Mit der Erinnerung gegen den Kostenansatz kann nicht gegen die Verhängung einer Missbrauchsgebühr durch das Bundesverfassungsgericht angegriffen werden.

In dem hier entschiedenen Fall hatte das Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen und dem Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin eine Missbrauchsgebühr von 500 € auferlegt1, dem Verfahrensbevollmächtigten (Kostenschuldner) wurde daraufhin eine entsprechende Kostenrechnung übersandt. Gegen den Kostenansatz der Kostenrechnung hat der Bevollmächtigte Erinnerung eingelegt sowie die „Aussetzung der Vollziehung“ beantragt. Diese Erinnerung hat das Bundesverfassungsgericht nun verworfen:
Zwar ist die Erinnerung gegen den Kostenansatz einer Missbrauchsgebühr zulässig, sofern Einwendungen geltend gemacht werden, die die Haftung für den Anspruch oder die Verpflichtung zur Duldung der Vollstreckung betreffen. Im vorliegenden Fall bringt der Kostenschuldner jedoch keine solche Einwendung vor. Vielmehr wendet er sich gegen die Verhängung der Missbrauchsgebühr als solche. Diese ist ? wie der Beschluss vom 02.01.2017 insgesamt ? unanfechtbar.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Variante 1 Justizbeitreibungsordnung (JBeitrO) in Verbindung mit § 66 Abs. 1 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) sind Einwendungen, die den beizutreibenden Anspruch selbst, die Haftung für den Anspruch oder die Verpflichtung zur Duldung der Vollstreckung betreffen; vom Schuldner bei Ansprüchen auf „Gerichtskosten“ nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 JBeitrO gerichtlich nach den Vorschriften über Erinnerungen gegen den Kostenansatz geltend zu machen.
Zwar gehört die Missbrauchsgebühr nach § 34 Abs. 2 BVerfGG zu den „Gerichtskosten“ im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 4 JBeitrO. Dies ergibt sich schon daraus, dass das Bundesverfassungsgericht in § 2 Abs. 2 JBeitrO als möglicher Anspruchsinhaber genannt wird, für den das Bundesamt für Justiz als Vollstreckungsbehörde tätig werden soll. Die Missbrauchsgebühr entsteht als gerichtliche Gebühr mit ihrer Auferlegung durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder der Kammer. Ihrer Einordnung als gerichtliche Gebühr steht nicht entgegen, dass sie Sanktionscharakter hat2. § 34 Abs. 1 und Abs. 2 BVerfGG stehen in einem Regel-Ausnahme-Verhältnis zueinander. Absatz 2 regelt, unter welchen Voraussetzungen der Grundsatz der Kostenfreiheit verfassungsrechtlicher Verfahren durchbrochen werden kann. Die auf dieser Grundlage verhängte Gebühr ist eine Gegenleistung für die missbräuchliche Inanspruchnahme des Bundesverfassungsgerichts und mithin eine Gebühr im Rechtssinne3. Das Bundesverfassungsgericht hat demgemäß eine auf den Gesichtspunkt der Verjährung der Gebührenforderung gestützte Erinnerung gegen den Kostenansatz einer Missbrauchsgebühr für zulässig gehalten; die Einrede der Verjährung zähle zu den Einwendungen, die gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 Variante 1 JBeitrO in Verbindung mit § 66 GKG mit der Erinnerung geltend gemacht werden können4.
Im vorliegenden Fall handelt es sich jedoch nicht um eine solche Einwendung. Der Kostenschuldner wendet sich gegen die Verhängung der Missbrauchsgebühr als solche. Diese ist – wie der Beschluss vom 02.01.2017 insgesamt – unanfechtbar.
Der Antrag auf „Aussetzung der Vollziehung“ ist im Wege der Auslegung als Antrag auf Anordnung der vorläufigen Einstellung der Beitreibung der Gerichtskosten gemäß § 8 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit Satz 1 Variante 1 JBeitrO zu behandeln, der entsprechend der Regelung in § 66 Abs. 7 Satz 2 GKG über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Erinnerung nach § 66 Abs. 1 Satz 1 GKG zulässig ist. Eine vorläufige Einstellung der Beitreibung nach § 8 Abs. 1 Satz 3 JBeitrO kann danach nur angeordnet werden, soweit und solange noch eine Entscheidung über eine Erinnerung begehrt wird und aussteht.
Der Antrag des Kostenschuldners hat sich mit der Entscheidung über die Erinnerung gegen den Kostenansatz der Kostenrechnung erledigt und ist unzulässig geworden. Er kann sich nicht mehr auf eine noch zu entscheidende Erinnerung gegen die Beitreibung nach § 8 Abs. 1 Satz 3 JBeitrO stützen.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 28. Juni 2017 – 1 BvR 2324/16
- BVerfG, Beschluss vom 02.01.2017 – 1 BvR 2324/16[↩]
- vgl. BVerfGE 50, 217, 230; BVerfG, Beschluss vom 09.10.2008 – 1 BvR 1356/03 4; BVerfG, Beschlüsse vom 31.05.2012 – 2 BvR 611/12 4; und vom 28.10.2015 – 2 BvR 740/15 8; Beschluss vom 27.03.2017 – 2 BvR 871/16 4[↩]
- BVerfG, Beschluss vom 09.10.2008 – 1 BvR 1356/03 4; BVerfG, Beschlüsse vom 31.05.2012 – 2 BvR 611/12 4; und vom 28.10.2015 – 2 BvR 740/15 8; Beschluss vom 27.03.2017 – 2 BvR 871/16 4[↩]
- BVerfG, Beschluss vom 09.10.2008 – 1 BvR 1356/03 5[↩]