Auf die Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit besteht nach einer aktuellen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann ein Anspruch, wenn die Identität des Einbürgerungsbewerbers geklärt ist.

Mit dieser Entscheidung widerspricht das Bundesverwaltungsgericht der gegenteiligen Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichtgs für das Land Nordrhein-Westfalen[/post], dass in der Vorinstanz den Einbürgerungsanspruch trotz ungeklärter Identität zugesprochen hatte1.
Dem hier entschiedenen Rechtsstreit liegt der Fall einer kurdischen Volkszugehörigen yezidischen Glaubens zu Grunde, die 1995 als siebenjähriges Kind nach Deutschland einreiste. Sie wurde gemeinsam mit ihren Eltern und Geschwistern im Mai 1999 wegen einer Gruppenverfolgung der Yeziden in der Türkei als Asylberechtigte anerkannt. Seit Juni 1999 ist die Klägerin im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, die als Niederlassungserlaubnis fortgilt. Sie erhielt erstmals im Juli 2004 einen Reiseausweis für Flüchtlinge, in dem vermerkt war „Identität nicht nachgewiesen“. In dem zuletzt 2008 ausgestellten Reiseausweis ist vermerkt, die eingetragenen Personalien beruhten auf eigenen Angaben.
Im September 2004 beantragte die Klägerin, sie einzubürgern. Auf wiederholte Aufforderungen der Einbürgerungsbehörde, einen Auszug aus dem Geburtseintrag der türkischen Standesamtsbehörde bzw. andere Identitätsnachweise vorzulegen, erklärte die Klägerin, sie sei dazu nicht in der Lage. Daraufhin lehnte die beklagte Stadt Hagen im Januar 2007 den Antrag ab, weil die Identität der Klägerin unklar sei. Mit ihrer nach erfolglosem Widerspruch erhobenen Klage hat sich die Klägerin u.a. darauf berufen, ihr sei es als Asylberechtigter unzumutbar, mit dem türkischen Staat Kontakt wegen amtlicher Unterlagen aufzunehmen. Ihre Identität sei durch ihren Reiseausweis belegt.
Das erstinstanzlich hiermit befasste Verwaltungsgericht Arnsberg hat die Klage abgewiesen2. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster hat der Berufung der Klägerin stattgegeben und die beklagte Stadt Hagen verpflichtet, die Klägerin in den deutschen Staatsverband einzubürgern. Sie habe einen Anspruch auf Einbürgerung aus § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG 2005. Die Identität des Einbürgerungsbewerbers sei keine (geschriebene oder ungeschriebene) Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG (alter und neuer Fassung) und deshalb im Einbürgerungsverfahren nicht (mehr) zu prüfen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat nun diese Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts wird eine Klärung der Identität des Einbürgerungsbewerbers in der gesetzlichen Regelung insbesondere des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und 5 StAG sowie der Ausschlussgründe nach § 11 StAG 2005 vorausgesetzt. Eine verlässliche Prüfung wesentlicher Einbürgerungsvoraussetzungen ist sonst nicht möglich. Entgegen der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts ist die Einbürgerungsbehörde zu einer Identitätsprüfung nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet.
Da das Oberverwaltungsgericht keine abschließende Prüfung der Identität der Klägerin vorgenommen hat, hat das Bundesverwaltungsgericht den Rechtsstreit zur Nachholung dieser Prüfung zurückverwiesen. Hierzu hat das Bundesverwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass die vorliegenden Reiseausweise der Klägerin weder abschließende noch andere Behörden bindende Identitätsfeststellungen enthalten. Das Oberverwaltungsgericht wird die Zumutbarkeit der von der Klägerin geforderten Mitwirkungshandlungen überprüfen und gegebenenfalls auch selbst weitere Ermittlungen anstellen müssen.
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 1. September 2011 – 5 C 27.10