Der Aufwand für ein selbstentwickeltes Softwareprogramm stellt keine aufgewendeten besonderen Kosten dar, die nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 JVEG gesondert ersatzfähig wären. Simulationssoftware, mit der Modellannahmen berechnet werden können, gehört zur angemessenen technischen Ausstattung eines hydrologischen Gutachters. Die Kosten für sie sind übliche Gemeinkosten, die mit der stundensatzmäßigen Vergütung nach §§ 8 Abs. 1 Nr. 1, 9 Abs. 1 JVEG abgegolten werden.

Stundensätze[↑]
Das nach Stundensätzen zu bemessende Honorar eines Sachverständigen wird gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 JVEG für jede Stunde der erforderlichen Zeit einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten gewährt. Als erforderlich ist derjenige Zeitaufwand anzusetzen, den ein Sachverständiger mit durchschnittlichen Fähigkeiten und Kenntnissen braucht, um sich nach sorgfältigem Aktenstudium ein Bild von den zu beantwortenden Fragen machen zu können und nach eingehenden Überlegungen seine gutachterliche Stellungnahme zu den ihm gestellten Fragen schriftlich niederzulegen. Dabei sind der Umfang des ihm unterbreiteten Stoffes, der Grad der Schwierigkeit der zu beantwortenden Fragen unter Berücksichtigung seiner Sachkunde auf dem betreffenden Gebiet, der Umfang des Gutachtens und die Bedeutung der Sache angemessen zu berücksichtigen [1]. Die Angaben des Sachverständigen über die von ihm tatsächlich aufgewendete Zeit sind für das Honorar nicht allein maßgebend; das Gericht ist befugt, den berechneten Zeitaufwand des Sachverständigen unter Anlegung objektiver Maßstäbe nachzuprüfen [2]. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die Höhe der Sachverständigenvergütung gem. § 8 Abs. 2 Satz 1 JVEG sich nicht nach der tatsächlich aufgewandten, sondern nach der erforderlichen Zeit richtet [3]. Dem anrechnungsfähigen Zeitaufwand wird dadurch eine Obergrenze gesetzt, dass ein gerichtlicher Sachverständiger, insbesondere ein Fachhochschullehrer, fachliche Kompetenz gerade auf dem technischen Gebiet besitzt und besitzen muss, auf das sich die Begutachtung bezieht. Deshalb muss zwischen Fachkunde und zeitlichem Aufwand eine plausible Proportionalität gewahrt sein [4].
Aktenstudium und vorbereitende Arbeiten erfordern es, die Akten sorgfältig durchzuarbeiten und zur Vorbereitung der nachfolgenden gutachterlichen Untersuchung und Anamnese Notizen und ggf. Aktenauszüge zu fertigen. Zu berücksichtigen ist einerseits, dass ein mit der täglichen Durcharbeitung von Gerichtsakten nicht vertrauter Sachverständiger hierfür längere Zeit benötigt als ein in dieser Tätigkeit geübter Richter. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass für den Sachverständigen nur bestimmte Aktenteile von Interesse sind, die er herauszusuchen und zu erfassen hat, soweit es für die Beantwortung der Beweisfragen notwendig ist.
Die Rechtsprechung der Landessozialgerichte geht davon aus, dass bei medizinischen Gutachten ein Sachverständiger mit durchschnittlicher Befähigung und Erfahrung bei sachgemäßer Auftragserledigung mit durchschnittlicher Arbeitsintensität zwischen 50 – 200 Seiten pro Stunde beim Aktenstudium bewältigen kann [5]. Diese Grundsätze sind auf die hier vorliegenden hydrodynamischen Begutachtung vorsichtig übertragbar.
Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass konkrete Angaben des Sachverständigen über die tatsächlich aufgewendete Zeit richtig sind [6]. Auch wenn einzelne Stundenansätze nicht völlig plausibel erscheinen, ist zu berücksichtigen, dass die Arbeitsweise dem gerichtlichen Sachverständigen grundsätzlich selbst überlassen bleibt [7]. Ein Anlass zur Nachprüfung besteht nur dann, wenn der angesetzte Zeitaufwand im Verhältnis zur erbrachten Leistung ungewöhnlich hoch erscheint [8].
Kosten für Rechenleistung[↑]
Nicht anerkennungsfähig sind die vom Gutachter in Ansatz gebrachten „Kosten für die Zurverfügungstellung von Rechenleistung“.
Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 JVEG in der hier anzuwenden Fassung sind mit der Vergütung nach den §§ 9 bis 11 JVEG grundsätzlich auch die üblichen Gemeinkosten sowie der mit der Erstattung des Gutachtens oder der Übersetzung üblicherweise verbundene Aufwand abgegolten. Gesondert ersetzt werden daneben nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 JVEG (nur) die für die Vorbereitung und Erstattung des Gutachtens oder der Übersetzung aufgewendeten notwendigen besonderen Kosten, einschließlich der insoweit notwendigen Aufwendungen für Hilfskräfte, sowie die für eine Untersuchung verbrauchten Stoffe und Werkzeuge.
