Für Misteltee kann eine allgemeine Verkehrsauffassung als Arzneimittel nicht festgestellt werden. Dies gilt auch in Ansehung der Tatsache, dass entsprechende Teemischungen als traditionelle Arzneimittel nach § 109a AMG zugelassen sind. Auch ein apothekenexklusiver Vertrieb führt nicht zwingend zur Annahme einer Arzneimittelpräsentation.

Nach § 69 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG können die zuständigen Behörden das Inverkehrbringen von Arzneimitteln untersagen, wenn die erforderliche Zulassung oder Registrierung nicht vorliegt. In diesem Zusammenhang hatte jetzt der Verwaltungsgerichtshof Baden-Würtemberg über die Frage zu befinden, ob es sich bei einem Misteltee um ein Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 AMG handelt.
Das erstinstanzlich mit dieser Verfahren befasste Verwaltungsgericht Sigmaringen hat diese Frage bejaht und den von der Klägerin vertriebenen Misteltee (jedenfalls) als Präsentationsarzneimittel eingestuft. Dieser Feststellung vermochte sich der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg jedoch nicht anzuschließen. Weder aus der Zweifelsfallregelung oder dem enthaltenen Inhaltstoff Mistelkraut noch aus der Bezeichnung, Produktgestaltung und Bewerbung durch die Klägerinoder durch Internetbeiträge und Publikationen Dritter lässt sich die Arzneimitteleigenschaft des vertriebenen Produkts begründen.
Die hier streitige Abgrenzung der Arzneimittel von den Lebensmitteln ist an Hand der gemeinschaftsrechtlichen Begriffsbestimmung des Arzneimittels in Art. 1 Nr. 2 der „Arzneimittel“-Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel vom 06.11.2001 [1] vorzunehmen [2], die auch dem Arzneimittelbegriff des § 2 Abs. 1 AMG in der Neufassung des Änderungsgesetzes vom 17. Juli 2009 – trotz der teilweise unterschiedlichen sprachlichen Fassung – zu Grunde liegt [3].
Die Zweifelsfallregelung aus Art. 2 Abs. 2 der Arzneimittel-Richtlinie 2001/83/EG – nach der in Zweifelsfällen, in denen ein Erzeugnis unter Berücksichtigung aller seiner Eigenschaften sowohl unter die Definition von Arzneimitteln als auch unter die Definition eines Erzeugnisses fallen kann, das durch andere gemeinschaftliche Rechtsvorschriften geregelt ist, die Arzneimittel-Richtlinie gilt – führt nicht dazu, dass die Anforderungen für eine Einordnung des Produkts als Arzneimittel abgesenkt würden. Vielmehr ist in der Rechtsprechung geklärt, dass die Vorrangregelung für das Arzneimittelrecht nur zur Anwendung kommt, wenn die Arzneimitteleigenschaft des Produktes festgestellt ist. Andernfalls würden die strengeren Vorschriften des Arzneimittelregimes auf Sachverhalte erstreckt und der freie Warenverkehr damit behindert, ohne dass hierfür eine ausreichende Rechtfertigung aus Gründen des Gesundheitsschutzes vorliegen würde [4].
Auch in der Begründung zur Neufassung des Arzneimittelgesetzes ist ausdrücklich klargesellt: „Die Anwendung der Zweifelsfallregelung setzt die positive Feststellung der Arzneimitteleigenschaft des betreffenden Mittels voraus“ [5]. Dementsprechend setzt die Umsetzung der Zweifelsfallregelung in § 2 Abs. 3a AMG auch bereits tatbestandlich ein Arzneimittel voraus. Die Einordnung eines Produktes als Arzneimittel „auf Verdacht“ verbietet sich damit [6].
