Hochschulzugang mit Abitur oder gesonderte Eignungsfeststellungsverfahren?

Das Abitur stellt nach wie vor das Kriterium für den Hochschulzugang dar. Nur in Ausnahmefällen darf daneben auf gesonderte Eignungsfeststellungsverfahren zurück gegriffen werden. Mit dieser Begründung ermöglichte es der Bayerische Verwaltungsgerichtshof einem angehenden Architekturstudenten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, sein Bachelorstudium Architektur an der Technischen Universität München vorläufig aufzunehmen.

Hochschulzugang mit Abitur oder gesonderte Eignungsfeststellungsverfahren?

Die TU München hat für eine Reihe von Studiengängen von der gesetzlichen Ermächtigung Gebrauch gemacht, für die Aufnahme des Studiums neben der allgemeinen Hochschulreife (Abitur) den Nachweis der Eignung in einem Eignungsfeststellungsverfahren zu verlangen. Die Satzungen der TU München sehen hierzu ein zweistufiges Eignungsfeststellungsverfahren vor. Im Rahmen der ersten Stufe werden ausschließlich die Abiturdurchschnittsnote sowie jeweils fachspezifische Einzelnoten aus den letzten vier Halbjahren berücksichtigt. Bewerber mit guten Noten werden direkt zum Studium zugelassen, während solche unterhalb einer bestimmten Punktzahl als ungeeignet abgelehnt werden. Mit den übrigen Bewerbern wird auf der zweiten Stufe des Eignungsfeststellungsverfahrens ein Auswahlgespräch geführt, auf dessen Basis dann unter Berücksichtigung der Abiturdurchschnittsnote über die Zulassung entschieden wird. Der Antragsteller im entschiedenen Fall, der bereits aufgrund seiner Noten ohne Durchführung eines Auswahlgesprächs abgelehnt worden war, hatte hiergegen den Rechtsweg beschritten.

Der Bayerische Veerwaltungsgerichtshof hat die Beschwerde der TU MÜnchen gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts München im vorläufigen Rechtsschutz zurückgewiesen. Zwar habe es der Gesetzgeber den Hochschulen im Interesse der Verbesserung des Studienerfolgs ermöglichen wollen, bei Studiengängen mit besonderen qualitativen Anforderungen Eignungsfeststellungen durchzuführen. Gleichwohl stehe es den Hochschulen nicht frei, den Hochschulzugang uneingeschränkt zu begrenzen. Grundsätzlich berechtige die allgemeine Hochschulreife nach wie vor zur Aufnahme eines Studiums an einer Universität.

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Innerhalb vorhandener und mit öffentlichen Mitteln geschaffener Kapazitäten habe der Einzelne bei entsprechender Qualifikation Anspruch auf Teilhabe und Zugang zum Hochschulstudium seiner Wahl. Der Ausnahmecharakter des Eignungsfeststellungsverfahrens komme auch darin zum Ausdruck, dass ein solcher Nachweis nach dem bayerischen Hochschulrecht nur bei jeweils zu begründenden „besonderen“ qualitativen Anforderungen verlangt werden könne. Die Kriterien zum Eignungsfeststellungsverfahren müssten sich deshalb inhaltlich möglichst genau an den besonderen Anforderungen des jeweiligen Studiums orientieren. Des Weiteren müssten die nach Auffassung der Hochschule zu erfüllenden besonderen qualitativen Anforderungen sich in den Auswahlkriterien widerspiegeln und im Auswahlverfahren überprüft werden. Außerdem dürften Bewerber – soweit sie nicht offenkundig ungeeignet seien – nicht allein aufgrund ihrer Schulnoten ausgeschlossen werden, sondern müssten die Möglichkeit haben, ihre Eignung auch durch außerhalb der Schule erworbene einschlägige Fähigkeiten nachzuweisen (Grundsatz der Chancenoffenheit).

Gemessen an diesen rechtlichen Anforderungen erweise sich, so der BayVGH, die von der TUM erlassene Regelung als unzureichend und mit der durch das Grundgesetz gewährleisteten Berufsausbildungsfreiheit nicht vereinbar. Die TUM habe z.B. ausreichendes Durchhaltevermögen und besondere Fähigkeit zur Problemlösung bei komplexen Fragestellungen, aber auch ein besonderes Interesse an den Problemstellungen des jeweiligen Studiums sowie eine über das Niveau üblicher anerkannter Sprachzertifikate hinausgehende (Fach-)Sprachkompetenz als Eignungsparameter festgelegt. Es erscheine fraglich, ob es sich hierbei um besondere, über die allgemeine Hochschulreife hinausgehende qualitative Anforderungen an den jeweiligen Studiengang handele. Hinzu komme, dass die Eignung nach der Satzung der TUM u. a. Engagement in sozialen, gesellschaftspolitischen oder kulturellen Bereichen voraussetze, die insbesondere Belange von Umwelt und Lebensraum beträfen. Dieser Eignungsparameter werde im Rahmen der Vorauswahl auf der ersten Stufe aber nicht geprüft und es bleibe möglicherweise geeigneten Bewerbern von vornherein verwehrt, dieses Eignungskriterium nachzuweisen. Schließlich verfüge der Antragsteller aufgrund seines mehrjährigen Schulbesuchs in Großbritannien über fließende Englischkenntnisse in Wort und Schrift. Obwohl die TUM für das Architekturstudium sprachliche Ausdrucksfähigkeit in mindestens einer Fremdsprache verlange, finde dies aufgrund der Vorauswahl auf der ersten Stufe allein anhand der Schulnoten keine Berücksichtigung.

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Vergleichbare Entscheidungen sind auch zu den Studiengängen ‚Wissenschaftliche Grundlagen des Sports’ und ‚Entwicklung und Konstruktion’ ergangen.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 22. Dezember 2009 – 7 CE 09.2466