Heranziehung zur Kreisumlage – bei rückwirkender Heilung der Haushaltssatzung

Erlaubt das Landesrecht eine rückwirkende Heilung fehlerhafter Haushaltssatzungen zur Erhebung der Kreisumlage auch nach Ablauf des betreffenden Haushaltsjahres, muss der Kreistag die bei Erlass der Heilungssatzung verfügbaren Informationen über den Finanzbedarf des Kreises und der kreisangehörigen Gemeinden in jenem Haushaltsjahr ermitteln und berücksichtigen.

Heranziehung zur Kreisumlage – bei rückwirkender Heilung der Haushaltssatzung

Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig jetzt in einem Verfahren aus Mecklenburg-Vorpommern entschieden. Die klagende Gemeinde wurde für das Haushaltsjahr 2013 zur Kreisumlage herangezogen. Das Oberverwaltungsgericht hielt die 2013 beschlossene Haushaltssatzung mangels förmlicher Anhörung der Gemeinden und eine 2018 erlassene Heilungssatzung wegen Ablaufs des Haushaltsjahrs 2013 für unwirksam. Mit Urteil vom 29. Mai 2019 – BVerwG 10 C 6.18 – verneinte das Bundesverwaltungsgericht eine bundesrechtliche Pflicht zur förmlichen Anhörung der umlagepflichtigen Gemeinden und verwies die Sache zur Klärung, ob die Umlageerhebung zu einer verfassungswidrigen Unterfinanzierung der Gemeinde führte, an das Oberverwaltungsgericht zurück. Der Kreistag hat 2020 aufgrund einer neuen landesgesetzlichen Ermächtigung den Haushalt für 2013 durch eine rückwirkende – zweite – Heilungssatzung erneut beschlossen.

Das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern in Greifswald hat diese Satzung für rechtmäßig gehalten und die Klage abgewiesen1. Die hiergegen gerichtete Revisin der Gemeinde hatte vor dem Bundesverwaltungsgericht Erfolg, das Bundesverwaltungsgericht hob das Urteil des Oberverwaltungsgerichts auf und verwies die Sache nochmals zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück an das Oberverwaltungsgericht:

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Das angegriffene Urteil hat die Grenzen, die das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht (Art. 28 Abs. 2 GG) der rückwirkenden Umlageerhebung zieht, unzutreffend konkretisiert. Es verbietet dem Landkreis, bei der Umlagefestsetzung seine finanziellen Interessen einseitig und rücksichtslos zu bevorzugen. Erhebt er die Umlage rückwirkend, muss er die bei Satzungserlass verfügbaren Informationen über den damaligen Finanzbedarf ermitteln und berücksichtigen. Das danach entscheidungserhebliche Vorbringen, der Landkreis habe 2013 Überschüsse in Millionenhöhe erwirtschaftet, hat das Oberverwaltungsgericht jedoch übergangen.

Auch den Einwand der Gemeinde, ihre Steuerhoheit werde durch die ihr abverlangten Umlagen entwertet, hat es nicht geprüft.

Darüber hinaus hätte es nicht offenlassen dürfen, ob die Heranziehung zur Kreisumlage für das Jahr 2013 für sich genommen oder im Zusammenwirken mit anderen Umlagen zu einer verfassungswidrigen strukturellen und dauerhaften Unterfinanzierung der Gemeinde führte. In solchen Fällen ist die Umlageerhebung nur wirksam, wenn die Gemeinde eine erfolgversprechende Möglichkeit hat, zusätzliche Finanzmittel oder eine Umlagebefreiung zu erlangen. Dagegen lässt das angegriffene Urteil genügen, dass eine Rechtsgrundlage für Befreiungen bestand, und übergeht, dass der Landkreis eine Befreiung der Gemeinde abgelehnt hat.

Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 29. November 2022 – 8 C 13.21

  1. OVG MV, Urteil vom 28.10.2020 – 2 L 463/16[]

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