Der Tee kann nicht bereits durch die Beigabe von Mistelkraut als Arzneimittel bewertet werden. Art. 1 Nr. 2 der Arzneimittel-Richtlinie 2001/83/EG und § 2 Abs. 1 AMG enthalten für den Begriff des Arzneimittels alternativ zwei Definitionen. Zum einen sind Arzneimittel alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten bestimmt sind. Zum anderen sind Arzneimittel alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die im oder am menschlichen Körper verwendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder die menschlichen physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder eine medizinische Diagnose zu erstellen. Diese zweifache Definition nimmt die seit langem das Arzneimittelrecht kennzeichnende Unterscheidung zwischen den sog. Präsentationsarzneimitteln (Arzneimittel nach Bezeichnung) und den Funktionsarzneimitteln (Arzneimittel nach Funktion) auf.
Dass dem Misteltee eine pharmakologische Wirkung zukommen würde – die Voraussetzung für die Einordnung als Funktionsarzneimittel nach Art. 1 Nr. 2 Buchst. b) der Richtlinie 2001/83/EG wäre -, behauptet auch die zuständige Behörde nicht mehr. Ausreichende Anhaltspunkte hierfür sind auch nicht ersichtlich. Vielmehr hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in seinem Gutachten vom 06.06.2005 ausgeführt, adäquate Wirksamkeitsbelege seien jedenfalls für die orale Einnahme nicht vorhanden. Dass umgekehrt eine pharmakologische Wirksamkeit bei hoher Dosierung auch nicht ausgeschlossen werden kann, ist nach dem oben dargelegten Maßstab für die Annahme eines Funktionsarzneimittels nicht ausreichend.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass für andere mistelkrauthaltige Teesorten eine Zulassung als Arzneimittel nach § 105 i.V.m. § 109a AMG vorliegt. Denn für eine derartige Zulassung ist ein Wirksamkeitsnachweis durch klinische Studien gerade nicht erforderlich, dieser wird vielmehr durch den Nachweis der traditionellen Anwendung ersetzt [7]. Wie die Klägerin zu Recht ausgeführt hat, sind aber auch Teemischungen aus Fenchel, Kamille, Pfefferminzblättern u.ä. als Traditionsarzneimittel zugelassen, ohne dass hieraus auf den generellen Arzneimittelcharakter dieser Stoffe geschlossen werden könnte.
Insoweit führt auch die Listung im Deutschen Arzneimittelbuch nicht zu einem anderen Ergebnis, weil auch dort darauf verwiesen wird, dass Wirksamkeitsnachweise für den Einsatz von Misteltees nicht vorhanden seien und der therapeutische Einsatz „rein empirisch“ und „ohne rationale Begründung“ erfolge.
Allein der Umstand, dass andere Erzeugnisse mit ähnlichen Wirkstoffen als Arzneimittel eingestuft sind, reicht indes nicht aus, um dem Produkt die Eigenschaft eines Arzneimittels nach der Präsentation zu verleihen [8].
Ob für Mistelkraut in Deutschland eine durch den Einsatz in der Volksmedizin arzneilich geprägte Verkehrsanschauung besteht, wie vom Beklagten vorgetragen, kann im Ergebnis offen bleiben. Denn das Mistelkraut, auf das sich diese Aussagen – ebenso wie die Listung im Deutschen Arzneibuch 2009 – bezieht, besteht aus getrockneten jungen Zweigen mit Blättern, Blüten und Früchten [9]. Der Tee dagegen wird nur aus getrockneten Zweigen hergestellt. Eine entsprechende Verkehrsanschauung für aus getrockneten Mistelzweigen hergestellten Misteltee könnte aber nur dann zur Einstufung von „… …“ als Präsentationsarzneimittel herangezogen werden, wenn die heilende Wirkung dieses Bestandteils nach der Verbrauchererwartung bei der Würdigung des Gesamtprodukts so im Vordergrund stehen würde, dass für dieses ebenfalls von einer krankheitsheilenden Zweckbestimmung auszugehen wäre [10]. Der Verwendungszweck eines einzelnen Inhaltsstoffes kann daher grundsätzlich nicht mit dem Anwendungszweck einer aus mehreren Stoffen bestehenden Zubereitung gleichgesetzt werden, so dass es sich als unzulässige Verfahrensweise erweist, aus einer bestehenden Verkehrsauffassung für ein Gesamtprodukt auch auf eine entsprechende Einordnung jedes einzelnen Bestandteils zu schließen. Selbst wenn also für Mistelkraut eine durch die Anwendungen in der Volksmedizin begründete Verkehrsauffassung bestehen sollte, könnte diese nicht ohne weiteres auf den (nur) aus getrockneten Mistelzweigen hergestellten Misteltee übertragen werden.
