Keine nuklearmedizinischen Bettenstation an der Uniklinik Düsseldorf

Das Universitätsklinikum Düsseldorf ist nicht zur Wiedererrichtung einer nuklearmedizinischen Bettenstation verpflichtet. Mit diesem Urteil wies jetzt das Bundesverwaltugnsgericht letztinstanzlich die Klage eines Düsseldorfer Medizinprofessors ab.

Keine nuklearmedizinischen Bettenstation an der Uniklinik Düsseldorf

Hat der Vorstand eines organisatorisch verselbständigten Universitätsklinikums im tatsächlich erteilten Einvernehmen mit dem medizinischen Fachbereich der Universität die Schließung einer Bettenstation beschlossen, kann der davon betroffene Hochschullehrer nicht in einem Verfahren gegen das Universitätsklinikum die Wiedereinrichtung der Bettenstation mit der Begründung verlangen, der medizinische Fachbereich habe sein Einvernehmen mit der Schließung rechtswidrig unter Verletzung der ihm – dem Hochschullehrer – in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG garantierten Wissenschaftsfreiheit erteilt.

Der Kläger des hier vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Rechtsstreits ist Universitätsprofessor für Nuklearmedizin an dem medizinischen Fachbereich der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und zugleich Leiter der Nuklearmedizinischen Klinik des beklagten Universitätsklinikums, das gegenüber der Universität und deren Fachbereich Medizin organisatorisch verselbständigt ist. Zur Nuklearmedizinischen Klinik gehören neben einer Einrichtung zur ambulanten Behandlung von Patienten auf dem Gelände des Universitätsklinikums eine weitere derartige Einrichtung und eine der stationären Behandlung von Patienten dienende Bettenstation auf dem Gelände des Forschungszentrums Jülich. Bis Anfang des Jahres 2007 verfügte die Nuklearmedizinische Klinik zudem über eine auf dem Gelände des Universitätsklinikums gelegene Bettenstation. Im September 2006 beschloss der Vorstand des Universitätsklinikums, die Bettenstation auf dem Klinikgelände zu schließen und berief sich hierfür u. a. auf wirtschaftliche Gründe. Er setzte den Schließungsbeschluss in der Folgezeit um. Seit Sommer 2011 wird in den Räumen der ehemaligen Bettenstation eine palliativmedizinische Einrichtung betrieben.

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Der Kläger sieht sich durch die Stationsschließung des beklagten Universitätsklinikums in seiner durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG geschützten Wissenschaftsfreiheit verletzt und versuchte in einem gegen das Klinikum gerichteten Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, die Umsetzung des Schließungsbeschlusses zu verhindern bzw. eine Wiedereröffnung der Station zu erreichen.

Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster hat in einem gegen das beklagte Universitätsklinikum betriebenen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die vom Kläger beantragte einstweilige Anordnung zunächst abgelehnt. Auf die Verfassungsbeschwerde des Klägers hin hob das Bundesverfassungsgericht diesen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts auf. Nachdem das Oberverwaltungsgericht daraufhin nochmals den Erlass einer einstweiligen Anordnung ablehnte, wandte sich der Kläger wiederum mit einer Verfassungsbeschwerde an das Bundesverfassungsgericht, dass auch diesen zweiten Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Münster wieder aufhob.

Das Bundesverfassungsgericht beanstandete im Wesentlichen, das Oberverwaltungsgericht inMünster habe verkannt, dass dem im nordrhein-westfälischen Hochschulrecht vorgesehenen Erfordernis des Einvernehmens der medizinischen Fachbereiche mit für Forschung und Lehre relevanten Entscheidungen der Universitätskliniken eine grundrechtssichernde Wirkung für die Wissenschaftsfreiheit der medizinischen Hochschullehrer zukomme.

Daraufhin gab das Oberverwaltungsgericht Münster dem beklagten Universitätsklinikum im Juni 2010 in einem Eilbeschluss auf, zum Zweck der Beseitigung der Folgen rechtswidrigen Verwaltungshandelns sofort die Wiedereröffnung und den Weiterbetrieb einer dem früheren Zustand gleichwertigen nuklearmedizinischen Bettenstation auf dem Klinikumsgelände zu ermöglichen.

