Keine Zuschüsse für die AfD-Stiftung

Vor dem Bundesverfassungsgericht blieb jetzt die Verfassungsbeschwerde einer der Partei Alternative für Deutschland (AfD) nahe stehenden politischen Stiftung ohne Erfolg, mit der die Stiftung unter anderem erreichen wollte, dass ihr Zuschüsse zur gesellschaftspolitischen und demokratischen Bildungsarbeit gewährt werden.

Keine Zuschüsse für die AfD-Stiftung

Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde aus prozessualen Gründen nicht zur Entscheidung angenommen, da der Rechtsweg nicht erschöpft sei und der Stiftung die Beschwerdebefugnis fehle, soweit sie unmittelbar das Haushaltsgesetz und Beschlüsse des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages angreift. Eine Entscheidung in dem von der AfD beantragten inhaltsgleichen Organstreitverfahren1 steht noch aus.

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Der Ausgangssachverhalt

Der Verein, ein eingetragener Verein, wendet sich mit seiner Verfassungsbeschwerde im Wesentlichen gegen das Unterlassen des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat, dem Verein Globalzuschüsse zur gesellschaftspolitischen und demokratischen Bildungsarbeit auszuzahlen beziehungsweise nachzuzahlen, und gegen entsprechende Ablehnungs- beziehungsweise Widerspruchsbescheide des Bundesverwaltungsamtes. Weiter wendet er sich gegen den Beschluss des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages, den Antrag der Fraktion der AfD abzulehnen, zugunsten des Vereins solche Globalzuschüsse in das Haushaltsgesetz für 2019 einzustellen, gegen einen Vorschlag des Bundesministeriums der Finanzen über eine korrigierte Neufassung des Entwurfs zum Bundeshaushaltsplan, gegen einen entsprechenden Beschluss des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages und gegen das Haushaltsgesetz 2019, das keine solchen Globalzuschüsse zugunsten des Vereins, wohl aber Fördermittel zugunsten anderer parteinaher Stiftungen vorsieht. Schließlich beanstandet die Verfassungsbeschwerde das Unterlassen des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat, darauf hinzuwirken, dass die anderen parteinahen Stiftungen den Verein zu ihren sogenannten „Stiftungsgesprächen“ hinzuziehen.

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Fehlende Erschöpfung des Rechtswegs zu den Verwaltungsgerichten

Soweit sich der Verein dagegen wendet, dass das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat ihm auf seine Anträge keine Globalzuschüsse gewährt und das Bundesverwaltungsamt im Auftrag des Bundesministeriums entsprechende Ablehnungsbescheide und einen Widerspruchsbescheid erlassen hat, hat er nicht den Rechtsweg erschöpft (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG).

Entgegen der Ansicht des Vereins ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet, § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art.

Für die Bestimmung der Rechtsnatur des Streits kommt es auf das Rechtsverhältnis an, in dem die geltend gemachten Ansprüche wurzeln; dabei ist maßgebend auf das verfassungsrechtliche Grundverhältnis abzustellen. Auf die Vorstellung des Vereins und die von ihm behauptete Rechtsnatur des Streitverhältnisses kommt es hingegen nicht an2.

Ein verfassungsrechtliches Rechtsverhältnis kann nur zwischen Faktoren bestehen, die am Verfassungsleben beteiligt sind3. Die geltend gemachten Ansprüche müssen sich aus einem beide Teile umschließenden materiellen Verfassungsrechtsverhältnis ergeben4, mithin aus Rechtsbeziehungen, die zwischen Verfassungsorganen oder am Verfassungsleben beteiligten Organen zueinander bestehen5.

Dies ist beim Verein, einem eingetragenen Verein, nicht der Fall. Er steht zwar der Alternative für Deutschland (AfD) nahe, hebt aber in seiner Verfassungsbeschwerde selbst hervor, dass er von dieser Partei deutlich abgegrenzt, nach seiner Satzung rechtlich selbständig und organisatorisch unabhängig ist. Die Abwehr einer Grundrechtsverletzung ist auch nicht allein deshalb dem Verfassungsrechtskreis zuzurechnen, weil nicht eine Verwaltungsbehörde, sondern ein Verfassungsorgan gehandelt hat oder weil sich die Maßnahme ihrerseits nach Verfassungsrecht beurteilt6.

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Den verwaltungsgerichtlichen Rechtsweg hat der Verein bislang nicht erschöpft. Zwar hat er vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat einen rechtsmittelfähigen Bescheid über die dort gestellten Anträge gefordert und jedenfalls gegen den Ablehnungsbescheid des beauftragten Bundesverwaltungsamts vom 07.12 2018 Widerspruch erhoben (§§ 68 ff. VwGO). Der Verein ist jedoch weiterhin gehalten, gegen die Ablehnungsbescheide in Gestalt der späteren Widerspruchsbescheide Anfechtungsklagen zu erheben (§ 42 Abs. 1, § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) und gegebenenfalls die nach der Verwaltungsgerichtsordnung statthaften Rechtsmittel einzulegen.