Anhaltspunkte für das Bestehen einer allgemeinen Verkehrsauffassung, nach der auch Misteltees als Arzneimittel einzustufen wären, sind nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg aber nicht erkennbar. Vielmehr ist die Einordnung von Misteltees auch im Schrifttum umstritten [11].
Soweit auf die „Ad-hoc-Arbeitsgruppe der ALS“ hingewiesen worden ist, trifft zu, dass in deren Bericht dem Mistelkraut eine Verkehrsauffassung als Arzneimittel attestiert wird [12]. Diese Annahme beruht indes auf einer dort behaupteten „nachgewiesenen pharmakologischen Wirkung“, die für das Mistelkraut tatsächlich nicht existiert, was auch vom Beklagten eingeräumt worden ist. Die „Inventarliste Lebensmitteldrogen der Wirtschaftsvereinigung Kräuter- und Früchtetee“ selbst [13], auf die sich die Arbeitsgruppe bezieht, hatte Mistelkraut dagegen als Lebensmittel ausgewiesen. Angesichts dieser Widersprüchlichkeiten kann nach Auffassung des Verwaltungsgeichtshofs auch insoweit nicht auf eine bestehende Verkehrsauffassung geschlossen werden.
Dass aus derartigen Einordnungen nicht ohne weiteres auf das Vorliegen einer allgemeinen Verkehrsauffassung geschlossen werden könnte, ergibt sich im Übrigen bereits daraus, dass die „Ad-hoc-Arbeitsgruppe der ALS“ etwa auch Löwenzahn in die „Arzneimittel-Kategorie II.1“ eingeteilt hat und im Arzneibuch 2009 beispielsweise auch Schweineschmalz und Zuckersirup aufgeführt sind, für die eine überwiegend arzneilich geprägte Verkehrsanschauung unzweifelhaft nicht angenommen werden kann.
Auch kann das vertriebene Produkt auch nicht wegen der Etikettierung, Produktaufmachung oder Bewerbung als Präsentationsarzneimittel eingeordnet werden. Ein Produkt erfüllt diese Voraussetzungen, wenn es entweder ausdrücklich als ein Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten bezeichnet wird oder aber sonst bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher auch nur schlüssig, aber mit Gewissheit der Eindruck entsteht, dass es in Anbetracht seiner Aufmachung die betreffenden Eigenschaften haben müsse [14].
Der Frage, ob Misteltee in Dänemark als Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden kann, kommt dabei für den vorliegenden Rechtsstreit keine Bedeutung zu. Denn eine europaweite Vollharmonisierung hat im Arzneimittelsektor noch nicht stattgefunden, so dass unterschiedliche Einstufungen eines Erzeugnisses durch verschiedene Mitgliedstaaten im gegenwärtigen Stand durchaus möglich sind [15]. Im Übrigen knüpft die Einordnung eines Produkts als Präsentationsarzneimittel an die jeweiligen Verkaufsmodalitäten an, die sich einzelfallbezogen unterscheiden können.
