Konkurrentenklage bei einem Konkordatslehrstuhl

Das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach hat in einem Eilverfahren die Wiederbesetzung einer W3-Professur für Praktische Philosophie am Institut für Philosophie an der Universität Erlangen-Nürnberg untersagt. Bei diesem Lehrstuhl handelt es sich um einen so genannten Konkordatslehrstuhl, der nach einer Vereinbarung zwischen dem Freistaat Bayern und dem Heiligen Stuhl (Konkordat von 1924, geändert im Jahr 1974) nur im Einvernehmen mit dem jeweiligen Diözesanbischof besetzt werden darf (Art. 3 § 5 des Konkordats).

Konkurrentenklage bei einem Konkordatslehrstuhl

Die bereits zum 1. April 2009 zu besetzende Stelle wurde von der Universität Erlangen-Nürnberg am 11. Oktober 2007 in der Wochenzeitung „Die Zeit“ und am 19. Oktober 2007 im Hochschulmagazin „duz“ ausgeschrieben. Auf die ausgeschriebene Stelle bewarb sich u. a. die Antragstellerin, eine Professorin aus Saarbrücken. Aus den insgesamt 60 eingegangenen Bewerbungen wählte der Berufungsausschuss der Hochschule zunächst 21 als qualifiziert angesehene Bewerberinnen und Bewerber aus, zu denen auch die Antragstellerin gehörte. Über jede dieser Personen wurde sodann nach Anforderung von vier wissenschaftlichen Publikationen durch jeweils ein Mitglied des Berufungsausschusses schriftlich referiert. Auf der Grundlage dieser Referate beschloss der Berufungsausschuss, 6 Bewerberinnen und Bewerber zu Vorstellungsvorträgen einzuladen. Die Antragstellerin wurde nicht in diesen engeren Kandidatenkreis aufgenommen.

Die Antragstellerin beantragte daraufhin erstmals im Juni 2008, im Wege einer einstweiligen Anordnung der Hochschule vorläufig zu untersagen, das Berufungsverfahren unter Anwendung des Bayerischen Konkordats fortzusetzen und die Stelle zu besetzen. Sie verfüge zwar über die notwendigen fachlichen Qualifikationen und Erfahrungen, es fehle ihr jedoch die Zugehörigkeit zur katholischen Kirche, so dass sie befürchten müsse, im Bewerbungsverfahren frühzeitig „aussortiert“ oder spätestens durch eine Erinnerung des Diözesanbischofs von der Besetzung der Stelle ausgeschlossen zu werden.

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Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung lehnte das Verwaltungsgericht Ansbach den Antrag unter anderem mit der Begründung ab, dass die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im Hinblick auf das hochschulrechtliche Auswahlverfahren durch § 44 a VwGO ausgeschlossen sei1. Eine Antragsbefugnis und ein Rechtsschutzinteresse könnten erst im Zusammenhang mit der beamtenrechtlichen Ernennung des ausgewählten Bewerbers und der Bekanntgabe der Ablehnung des Konkurrenten geltend gemacht werden. Darüber hinaus ging das Gericht davon aus, dass nicht angenommen werden könne, dass bereits im hochschulinternen Auswahlverfahren Art. 3 § 5 des Bayerischen Konkordats berücksichtigt worden wäre. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof wies die von der Antragstellerin hiergegen erhobene Beschwerde zurück.

Nach Eingang vergleichender Gutachten beschloss der Berufungsausschuss der Universität Erlangen-Nürnberg im März 2009 einen Berufungsvorschlag, der zwei Kandidaten enthielt. Nachfolgend erteilte der Bayerische Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst auf der Grundlage des Berufungsvorschlags der Universitätsleitung dem erstplatzierten Kandidaten den Ruf auf die W3-Professur für Praktische Philosophie. Nachdem dieser den Ruf abgelehnt hatte, erteilte der nach einer zwischenzeitlich eingetretenen Änderung der Rechtslage nunmehr hierfür zuständige Rektor (jetzt Präsident) der Universität Erlangen-Nürnberg den Ruf an die in der Berufungsliste zweitplatzierte Bewerberin, eine Professorin aus Berlin. Der Erzbischof von Bamberg erhob gegen die beabsichtigte Berufung keine Einwände. Nachdem die Antragstellerin von der Ruferteilung in Kenntnis gesetzt worden war, erhob sie hiergegen Widerspruch, über den bislang nicht entschieden wurde, und in der Folge Untätigkeitsklage zum Verwaltungsgericht Ansbach.

