Ist die magische Grenze von 18 Punkten im Verkehrszentralregister erreicht, hilft auch kein Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis.

In dem hier vom Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht entschiedenen Fall wurde der Entziehungsbescheid darauf gestützt, dass sich für den Antragsteller im Verkehrszentralregister 18 Punkte ergeben hätten und er deshalb gemäß § 4 Abs. 3 StVG i. V. m. § 46 FeV als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen sei. Dabei entspricht die Berechnung des Punktestands des Antragstellers (mit 18 Punkten) im Verkehrszentralregister der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum sogenannten Tattagprinzip1 und ist nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts deshalb nicht zu beanstanden.
Auch lässt der Umstand, dass zwischen der letzten Tatbegehung (am 12. November 2008) und der Entziehungsverfügung am 25. Februar 2011 ein Zeitraum von mehr als zwei Jahren verstrichen ist, diese nicht als unverhältnismäßig erscheinen. Der Zeitraum erklärt sich im Wesentlichen damit, dass die Antragsgegnerin von dem Verkehrsverstoß am 12. November 2008 erst nach dessen rechtskräftiger Ahndung durch entsprechende Mitteilung des Kraftfahrt-Bundesamts vom 3. Dezember 2010 Kenntnis erlangt hat.
Das Erreichen von 18 oder mehr Punkten im Verkehrszentralregister führt zu der grundsätzlich nicht widerleglichen Ungeeignetheitsvermutung, welche die Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG zwingend nach sich zieht2. Die nachträgliche Tilgung von Punkten im Verkehrszentralregister oder eine nachträgliche Teilnahme an einer verkehrspsychologischen Beratung vermögen dies ebenso wenig zu ändern wie der vom Antragsteller angeführte Zeitablauf. Für die Wiederherstellung der Fahreignung und die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis werden unter diesen Umständen in § 4 Abs. 10 StVG besondere Anforderungen – unter anderem in der Regel die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung – gestellt, die hier nicht gegeben sind.
Ein grundsätzlicher Klärungsbedarf besteht in dieser Hinsicht entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht. Der von ihm in Bezug genommene Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg3 führt zu keiner anderen Sichtweise. In dem Beschluss heißt es zutreffend, dass die Maßnahmen, welche die Fahrerlaubnisbehörde nach § 4 Abs. 3 StVG beim Erreichen der dort genannten Punktezahlen zu treffen hat, rechtskräftig geahndete Verkehrsverstöße voraussetzen. Davon unberührt bleibt, dass für die Frage, wann eine bestimmte Anzahl von Punkten im Sinne des Punktsystems erreicht wird, nach dem genannten Tattagprinzip auf das Begehen der jeweils punkterelevanten Zuwiderhandlung abzustellen ist.
Für eine vom Punktsystem abweichende Vorgehensweise nach § 4 Abs. 1 Satz 2 StVG war vorliegend kein Raum, insbesondere nicht für mildere Maßnahmen als die Entziehung der Fahrerlaubnis. Mit seinem diesbezüglichen Vortrag verkennt der Antragsteller, dass nach den Vorstellungen des Normgebers mit dem Erreichen des Endpunkts des Mehrfachtäter-Punktsystems (bei 18 oder mehr Punkten) die Ungeeignetheitsschwelle überschritten ist2.
Oberverwaltungsgericht Lüneburg, Beschluss vom 24.Juni 2011 – 12 ME 96/11
- vgl. BVerwG, Urteile vom 25.09.2008 – 3 C 3.07, DAR 2009, 46 und – 3 C 21.07 -, DAR 2009, 102; vgl. auch Bayerischer VGH, Beschluss vom 03.05.2010 – 11 CS 09.3149 -, DAR 2010, 538; OVG Sachsen, Beschluss vom 25.06.2010 – 3 B 65/10 -, DAR 2010, 534; ebenso st. Rspr. des Nds. OVG[↩]
- BVerwG, Urteil vom 25.09.2008 – 3 C 21.07, a. a. O.[↩][↩]
- VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 07.12.2010 – 10 S 2053/10, DAR 2011, 166[↩]