Von der Herstellerin selbst wird die Teezubereitung nicht als Arzneimittel bezeichnet. Er wird in der Reihe „Apothekentee“ als Nr. 24 vertrieben, in der unter anderem auch Schwarztee (Nr. 43), Hagebutte mit Hibiskus (Nr. 37), eine Kräutertee-Mischung (Nr. 39) und Grüner Tee (Nr. 49) angeboten werden. Dieser inhaltsbezogen aufgemachten und von der Klägerin als Lebensmitteltees betrachteten Serie stehen die „Arzneitees“ gegenüber, die symptombezogen etwa als Rheumatee (Nr. 6) oder Herz- und Kreislauftee (Nr. 7) deklariert werden.
Aus der Bezeichnung des streitbefangenen Tees könnten Anhaltspunkte für einen Arzneimittelcharakter daher nur entnommen werden, wenn bereits die Bezugnahme auf den Apothekenvertrieb als Indiz für eine Arzneimitteleigenschaft gewertet werden könnte. Dies ist indes nicht der Fall, weil „gesundheitsfördernde“ Teemischungen zum zulässigen Randsortiment „apothekenüblicher Waren“ nach § 25 Nr. 2 der Verordnung über den Betrieb von Apotheken gehören [16].
Auch ergibt sich aus der Streichung des § 25 Nr. 6 der Apothekenbetriebsordnung a.F. – in dem Tee und teeähnliche Erzeugnisse ausdrücklich genannt waren – durch das GKV-Modernisierungsgesetz vom 14. November 2003 [17] nichts anderes. Denn mit der zusammenfassenden Umschreibung im jetzigen § 25 Nr. 2 der Vorschrift sollte das zulässige Sortiment nicht eingeschränkt werden. Ausweislich der Gesetzesbegründung war vielmehr eine sprachliche Zusammenfassung der bisherigen Produkte intendiert. Dabei war eine inhaltliche Weiterentwicklung, die es den Apothekenbetreibern erlaubt, sich den „Marktanforderungen ihres Einzugsbereiches anzupassen“ ausdrücklich hervorgehoben [18] und auf die vom Bundesverfassungsgericht verlangte Ermöglichung angemessener „Kundenorientierung“ [19] Bezug genommen worden. Kräuterteemischungen gehörten und gehören daher zum apothekenüblichen Sortiment, sodass alleine aus der Bezugnahme auf den Apothekenverkauf nicht auf eine arzneimittelartige Bezeichnung geschlossen werden kann. Im Übrigen ist in der Rechtsprechung auch grundsätzlich geklärt, dass ein apothekenexklusiver Vertrieb noch keinen ausreichenden Hinweis auf das Vorliegen eines Arzneimittels darstellt [20].
Angesichts einer fehlenden Arzneimittelbezeichnung ist daher grundsätzlich nicht davon auszugehen, ein verständiger Durchschnittsverbraucher werde annehmen, dass ein als Tee angebotenes Produkt tatsächlich ein Arzneimittel sei, wenn ihm in der empfohlenen Dosis keine pharmakologische Wirkung zukommt [21].
Trotz der Bezeichnung können aber andere Umstände hinzutreten, die ein Produkt gleichwohl als Arzneimittel erscheinen lassen, namentlich die Art der Bewerbung oder die preisende Nennung von (vermeintlich) arzneilich wirksamen Bestandteilen [22].
Für ein arzneimittelartiges „Erscheinungsbild“ [23] reicht es indes nicht aus, dass einem Produkt nach allgemeiner Verkehrsanschauung gesundheitsbezogene Wirkungen zugeschrieben werden. Vielmehr wird ein Produkt nur dann als Arzneimittel „präsentiert“, wenn es auf dem Etikett, durch die Angaben auf der Verpackung oder in sonstiger Weise den Eindruck erweckt, dass es Eigenschaften zur Heilung oder zur Verhütung von menschlichen Krankheiten besitzt. Für den erforderlichen Heilmittelbezug genügt es daher nicht, dass einem Erzeugnis Eigenschaften zugeschrieben werden, die der Gesundheit im Allgemeinen förderlich sind. Es muss vielmehr gerade um die Funktion der Verhütung oder Heilung von menschlichen Krankheiten gehen [24]. Bezugspunkt der Arzneimitteleigenschaft ist damit eine Abweichung vom normgemäßen Funktionieren des Organismus und damit eine angestrebte Wirkungsweise, die zu einer Veränderung führt, die außerhalb der normalen im menschlichen Körper ablaufenden Lebensvorgänge liegt [25].