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Das Verwaltungsgericht Ansbach hat nun in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes dem Antrag der Antragstellerin, der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg zu untersagen, die ausgeschriebene Stelle der W3-Professur mit der ausgewählten Bewerberin zu besetzen, bis über die von ihr erhobene Klage gegen die Auswahlentscheidung entschieden worden ist, stattgegeben.

Die von der Antragstellerseite erneut aufgeworfene grundsätzliche Rechtsfrage, ob Art. 3 § 5 des Konkordats mit höherrangigem Recht, insbesondere Verfassungsrecht vereinbar ist, sieht das Gericht gegenwärtig als offen an, eine vertiefte Auseinandersetzung mit dieser Problematik müsse dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

Das Verwaltungsgericht Ansbach ging in seinem antragsablehnenden Beschluss vom 11. Dezember 2008 auf Grund der damaligen Aktenlage sowie dem Vortrag der Vertreter der Hochschule in der mündlichen Verhandlung dezidiert davon aus, dass die Frage der Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einer bestimmten Konfession für die Hochschule nicht entscheidungserheblich gewesen sei und dass die Hochschule auch nicht – gewissermaßen vorauseilend – geprüft habe, ob eventuell mit einer Erinnerung der katholischen Kirche zu rechnen sei.

Diese Annahme ist nach nunmehriger Auffassung des Verwaltungsgerichts Ansbach durch den jetzigen Sachvortrag der Antragstellerin, insbesondere die Vorlage eines Schreibens des Dekans an einen in die engere Auswahl genommenen Bewerber, in dem um die konkrete Angabe der Konfession gebeten wurde, substantiiert in Zweifel gezogen worden. Ob die Entscheidung über die systematische Abfrage der Religionszugehörigkeit auf der eigenen Entscheidung des Kommissionsvorsitzenden und nicht auf einem Kommissionsbeschluss beruhte, ob die erhaltenen Informationen den übrigen Kommissionsmitgliedern zugänglich gemacht wurden und ob sie im weiteren Auswahlverfahren letztlich eine entscheidungserhebliche Rolle gespielt haben, konnte von des Verwaltungsgerichts Ansbach im Rahmen des gegenständlichen Eilverfahrens nicht abschließend beurteilt werden. Diesbezüglich sieht das Verwaltungsgericht Ansbach Bedarf an einer weiteren Sachverhaltsaufklärung im Rahmen des Hauptsacheverfahrens.

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Auch die in der angefertigten Synopse enthaltene sehr knappe Bewertung der Antragstellerin bedarf nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Ansbach einer weitergehenden Überprüfung.

Ebenfalls einer eingehenderen Erörterung im Hauptsacheverfahren bedarf nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Ansbach die Frage, ob die Hochschule in Abweichung von der Soll-Vorschrift des Art. 18 Abs. 4 Satz 5 des Bayerischen Hochschulpersonalgesetzes triftige Gründe für die Aufstellung lediglich einer Zweier-Vorschlagsliste geltend machen kann. Nach dieser Vorschrift soll der Berufungsvorschlag des Berufungsausschusses drei Namen enthalten.

Angesichts der genannten offenen Sachverhalts- und Rechtsfragen gab das Verwaltungsgericht Ansbach zur Sicherung des grundrechtlich geschützten Bewerbungsverfahrensanspruchs der Antragstellerin dem streitgegenständlichen Antrag statt.

Bayerisches Verwaltungsgericht Ansbach, Beschluss vom 13. Dezember 2010 – AN 2 E 10.01011

  1. VG Ansbach, Beschluss vom 11.12.2008 – AN 2 E 08.00885[]