Solche gesondert abrechnungsfähigen Aufwendungen sind dem Sachverständigen durch den Einsatz des von ihm selbst entwickelten und in seinem Eigentum befindlichen Simulationsprogramms „C.“ nicht entstanden. Er musste keine „besonderen“ Kosten „aufwenden“, um das Programm für die Abwicklung des Gutachtenauftrags nutzen zu können; bei der Software handelt es sich auch nicht um „Werkzeug“, das für die Untersuchung „verbraucht“ worden wäre. § 12 Abs. 1 Nr. 1 JVEG setzt voraus, dass dem Gutachter besondere Aufwendungen aus Anlass der konkreten Gutachtenerstellung entstanden sind (sog. „Einzelkosten“; Hartmann, KostG, § 12 JVEG Rn. 1); kalkulatorische Abschreibungen auf Hilfsmittel oder Entwicklungskosten für eingesetzte EDV-Technik gehören dazu nicht. Technischer Aufwand für die Gutachtenerstellung kann allenfalls dann zu einer über die stundensatzmäßige Vergütung der §§ 8 Abs. 1 Nr. 1, 9 Abs. 1 JVEG hinausgehenden Vergütung führen, wenn die Anschaffungskosten keine „üblichen Gemeinkosten“ sind [9]. Abgesehen davon, dass es bei der Selbstentwicklung von Software – wie hier – an derartigen Anschaffungskosten fehlt, zählen nach der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfes zur Einführung des § 12 JVEG zu den üblichen Gemeinkosten u.a. „Aufwendungen, die sich aus einer angemessenen Ausstattung mit technischen Geräten … ergeben“, weil diese Aufwendungen bei der Regelung der Honorargruppen berücksichtigt worden und daher vom Stundenhonorar des JVEG abgedeckt seien [10]. Simulationssoftware, mit der die Modellannahmen berechnet werden können, gehört indes zur angemessenen technischen Ausstattung eines hydrologischen Gutachters, der hier immerhin nach Honorargruppe 9 gem. § 9 Abs. 1 JVEG vergütet wird. Sie ist daher zu den üblichen Gemeinkosten zu zählen, die nicht noch einmal gesondert bei der Vergütung in Anrechnung gebracht werden kann.
Materielle Einwände gegen das Sachverständigengutachten[↑]
Soweit der Kläger das Gutachten des Sachverständigen kritisiert, das seines Erachtens wesentliche Fragen nicht oder nicht ausreichend bzw. unzutreffend behandelt, handelt es sich um materielle Einwände, die im Kostenfestsetzungsverfahren nicht relevant sind. Der von Gericht bestellte Sachverständige handelt nicht im Rahmen eines Dienst- oder Werkvertrags [11]. Seine Vergütung bezieht sich nicht auf ein Werk, sondern auf seine Tätigkeit als Gehilfe des Gerichts, die er in Erfüllung einer staatsbürgerlichen Pflicht erbringt. Demzufolge sind sachliche Richtigkeit und Überzeugungskraft eines Sachverständigengutachtens kein Maßstab für die Höhe der dem Sachverständigen zu gewährenden Entschädigung; es kommt lediglich darauf an, dass die Leistung überhaupt erbracht wurde, nicht etwa auch darauf, wie das Gericht oder die Parteien das Gutachten inhaltlich beurteilen. Der Honoraranspruch steht dem Sachverständigen daher selbst dann zu, wenn das Gericht das Gutachten nicht für überzeugend erachtet und deshalb nicht zur Grundlage seiner Entscheidung macht [12]. Der Entschädigungsanspruch ist nur dann ausnahmsweise zu versagen, wenn das Gutachten wegen objektiv feststellbarer Mängel unverwertbar ist und der Sachverständige die Unverwertbarkeit verschuldet hat [13]. Unerheblich ist dagegen, wenn eine Partei aus subjektiven Gründen das Gutachten für nicht nachvollziehbar und damit unbrauchbar hält [14].
Es kann daher im vorliegenden Fall dahinstehen, ob die vom Kläger insoweit erhobene Kritik, zu der der Gutachter Stellung genommen und diesem seinerseits Missverständnisse vorgehalten hat, zutrifft. Denn die genannten Voraussetzungen liegen erkennbar nicht vor. Das Gutachten hat die im Beschluss des Verwaltungsgerichts gestellten Beweisfragen beantwortet; das Verwaltungsgericht hat es jedenfalls nicht für unverwertbar gehalten.
Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 11. September 2014 – 7 OA 39/13
- BGH, Beschluss vom 04.06.1987 – X ZR 27/86, NJW-RR 1987, 1470[↩]
- BGH, Beschluss vom 16.12.2003 – X ZR 206/98, MDR 2004, 776[↩]
- BVerfG, Beschluss vom 26.07.2007 – 1 BvR 55/07, JurBüro 2008, 44[↩]
- BGH, Beschluss vom 15.02.2011 – X ZR 7/09[↩]
- vgl. LSG Münster, Beschluss vom 03.05.2013 – L 15 U 629/12 B 25f. mwN[↩]
- OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.06.1995 – 10 WF 5/95, JurBüro 1996, S. 43; OLG Brandenburg, Beschluss vom 29.12.2010 – 13 W 41/09[↩]
- BGH, Beschluss vom 15.02.2011, aaO; OLG München, Beschluss vom 22.02.2014 – 11 W 40/14, IBR 2014, 185 mwN[↩]
- OLG München, Beschluss vom 22.02.2014, aaO; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.06.1995, aaO[↩]
- KG Berlin, aaO; vgl. auch OLG Schleswig, Beschluss vom 06.10.2005 – 1 Ws 221/05[↩]
- BT-Drs.15/1971 S. 177 ff.; KG Berlin, Beschluss vom 24.03.2009 – 2 U 76/06[↩]
- BayVGH, Beschluss vom 22.11.2007 – 8 C 07.1535, juris; ThürOVG, Beschluss vom 29.12.2009 – 4 VO 1005/06, juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.08.2012 – 2 S 1538/12[↩]
- VGH Baden-Württemberg, aaO[↩]
- Thür OVG, aaO mwN; VGH Baden-Württemberg, aaO[↩]
- BayVGH, aaO[↩]