Eine Vorabentscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist nicht veranlasst. Der Verein hat nicht hinreichend dargelegt, dass die Verfassungsbeschwerde von allgemeiner Bedeutung ist oder dass ihm ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde, falls er zunächst auf den Rechtsweg verwiesen würde (§ 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG). Es ist nicht erkennbar, dass über den Einzelfall des Vereins hinaus zahlreiche gleichgelagerte Fälle mitentschieden werden würden7. Auch die vom Verein geäußerte Auffassung, er (sein Fall) liege „in den nächsten Jahren so sinnlos wie kostenträchtig vor den Verwaltungsgerichten“, begründet allenfalls einen Nachteil allgemeiner Natur, wie er sich durch die Rechtsverfolgung im Prozess ergeben kann, der aber keine vorzeitige Entscheidung durch das Bundesverfassungsgericht rechtfertigt8. Soweit der Verein geltend macht, dass ihm für den Weg durch den verwaltungsgerichtlichen Instanzenzug die erforderlichen finanziellen Mittel fehlen, hat er diese Behauptung nicht belegt und sich dabei auch nicht mit der Möglichkeit der Gewährung von Prozesskostenhilfe (§ 166 VwGO) auseinandergesetzt.

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Fehlende Beschwerdebefugnis gegen die Beschlüsse des Bundestags

Soweit der Verein unmittelbar Beschlüsse des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages und das Haushaltsgesetz 2019 angreift, fehlt ihm die Beschwerdebefugnis. Er ist nicht selbst, gegenwärtig und unmittelbar in Grundrechten betroffen9. Denn wie die Verfassungsbeschwerde selbst erkennt, entfaltet das Haushaltsgesetz keine unmittelbare Außenwirkung und begründet dementsprechend keine Ansprüche Dritter10. Dies gilt erst recht für die angegriffenen Beschlüsse des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages und den einem solchen Beschluss zugrundeliegenden Entwurf des Bundesministeriums der Finanzen.

Untauglicher Beschwerdegegenstand

Soweit die Verfassungsbeschwerde schließlich bemängelt, das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat unterlasse es fortdauernd, dass auch der Verein zu „Stiftungsgesprächen“ hinzugezogen werde, fehlt es an einem hinreichend bestimmten, konkreten Akt der öffentlichen Gewalt als tauglichem Beschwerdegegenstand11. Der Verein legt lediglich dar, dass die parteinahen Stiftungen – mit Ausnahme des Vereins – in der Vergangenheit „Stiftungsgespräche“ durchgeführt hätten. Er trägt aber nicht vor, auf welche Art und Weise das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat auf den Teilnehmerkreis und den Ablauf solcher – von ihm nicht ausgerichteten – „Stiftungsgespräche“ hätte Einfluss nehmen können und müssen. Auch ist nicht erkennbar, auf welche – vergangenen oder zukünftigen – „Stiftungsgespräche“ und auf welches konkrete hoheitliche Handeln oder Unterlassen des Bundesministeriums sich die Verfassungsbeschwerde bezieht. Jedenfalls wäre der Verein auch insoweit gehalten, den behaupteten Grundrechtsverstoß zunächst im Verwaltungsrechtsweg geltend zu machen.

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Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 20. Mai 2019 – 2 BvR 649/19

  1. BVerfG – 2 BvE 3/19[]
  2. vgl. BVerfGE 42, 103, 110 f., 113; 62, 295, 313; 109, 1, 6 f.[]
  3. BVerfGE 1, 208, 221; 27, 240, 245 f.; vgl. auch BVerfGE 64, 301, 312 f.[]
  4. vgl. BVerfGE 2, 143, 159; 13, 54, 72 f.[]
  5. BVerwGE 36, 218, 228; 51, 69, 71[]
  6. vgl. BVerfGE 1, 208, 221; 13, 54, 72 f.; 27, 240, 246; BVerfG, Beschluss vom 14.10.1987 – 2 BvR 64/87, NVwZ 1988, S. 817 f.; BVerwG, Urteil vom 28.11.1975 – VII C 53/73, NJW 1976, S. 637, 638; BVerwGE 51, 69, 71[]
  7. vgl. BVerfGE 108, 370, 386[]
  8. vgl. BVerfGE 1, 69 f.; 8, 222, 226; BVerfGK 17, 448, 454 f.[]
  9. vgl. BVerfGE 1, 97, 101; 49, 1, 8; stRspr[]
  10. vgl. BVerfGE 1, 299, 307; 38, 121, 126; 55, 349, 362; 79, 311, 327; Sachs, in: Sachs, GG, 8. Aufl.2018, Art. 110 Rn. 37; Gröpl, in: Bonner Kommentar zum GG, 174. Aktualisierung September 2015, Art. 110 Rn.201, 239[]
  11. vgl. Lenz/Hansel, BVerfGG, 2. Aufl.2015, § 90 Rn. 157[]