Kein 2G im hessischen Einzelhandel

Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat auf Antrag einer Modehändlerin festgestellt, dass diese instweilen berechtigt ist, ihre Verkaufsstätte ohne Anwendung der sogenannten 2 G Regelung, wie sie mit der der Coronavirus-Schutzverordnung vom 24. November 2021 eingeführt wurde, zu betreiben.

Kein 2G im hessischen Einzelhandel

Die Modehändlerin betreibt an drei Standorten Modehäuser, unter anderem eines in Hanau. Dort werden hauptsächlich Kleidungsprodukte des täglichen Bedarfs, Unterwäsche und Oberbekleidung, Tag- und Nachtwäsche sowie Kinder- und Babykleidung verkauft.

Am 25. Januar 2022 hat sie um einstweiligen Rechtsschutz gegen die sogenannte 2 G Regelung nachgesucht. Die Modehändlerin ist der Auffassung, dass ihr Ladengeschäft unter die Ausnahmeregelung des § 21 Satz 2 Coronavirus-Schutzverordnung fallen müsse. Die Mode- und Bekleidungsbranche zähle letztendlich zur Grundversorgung. Im Übrigen sei die Aufzählung der Ausnahmen in § 21 Satz 2 Coronavirus-Schutzverordnung nicht abschließend. Es sei nicht einzusehen, warum unstreitig Betrieben der akuten Versorgung der Bevölkerung wie Apotheken, Drogerien, Tankstellen aber auch solchen wie Gartenmärkte und Blumenfachgeschäfte eine Ausnahme von der 2 G Regelung zuerkannt werde, Bekleidungs- und Modegeschäfte jedoch nicht zur Grundversorgung zählen sollen.

§ 21 der hessen Corona Virus-Schutzverordnung lautet wie folgt:

Verkaufsstätten und ähnliche Einrichtungen

(1) Der Betrieb von Einrichtungen des Groß- und Einzelhandels, einschließlich der Wochenmärkte, Spezialmärkte und vergleichbarer Verkaufsveranstaltungen sowie Direktverkäufe vom Hersteller oder Erzeuger und der Geschäfte des Lebensmittelhandwerks, sowie von Poststellen, Banken, Sparkassen, Tankstellen, Wäschereien und ähnlichen Einrichtungen ist zulässig, wenn 

  1. für den Publikumsbereich ein Abstands- und Hygienekonzept nach § 5 vorliegt und umgesetzt wird und
  2. nur Kundinnen und Kunden mit Negativnachweis nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 eingelassen werden.

(2) Satz 1 Nr. 2 gilt nicht für den Lebensmittelhandel einschließlich der Direktvermarktung und der Geschäfte des Lebensmittelhandwerks, für Wochen- und Spezialmärkte, Getränkemärkte, Reformhäuser, Babyfachmärkte, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Optiker, Hörakustiker, Buchhandlungen, Stellen des Zeitungsverkaufs, Blumenfachgeschäfte, Tierbedarfsmärkte, Futtermittelmärkte, Bau- und Gartenmärkte und für den Großhandel sowie für Poststellen, Banken, Sparkassen, Tankstellen, Wäschereien und ähnlichen Einrichtungen.

Unter Bezugnahme auf den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19. Januar 2022 ist auch das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main zu der Feststellung gelangt, dass aus der Coronavirus-Schutzverordnung nicht mit hinreichender Gewissheit hervorgehe, welche Ladengeschäfte unter die Zugangsbeschränkung 2 G fallen sollten. Der Verordnungsgeber lasse zwar die Absicht erkennen, die Ladengeschäfte des Einzelhandels nicht in ihrer Gesamtheit dem Erfordernis der 2 G Regelung zu unterwerfen, sondern nach branchenspezifischen Regelungen eine Differenzierung vorzunehmen. Einerseits wurden Lebensmittelmärkte und Apotheken, die der lebensnotwendigen Versorgung der Bevölkerung dienen, andererseits aber auch Buchhandlungen und Blumenfachgeschäfte und Gartenmärkte von den Zugangsvoraussetzungen ausgenommen.

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Aus der amtlichen Begründung der Coronavirus-Schutzverordnung werde nur auf die „bevorstehende Weihnachtszeit“ Bezug genommen. Das Gericht hat erhebliche Zweifel, ob es sich hierbei überhaupt um eine taugliche Begründung handele, jedenfalls müsse der Verordnungsgeber bei einer Verlängerung der Geltungsdauer erneut die Regelungen auf ihre Notwendigkeit hin überprüfen.

Die Richter konnten aufgrund der Aneinanderreihung der Ausnahmeregelungen keine übergeordneten Kriterien erkennen, die für eine Auslegung der Formulierung „und ähnliche Einrichtung“ in § 21 Satz 2 der Corona Virus-Schutzverordnung heranzuziehen wären. Weder der Wortlaut der Verordnung noch die Begründung derselben äußern sich dazu, welche Betriebe der „Grundversorgung“ privilegiert werden sollen. Das Verwaltungsgericht Frankfurt a.M. hat dann auf die Begrifflichkeiten im Sozialrecht zurückgegriffen. Zu den im Sozialgesetzbuch II normierten Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts zählen neben der Ernährung, der Körperpflege und dem Hausrat auch die Kleidung. In Anlehnung an diese Definition sei zumindest ein Mindestbedarf an Kleidung zur Grundversorgung zu zählen.

Das Verwaltungsgericht Frankfurt a.M. kam deshalb zu dem Schluss, dass die Modehändlerin in ihrem Grundrecht auf Gleichbehandlung, folgend aus Art. 3 Abs. 1 GG durch die Coronavirus-Schutzverordnung verletzt sei, und gab ihrem Eilantrag statt. 

Hinzuweisen ist allerdings darauf, dass das Entfallen des Negativnachweises prozessrechtlich nur für die drei Modehäuser der antragstellenden Händlerin gilt.

Verwaltungsgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 31. Januar 2022 – 5 L 182/22.F

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