Ein derartiger Heilmittelbezug ist den Angaben auf der Verpackung nicht zu entnehmen. Dies gilt auch in Anbetracht der aktuellen Aufmachung. Allerdings weist die nunmehr aufgebrachte Klausel „Gute Besserung!“ auf eine Arzneimittelpräsentation hin und erscheint jedenfalls nicht als lebensmitteltypisch. Die angesprochene Besserung setzt einen krankhaften oder jedenfalls zu verbessernden Zustand voraus und suggeriert so auch ein Heilgeschehen, das grundsätzlich auf einen Arzneimittelbezug hindeutet. Gegen die Annahme einer hieraus folgenden Arzneimittelpräsentation spricht jedoch, dass dem Misteltee keine spezifischen Eigenschaften zugesprochen werden und so auch völlig offen bleibt, wogegen oder wofür er eingesetzt werden könnte. Zur Heilung oder Verhütung welcher Krankheiten oder verbesserungswürdigen Zustände der Genuss des Tees führen könnte, ist weder dargestellt noch sonst erkennbar. Es steht daher auch nicht zu befürchten, dass ein Verbraucher den Tee in der Annahme, hiermit eine ausreichende Vorsorge getroffen zu haben, anstelle eines tatsächlich wirkungsvollen Präparates einnehmen könnte. Denn welche Krankheit damit hinreichend bekämpft werden soll und wogegen die weitere Einnahme eines Arzneimittels überflüssig werden könnte, erschließt sich nicht. Der Zusatz „Gute Besserung!“ erscheint daher als gesundheitsbezogene Anpreisung und ist damit auch möglicherweise lebensmittelrechtlich unzulässig [26]. Er ist aber zu unspezifisch, um dem Tee einen Arzneimittelcharakter zu verleihen [27]. Dies gilt um so mehr, als der Hinweis nur auf der Innenklappe des Verpackungskartons angebracht ist und damit erst nach dem Erwerb des Produkts zur Kenntnis genommen werden kann.
Auf dem sichtbaren Etikett wird der Tee aber nur als „wohlschmeckend und aromatisch mit arttypischer Note“ angepriesen. Anders als bei den „Arzneitees“, die etwa eine „Besserung des Befindens bei rheumatischen Beschwerden“ oder eine „Unterstützung der Herz-Kreislauf-Funktion“ versprechen, enthält die Verpackung damit keinerlei Anhaltspunkte für eine Heilmittelwirkung. Dass die bloße Wiedergabe des Fotos einer Pflanze auf der Verpackung eines Erzeugnisses nicht genügt, um bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher ein Vertrauen wie dasjenige hervorzurufen, das Arzneimittel normalerweise erwecken, hat der Europäische Gerichtshof bereits ausdrücklich entschieden [28]. Entsprechendes gilt für die Empfehlung, morgens und abends ein Glas/Tasse Tee zu trinken, die ausweislich der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Verpackung im maßgeblichen Zeitpunkt auf den Produkten der Klägerin nicht mehr enthalten ist. Auch hiermit wird eine den Arzneimitteln vorbehaltene Wirkungsweise nicht in Anspruch genommen. Schließlich lässt auch der Begriff der „Charge“, der von der Klägerin ebenfalls nicht mehr verwendet wird, nicht den Schluss zu, dass bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher hierdurch der Eindruck erweckt werde, es müsse sich um ein Arzneimittel handeln [29].
