vorrang des Unionsrechts. Dies sind auf der supranationalen Ebene insbesondere der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union – AEUV – und die Unionsbürgerrichtlinie. Unionsbürger genießen – kraft Europarechts – Freizügigkeit in anderen Mitgliedstaaten der EU, dürfen also, unter den geltenden Bestimmungen und Beschränkungen, in diese Staaten einreisen und sich dort aufhalten (Art. 20, 21 AEUV). Der Erteilung eines Aufenthaltstitels bedarf es für das Entstehen eines Aufenthaltsrechts nicht. Jegliche Art von Bescheinigungen über das Aufenthaltsrecht haben allein deklaratorischen Charakter. Da das Freizügigkeitsrecht unmittelbar aus dem AEUV und insbesondere dem Freizügigkeitsgesetz/EU entsteht, kann der Zweck des Aufenthalts – falls erforderlich – während des Aufenthalts ausgetauscht werden, die Freizügigkeit bleibt jedoch unverändert bestehen. Freizügigkeit kann sich auch aus mehreren Aufenthaltszwecken gleichzeitig ergeben.

Im hier entschiedenen Fall war der bulgarische Staatsangehörige im Jahre 2008 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist und hat hier mehr als ein Jahr ein Gewerbe ausgeübt. Auch nach dem Verkehrsunfall, den er im Jahre 2010 erlitten hat, hat seine Freizügigkeit (§ 2 Abs. 1 und 2 Freizügigkeitsgesetz/EU) nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 Freizügigkeitsgesetz/EU fortbestanden. Denn er hat mehr als ein Jahr lang als Arbeitnehmer bzw. als Selbstständiger gearbeitet. Das hat zur Folge, dass seine Arbeitnehmer- bzw. Selbstständigeneigenschaft erhalten geblieben ist. Sein Aufenthalt in der Bundesrubrik Deutschland ist somit weiterhin rechtmäßig, weil er nach wie vor ein Recht gehabt hat, sich als Arbeitnehmer bzw. selbstständig erwerbstätiger Unionsbürger in der Bundesgebiet aufzuhalten. Zwischenzeitlich ist er in das Daueraufenthaltsrecht nach § 4a Abs. 1 Freizügigkeitsgesetz/EU hineingewachsen, weil er sich als Unionsbürger seit fünf Jahren ständig rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat. Damit kommt es nicht mehr auf die weiteren Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Freizügigkeitsgesetz/EU an.

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Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 28. August 2015 – L 8 AS 329/15 B ER