Wird ein Antrag auf Genehmigung des eigenwirtschaftlichen Betriebs eines Buslinienbündels fristgerecht gestellt, ohne alle Anforderungen der Vorabbekanntmachung des Aufgabenträgers zu erfüllen, kommt seine nachträgliche Ergänzung grundsätzlich nicht in Betracht, wenn ein anderer fristgerechter, eigenwirtschaftlicher Antrag sämtliche Anforderungen erfüllt und auch sonst genehmigungsfähig ist.

In dem hier vom Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschiedenen Fall streiten die Beteiligten um die Erteilung einer Linienverkehrsgenehmigung für den Betrieb eines Buslinienbündels nach dem Personenbeförderungsgesetz. Der beklagte Kreis als Aufgabenträger hatte in einer Vorabbekanntmachung zur Abgabe entsprechender Angebote an das ebenfalls beklagte Land Nordrhein-Westfalen als Genehmigungsbehörde aufgefordert und eine verbindliche Zusicherung zu bestimmten Qualitätsstandards verlangt. Zwei Busunternehmerinnen reichten binnen der gesetzten Frist Anträge ein. Der Antrag der hier klagenden Busunternehmerin enthielt alle geforderten Zusicherungen, jener der zweiten Unternehmerin nicht. Letztere reichte die fehlende Zusicherung nach Fristablauf unaufgefordert nach. Der Kreis und das Land berücksichtigten die Ergänzung bei der Prüfung der Anträge. Die zweite Unternehmerin erhielt die beantragte Genehmigung, weil ihr ergänzter Antrag die bessere Verkehrsbedienung anbot. Der Antrag der hier klagenden Busunternehmerin wurde abgelehnt.
Die Klägerin hat gegen beide Entscheidungen nach erfolglosem Widerspruch Klage erhoben. Das Verwaltungsgericht Münster hat die Klage abgewiesen1, das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts zurückgewiesen2. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Ergänzung des Antrags der erfolgreichen Busunternehmerin habe nach § 12 Abs. 6 Satz 2 PBefG berücksichtigt werden dürfen. Die Norm ermögliche die Zulassung verspäteter Anträge und – erst recht – die Ergänzung rechtzeitiger Anträge nach Fristablauf. Rechte der hier klagenden Busunternehmerin würden hierdurch nicht verletzt. Die hiergegen gerichtete, vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision der unterlegenen Busunternehmerin hatte vor dem Bundesverwaltungsgericht Erfolg:
Das beklagte Land durfte die Ergänzung des Genehmigungsantrags der anderen Busunternehmerin nicht berücksichtigen. Die Ermächtigung zur Zulassung verspäteter Anträge nach § 12 Abs. 6 Satz 2 PBefG ist auf nachträgliche Antragsergänzungen jedenfalls dann nicht anwendbar, wenn innerhalb der Drei-Monats-Frist des § 12 Abs. 6 Satz 1 PBefG wenigstens ein die Voraussetzungen der Vorabbekanntmachung erfüllender und auch ansonsten genehmigungsfähiger eigenwirtschaftlicher Antrag eingeht. Ob in solchen Fällen eine Ergänzung nach § 12 Abs. 5 Satz 5 PBefG in Betracht kommt, bedurfte vorliegend keiner Entscheidung. Denn nachträgliche Ergänzungen von Anträgen sind hiernach nur zulässig, wenn sie von der Genehmigungsbehörde im öffentlichen Verkehrsinteresse angeregt worden sind. An einer solchen Anregung fehlte es. Ohne die Ergänzung war der Antrag der anderen Busunternehmerin auch nicht nach § 13 Abs. 2a Satz 2 und 3 PBefG genehmigungsfähig. Nach dieser Vorschrift kann die Genehmigungsbehörde zwar im Einvernehmen mit dem Aufgabenträger Abweichungen von den Anforderungen der Vorabbekanntmachung zulassen. Dies darf aber nur in Übereinstimmung mit dem Zweck der Ermächtigung geschehen. Er besteht darin, dem Aufgabenträger eine gemeinwirtschaftliche Vergabe zu ersparen, wenn kein fristgerechter und auch sonst genehmigungsfähiger Antrag die Anforderungen der Vorabbekanntmachung erfüllt. Das war hier wegen des vollständigen Antrags der hier klagenden Busunternehmerin nicht der Fall.
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 1. Juni 2023 – 8 C 3.22