Besonders deutlich wird der fehlende Arzneimittelbezug der Produktgestaltung bei einem Vergleich mit der Bewerbung, die die Klägerin bei ihren „Arzneitees“ vornimmt. Diese werden zunächst explizit als Arzneimittel bezeichnet und der Konsument dementsprechend als „Patient“ angesprochen. Darüber hinaus wird von „arzneilich wirkenden Bestandteilen“ gesprochen und in jeweils eigenen Rubriken zu „Gegenanzeigen“, „Warnhinweisen“, Wechselwirkungen“ und Nebenwirkungen“ Stellung bezogen. Derartige Gestaltungselemente weist der streitige „Apothekentee“ dagegen nicht auf. Auch das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Karlsruhe hat in seiner Stellungnahme daher von einer „neutralen Aufmachung“ gesprochen.
Die vorhandenen Erkenntnismittel lassen auch nicht den Schluss zu, dass durch die vorhandenen Internetbeiträge und Publikationen Dritter – unabhängig von Produktaufmachung und Bewerbung durch die Klägerin – bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher der Eindruck entsteht, „… …“ müsse arzneimittelartige Eigenschaften haben.
Dies folgt zunächst schon daraus, dass derartige Aussagen Dritter in Internetforen oder ähnlichem, auf die die Klägerin weder Bezug nimmt noch Einfluss hat, ihr nicht im Sinne einer Arzneimittel-„Präsentation“ zugerechnet werden können [30].
Unabhängig hiervon kann aber auch bei Berücksichtigung der allgemein zur Wirkweise von Misteltee im Internet auffindbaren Beiträge oder sonstigen Publikationen nicht davon ausgegangen werden, dass bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher „mit Gewissheit“ der Eindruck einer krankheitsheilenden oder ‑verhütenden Wirkung des Produkts entsteht. Soweit in den vom Beklagten vorgelegten Auszügen insoweit eine „kreislaufunterstützende“ Wirkung o.ä. beschrieben ist, wird mit derartigen Anpreisungen eine den Arzneimitteln vorbehaltene Wirkungsweise bereits nicht in Anspruch genommen. Vielmehr wird mit solchen Darstellungen lediglich eine der Gesundheit im Allgemeinen förderliche Wirkung behauptet, die zur Begründung der Arzneimitteleigenschaft gerade nicht ausreicht. Eine krankheitsbezogene Heilungs- oder Verhütungswirkung ist damit nicht in Aussicht gestellt.
In den vorgelegten Auszügen finden sich indes auch Beiträge, in denen Misteltee (insbesondere) eine blutdrucksenkende Wirkung zugeschrieben wird. Bereits in den vom Beklagten zitierten Fundstellen wird aber regelmäßig deutlich, dass die mögliche Wirkung nicht nachgewiesen werden kann und der therapeutische Einsatz alleine auf tradierten Überlieferungen beruht. In dem vorgelegten Ausschnitt eines Heilpflanzenbuchs etwa heißt es, dass „vor der Überbewertung dieser Heilpflanze zu warnen“ sei und insbesondere von Misteltee nicht allzuviel erwartet werden dürfe. Selbst in den vorgelegten Internetbeiträgen wird maßgeblich auf „Legenden und Mythen um die Mistel“ verwiesen, sowie darauf, dass der Behandlungseinsatz „ohne rationale Begründung“ erfolge. Bei einer von einem durchschnittlich informierten Verbraucher durchgeführten Internetrecherche zur blutdrucksenkenden Wirkung von Misteltee müsste daher der Eindruck entstehen, dass stichhaltige Belege und Studien für eine entsprechende Wirksamkeit fehlen und allenfalls aus dem tradierten Einsatz in der Volksmedizin auf eine arzneiliche Wirkung geschlossen werden kann. Auch bei Berücksichtigung der allgemein im Internet auffindbaren Beiträge zu Misteltees entsteht daher nicht „mit Gewissheit“ der Eindruck einer heilenden oder krankheitsverhütenden Wirkung. Trotz gelegentlicher anpreisender oder „heilversprechender“ Beiträge erscheint das bei einer Internetrecherche anzutreffende Bild vielmehr hinreichend differenziert, so dass von einem mit Gewissheit entstehenden Eindruck einer arzneimittelartigen Wirkung nicht gesprochen werden kann.