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Im Klageverfahren hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf die unter anderem auf Wiedereröffnung der Bettenstation gerichtete Klage abgewiesen1. Das Oberverwaltungsgericht in Münster dagegen hat im Berufungsverfahren das beklagte Universitätsklinikum – wie schon zuletzt im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes – gestützt auf einen Folgenbeseitigungsanspruch zur Wiedereröffnung der Bettenstation verurteilt2: Der Kläger sei, so das Oberverwaltungsgericht, in seinem Recht auf verfahrensförmige Gewährleistung individueller Forschungsfreiheit verletzt. Das Oberverwaltungsgericht hat sich hierfür auf die Regelung des nordrhein-westfälischen Hochschulrechts bezogen, nach der Entscheidungen der Universitätskliniken im Einvernehmen mit den medizinischen Fachbereichen zu treffen sind, soweit der Bereich von Forschung und Lehre betroffen ist. Zwar hätten sowohl das Dekanat als auch der Fachbereichsrat ihr Einvernehmen mit der Schließung der Bettenstation in einem tatsächlichen Sinne erteilt, jedoch nicht in einer Weise, welche der in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG garantierten Wissenschaftsfreiheit gerecht werde. Das beklagte Universitätsklinikum sei deshalb gehindert gewesen, den Schließungsbeschluss zu fassen bzw. an diesem festzuhalten.

Das Bundesverwaltungsgericht hat nun der gegen diese Berufungsentscheidung gerichteten Revision des beklagten Universitätsklinikums stattgegeben und damit die klageabweisende erstinstanzliche Entscheidung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf wiederhergestellt:

Die Schließung der Bettenstation ist nicht rechtswidrig gewesen, beschied das Bundesverwaltungsgericht den Kläger. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muss der (Landes-) Gesetzgeber bei der Regelung der Organisation der Universitätskliniken zwischen der Wissenschaftsfreiheit der medizinischen Hochschullehrer aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG einerseits und der durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und das Sozialstaatsprinzip des Art.20 Abs. 1 GG geforderten bestmöglichen Krankenversorgung andererseits einen angemessenen Ausgleich finden. Diesem Ausgleich dient es, dass nach dem nordrhein-westfälischen Landesrecht die Entscheidungskompetenzen der Universitätskliniken vorrangig auf die Krankenversorgung bezogen sind, die Aufgabe medizinischer Forschung und Lehre jedoch in erster Linie bei den medizinischen Fachbereichen der Universitäten verbleibt.

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Deren primäre Zuständigkeit für die Wissenschaftsfreiheit wird im Hinblick auf den Klinikumsbetrieb organisatorisch dadurch gesichert, dass Entscheidungen der Universitätskliniken des Einvernehmens der Fachbereiche bedürfen, soweit sie Forschung und Lehre betreffen. Dieser Ausgleich wird verfehlt, wenn die Klinikvorstände, wie von dem Oberverwaltungsgericht gefordert, mit der Aufgabe belastet werden, die Erteilungen des Einvernehmens durch die medizinischen Fachbereiche daraufhin zu kontrollieren, ob sie unter Wahrung der Erfordernisse der Wissenschaftsfreiheit zustande gekommen sind. Die damit verbundenen Fragen kann ein Hochschullehrer, der sich in seiner Wissenschaftsfreiheit betroffen sieht, gerichtlich nur im Verhältnis zu seinem hierfür in erster Linie verantwortlichen Fachbereich klären lassen.

Der Hochschullehrer wird hierdurch in seinem Recht auf effektiven Rechtsschutz aus Art.19 Abs. 4 GG nicht beeinträchtigt. Denn solange der Fachbereich sein Einvernehmen zu einer wissenschaftsrelevanten Entscheidung des Universitätsklinikums auch im tatsächlichen Sinne nicht erteilt hat, kann der Hochschullehrer dies dem Klinikum entgegenhalten. Hat der Fachbereich sein Einvernehmen erteilt, muss der Hochschullehrer den Fachbereich im Wege der Leistungsklage auf die Rücknahme des Einvernehmens in Anspruch nehmen, wenn er das Einvernehmen wegen einer Verletzung seiner Wissenschaftsfreiheit für rechtswidrig hält.

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 19. März 2014 – 6 C 8.2013 –

  1. VG Düsseldorf, Urteil vom 13.07.2011 – 15 K 211/08[]
  2. OVG NRW, Beschluss vom 06.11.2012 – 15 A 1771/11[]
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