Kiffen – THC-Grenzwerte für den Führerscheinentzug

Eine festgestellte TH- C-Konzentration von mind. 1, 0 ng/ml im Blutserum beim Führen eines Kraftfahrzeuges führt jedenfalls bei Hinzutreten drogentypischer Auffälligkeiten zur Annahme fehlenden Trennungsvermögens i.S.d. Nr. 9.02.2 der Anlage 4 zur FeV.

Kiffen – THC-Grenzwerte für den Führerscheinentzug

Rechtsgrundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis ist § 3 Abs. 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 FeV. Danach ist demjenigen, der sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist, die Fahrerlaubnis zu entziehen. Dies ist gem. § 46 Abs. 1 S. 2 FeV insbesondere der Fall, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 FeV vorliegt. So liegt der Fall hier. Der Antragsteller weist einen Mangel i.S.v. Nr. 9.02.2 der Anlage 4 zur FeV auf. Danach besteht Kraftfahreignung bei gelegentlichen Cannabiskonsumenten nur dann, wenn der Betroffene in der Lage ist, den Konsum und das Führen eines Kraftfahrzeuges ausreichend sicher zu trennen1.

Dies war hier beim Antragsteller nicht der Fall: Der Cannabiskonsum des Antragstellers ist jedenfalls als gelegentlicher Konsum einzustufen. Ein solcher liegt nach ständiger Rechtsprechung bereits dann vor, wenn zwei Mal in voneinander unabhängigen Konsumakten Cannabis konsumiert wurde2. Der Antragsteller hat in der Vergangenheit nach eigenen Angaben mehrmals Cannabis konsumiert. Bei der Verkehrskontrolle am 24.04.2014 gab er an, über die Osterfeiertage mehrere Joints konsumiert zu haben. In der Antragsschrift räumt der Antragsteller ein, vor dem 24.04.2014 gelegentlich und über einen längeren Zeitraum Cannabis konsumiert zu haben. Dem fachärztlichen Gutachten ist zu entnehmen, dass der Antragsteller in der Vergangenheit Cannabis konsumiert habe, sich aber nicht mehr an die Dauer und Häufigkeit des Konsums erinnern könne. Das Gutachten ist in sich nachvollziehbar und schlüssig. Es ist unerheblich, dass zum Begutachtungszeitpunkt kein THC und keine TH- C-Abbauprodukte im Urin des Antragstellers nachgewiesen werden konnten. Denn dies kann allenfalls eine Konsumpause belegen. Ebenso verhält es sich mit dem Befundbericht der MVZ Labor … GmbH vom 28.05.2015. Es ist einem gelegentlichen Konsum immanent, dass nicht permanent konsumiert wird und die entsprechenden Substanzen demzufolge auch nicht immer nachweisbar sind. THC und seine Abbauprodukte sind bei gelegentlichem Konsum ca. zwei bis vier Tage im Urin und ein bis fünf Tage im Blut nachweisbar3. Dass die Angaben, welche der Antragsteller im Rahmen der Begutachtung gemacht hat, auf einer anwaltlichen Falschberatung beruhen sollen, ist nicht hinreichend glaubhaft gemacht und stellt sich als Schutzbehauptung dar. Es ist weder näher dargelegt, was genau der damalige Rechtsanwalt geraten haben soll, noch werden hierfür nachvollziehbare Gründe vorgetragen. Im Übrigen stellt sich die Frage der Zurechnung.

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Der Antragsteller ist nicht in der Lage, den Konsum von Cannabis und das Führen von Kraftfahrzeugen hinreichend sicher zu trennen. Ein ausreichendes Trennungsvermögen, das eine gelegentliche Einnahme von Cannabis im Hinblick auf die Verkehrssicherheit hinnehmbar erscheinen lässt, ist nur gegeben, wenn der Konsument Fahren und Konsum in jedem Fall in einer Weise trennt, dass eine Beeinträchtigung seiner verkehrsrelevanten Eigenschaften durch die Einnahme von Cannabis unter keinen Umständen eintreten kann4. Das fehlende Trennungsvermögen des Antragstellers zeigt der Vorfall vom 24.04.2014, wo der Antragsteller unter dem Einfluss von Cannabis ein Kraftfahrzeug geführt hat. Letztlich kommt es auf die Entscheidung der in der Rechtsprechung umstrittenen Frage, ob das fehlende Trennungsvermögen bereits bei einer festgestellten TH- C-Konzentration von mindestens 1, 0 ng/ml Blutserum vermutet werden kann5 oder ob drogentypische Auffälligkeiten hinzutreten müssen6 nicht an. Denn der Antragsteller zeigte drogentypische Auffälligkeiten, welche die Polizeibeamten erst zur Durchführung eines Drogentestes veranlassten. Er hatte bei einem TH- C-Wert von 1, 33 ng/ml im Blut geweitete Pupillen, eine verlangsamte Pupillenreaktion, glasige Augen, zeigte Nervosität, zitterte an Händen und Füßen und wies ein Lidflattern beim Augentremortest auf.

Die Abstinenzbehauptung des Klägers geht ins Leere, da seit dem Gutachten vom 12.02.2015, welches zu dem Ergebnis kam, dass der Antragsteller Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes oder andere psychoaktiv wirkenden Stoffe einnimmt, der Jahreszeitraum i.S.d. Nr. 9.5 Anlage 4 der FeV noch nicht verstrichen ist.

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Auch die gerichtliche Interessenabwägung ergibt die Bestätigung des behördlich angeordneten Sofortvollzuges. Angesichts der vorliegend dargestellten Umstände überwiegen die Interessen der Allgemeinheit und der Verkehrssicherheit, vor als ungeeignet erwiesenen Kraftfahrern geschützt zu werden, die privaten Interessen des Antragstellers, bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung weiterhin als Führer eines Kraftfahrzeuges am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen zu dürfen. Ist – wie vorliegend – die Annahme der Nichteignung seitens des Antragsgegners gerechtfertigt, sind die sich aus der sofortigen Vollziehung der Entziehung für den Antragsteller ergebenden negativen Folgen beruflicher und persönlicher Art mit Blick auf die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs und die Rechtsgüter Dritter von ihm hinzunehmen7. Dies gilt vor allem im Hinblick auf die Probleme, welche sich für die Berufstätigkeit des Antragstellers ergeben.

Verwaltungsgericht Schwerin, Beschluss vom 12. Oktober 2015 – 4 B 2524/15 SN

  1. vgl. Schubert /Schneider /Eisenmenger /Stephan, 2. Auflage 2005, Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung, Kommentar, 2. Auflage 2005, Kapitel 3.12.1, S.171[]
  2. vgl. BVerwG, Urteil vom 23.10.2014, Az. 3 C 3/13 16 ff.[]
  3. vgl. Schubert /Schneider /Eisenmenger /Stephan, a.a.O., Kapitel 3.12.1 S. 178 f.[]
  4. vgl. BVerwG, a.a.O. 32[]
  5. vgl. bejahend VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.03.2006, Az. 10 S 2519/05 7[]
  6. vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 11.11.2004, Az. 11 CS 04.2348 15 ff.[]
  7. vgl. BVerfG, Beschluss vom 20.06.2002, Az. 1 BvR 2062/96, NJW 2002, S. 2378, 2380[]
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