Gemeinden – und die Grenzen ihres Grundrechteschutzes

Gemeinden sind als Körperschaften des öffentlichen Rechts grundsätzlich nicht grundrechtsfähig1.

Gemeinden – und die Grenzen ihres Grundrechteschutzes

Sie können sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zwar auf die Prozessgrundrechte aus Art. 103 Abs. 1 und Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG berufen2, nicht jedoch auf die materiellen Grundrechte3.

Auch die Rechtsschutzgarantie aus Art.19 Abs. 4 GG findet auf Gebietskörperschaften und deren Organe grundsätzlich keine Anwendung4.

Ob sich die Gemeinden im hier entschiedenen Fall ausnahmsweise auf Art.19 Abs. 4 GG berufen können5, hat das Bundesverfassungsgericht offen gelassen. Die Rüge, sie seien auch in Art.19 Abs. 4 GG verletzt, weil dieses prozessuale Grundrecht nicht nur garantiere, dass es überhaupt einen Zugang zu den Gerichten gebe, sondern dass damit auch ein effektiver Rechtsschutz gegen die Akte der öffentlichen Gewalt zur Verfügung stehe, was bei fachplanerischen Entscheidungen, die ihrerseits auf Gutachten gestützt würden, faktisch nicht mehr gegeben sei, ist jedenfalls unbegründet.

Alleine der Umstand, dass Planungsentscheidungen nur einer eingeschränkten Nachprüfung durch die Fachgerichte wie auch durch das Bundesverfassungsgericht unterliegen, führt nicht dazu, dass Rechtsschutz dabei regelmäßig ineffektiv wäre6. Die eingeschränkte Nachprüfbarkeit berücksichtigt die Gewaltenteilung und zudem die Besonderheiten der Fachplanung, die nicht als ein Vorgang der Subsumtion eines bestimmten Lebenssachverhalts unter die Tatbestandsmerkmale einer generell-abstrakten Norm verstanden werden kann. Eine Planungsentscheidung stellt auch keine generell-abstrakte Vorgabe für eine Vielzahl von Fällen dar. Es handelt sich vielmehr um einen komplexen Prozess der Gewinnung, Auswahl und Verarbeitung von Informationen, der Zielsetzung und der Auswahl einzusetzender Mittel. Planung hat mithin finalen und keinen konditionalen Charakter7. Dies findet im eingeschränkten gerichtlichen Prüfprogramm seinen Niederschlag, führt aber nicht zu einer unangemessenen Rechtsschutzverkürzung.

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Bundesverfassungsgericht, Beschlüsse vom 2. Juli 2018 – 1 BvR 682/12

  1. vgl. BVerfGE 61, 82, 101 ff.; 143, 246, 313 f. Rn. 187 ff.[]
  2. vgl. BVerfGE 61, 82, 104; 75, 192, 200; BVerfG, Beschluss vom 09.01.2007 – 1 BvR 1949/05, Rn. 18[]
  3. vgl. BVerfGE 138, 64, 83 Rn. 55; 143, 246, 313 Rn. 187 m.w.N.[]
  4. vgl. BVerfGE 129, 108, 118; ebenso BVerfG, Beschluss vom 06.09.2016 – 1 BvR 1305/13, Rn.20[]
  5. vgl. BVerfGE 107, 299, 310; BVerfG, Beschluss vom 19.03.2014 – 1 BvR 2169/13, Rn. 3 f. und 9 f.; Beschluss vom 26.02.2008 – 1 BvR 2327/07, Rn. 14[]
  6. vgl. BVerfGE 76, 107, 121 f.; 95, 1, 22 f.; 129, 1, 21 f.; 134, 242, 353 Rn. 323; BVerfGK 13, 294, 296 f.; BVerfG, Beschluss vom 19.12 2002 – 1 BvR 1402/01; zur verfassungsrechtlichen Würdigung der eingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle von Planungsentscheidungen vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 16.12 2015 – 1 BvR 685/12, Rn.19 ff.[]
  7. vgl. BVerfGE 95, 1, 16[]