Ein Anspruch auf Kostenübernahme für eine langfristige Einlagerung von Samenzellen für einen an Prostatakrebs erkrankten Polizeibeamten, der nach der erforderlichen Operation auf normalem Wege nicht mehr zeugungsfähig ist, besteht nicht.

Wie das Verwaltungsgericht Hannover nun entschieden hat, gibt es zwar gem. § 114 NBG einen Anspruch auf Heilfürsorge nach den Heilfürsorgebestimmungen für den Polizeivollzugsdienst des Landes Niedersachsen – HFB -. Die langfristige Einlagerung von Samenzellen gehört jedoch nicht zum Leistungsumfang der Heilfürsorge nach § 2 Abs. 2 HFB. Insbesondere werden Aufwendungen für die Lagerung nicht von den „sonstigen Hilfen“ erfasst.
Zu den sonstigen Hilfen nach § 20 Abs. 3 HFB zählen auch Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung. Die bloße Einlagerung von Samenzellen ist jedoch keine künstliche Befruchtung, sondern hält lediglich eine Voraussetzungen dafür, dass in noch nicht absehbarer Zukunft eine künstliche Befruchtung mit Samen des Klägers durchgeführt werden kann, offen. Die Lagerung ist auch keine ärztliche Behandlung nach § 3 HFB, keine Maßnahme der Krankenhausbehandlung gemäß § 5 HFB oder der Krankenpflege nach § 6 HFB.
Die Maßnahme, für die Kostenersatz begehrt wird, besteht ausschließlich in der Lagerung. Es geht darum, den Samen über lange Zeit funktionsfähig zu bewahren. Ärztliche Handlungen, die eine Behandlung i.S.d. § 3 HFB oder gar eine Krankenhausbehandlung i.S.d. § 5 HFB darstellen können, kommen nicht vor. Ebenso kann von Pflegemaßnahmen keine Rede sein. Für die Lagerung ist keinerlei ärztliche Begleitung und Überwachung vorgesehen und notwendig. Es fehlt an jeder besonderen Ausgestaltung der Maßnahme zum Zweck der Krankheitsbekämpfung. Bei einer Maßnahme, die durch ihre Dauer geprägt wird, fällt dies besonders ins Gewicht1. Es handelt sich lediglich um eine Vorsorgemaßnahme zum Zweck einer eventuell späteren Familienplanung.
Die Lagerung ist kein Heilmittel i.S.d. § 8 HFB. Unter Heilmitteln sind nämlich nur solche Mittel zu verstehen, die von außen auf den Körper einwirken. Die hier streitigen Maßnahmen wirken aber auf den Körper des Klägers überhaupt nicht ein. Die befürchtete Zeugungsunfähigkeit des Klägers wird durch die Maßnahme nicht geheilt.
Ein Hilfsmittel i.S.d. § 9 HFB stellt die Lagerung ebenfalls nicht dar. Die Lagerung ist eine Dienstleistung. Es fehlt an der Sächlichkeit des Mittels. Die Sächlichkeit ist das begriffsprägende Merkmal für ein Hilfsmittel. Es ist für die Hilfsmitteleigenschaft wesentlich (BSG, Urteil v. 26.06.1990 – 3 RK 19/89 )).
Die Beklagte hat unter Rückgriff auf die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht die Kosten der Kryokonservierung der Samenzellen und der damit in Zusammenhang stehenden Aufwendungen übernommen, weil beihilfeberechtigten Beamten diese Kosten auch erstattet worden wären. Dies gilt jedoch nicht hinsichtlich der Kosten für eine dauerhafte Lagerung von Spermien. Die Beihilfevorschriften des Bundes, die nach § 120 NBG n.F., § 87c NBG a.F. in Niedersachsen weiterhin anwendbar sind, enthalten keine entsprechenden Regelungen. Das Bundesverwaltungsgericht hatte zwar zu den rheinland-pfälzischen Beihilfevorschriften entschieden, dass die Aufwendungen für die Gewinnung, Aufbereitung und Tiefkühlung von Spermien zwei Tage vor einer Operation eines Hodenkarzinoms beihilfefähig seien, weil diese Maßnahmen im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Krankheitsfall stünden und dem Ausgleich einer körperlichen Beeinträchtigung dienten2. Das Gericht hat aber ausdrücklich keine Entscheidung zu der Frage der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für eine dauerhafte Lagerung der Spermien getroffen.
Eine solche langfristige Lagerung steht in keinem direkten Zusammenhang mehr mit der erfolgten Heilbehandlung. Lediglich die Möglichkeit der Familienplanung in noch nicht absehbarer Zukunft soll offen gehalten werden.
Der Kläger hat auch aus anderen Gründen keinen weitergehenden Anspruch aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Die Vorschriften zur Heilfürsorge sind eine zulässige typisierende und pauschalierende Konkretisierung der Fürsorgepflicht. Eine hundertprozentige Abdeckung aller Gesundheitskosten ist danach weder vorgesehen noch zwingend aus der Fürsorgepflicht geboten. Den Beamten wird vielmehr zugemutet, einen angemessen Teil der Gesundheitskosten entweder durch private Versicherungen abzusichern oder eben selbst zu tragen. Dies gilt auch für den Kläger. Ein Betrag von 367,62 € im Jahr, was 30,64 € pro Monat entspricht, ist zudem nicht so erheblich, als dass er dem Kläger nicht zugemutet werden könnte.
Verwaltungsgericht Hannover, Gerichtsbescheid vom 8. Februar 2011 – 13 A 3494/10