Soweit schließlich auf den Einsatz in der Krebstherapie verwiesen wurde, geht es regelmäßig nicht um die Einnahme von Misteltee, sondern um die (intravenöse) Behandlung mit Mistelextrakten. Diese Zuschreibungen betreffen den streitgegenständlichen Misteltee daher nicht.
Angesichts der damit fehlenden Arzneimitteleigenschaft des von der Klägerin vertriebenen Produktes „… …“ liegen die Tatbestandsvoraussetzungen für die auf § 69 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG gestützte Untersagungsverfügung nicht vor.
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 8. Dezember 2010 – 9 S 783/10
- ABl. EG Nr. L 311 S. 67, in der Fassung der Änderungsrichtlinie 2009/120/EG vom 14.09.2009, ABl. EG Nr. L 242 S. 3[↩]
- vgl. auch BVerwG, Urteil vom 26.05.2009 – 3 C 5/09, NVwZ 2009, 1038[↩]
- vgl. die Gesetzesbegründung in BR-Drs. 171/09, S. 65: „in das deutsche Recht überführt“; dazu auch Müller, NVwZ 2009, 425, 428[↩]
- vgl. EuGH, Urteil vom 15.01.2009 – C‑140/07, NVwZ 2009, 439[↩]
- BR-Drs. 171/09, S. 66[↩]
- vgl. BVerwG, Urteil vom 26.05.2009 – 3 C 5/09, NVwZ 2009, 1038; ebenso bereits BVerwG, Urteil vom 25.07.2007 – 3 C 22/06, ZLR 2008, 80[↩]
- vgl. etwa OVG NRW, Urteil vom 25.11.2009 – 13 A 523/06, PharmR 2010, 185[↩]
- vgl. EuGH, Urteil vom 15.11.2007 – C‑319/05, Slg. 2007, I‑9811, Rn. 49[↩]
- vgl. Sachverständigenstellungnahme des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 06.06.2005, S. 2[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 07.12.2000 – I ZR 158/98, NJW-RR 2001, 1329, Rn. 32[↩]
- vgl. hierzu insbesondere Schneider, Deutsche Lebensmittel-Rundschau 2002, 125, der aus Mistelkraut hergestellte Tess explizit als Lebensmittel einstuft[↩]
- vgl. Günding/Hey, Deutsche Lebensmittel-Rundschau 2002, 35[↩]
- Deutsche Lebensmittel-Rundschau 2000, 172[↩]
- vgl. EuGH, Urteil vom 15.11.2007 – C‑319/05, Slg. 2007, I‑9811, Rn. 46; BVerwG, Urteil vom 26.05.2009 – 3 C 5/09, NVwZ 2009, 1038[↩]
- vgl. EuGH, Urteil vom 15.01.2009 – C‑140/07, NVwZ 2009, 439 Rn. 28[↩]
- vgl. Pfeil/Pieck/Blume, Apothekenbetriebsordnung, Stand: 8. Ergänzungslieferung 2009, § 25 Rn. 21; dazu auch BVerfG, Beschluss vom 20.08.1996 – 1 BvR 1743/88, NJW 1996, 3070 unter Hinweis auf die sonst drohende Unverhältnismäßigkeit der Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit sowie etwa OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.08.1989 – 2 U 14/89, GRUR 1990, 538 zur Zulässigkeit des Verkaufs von Wasserfiltern oder OLG Oldenburg, Urteil vom 22.11.2007 – 1 U 49/07, NJW-RR 2008, 290 zu Nebengeschäften[↩]
- BGBl. I S. 2190[↩]
- vgl. BT-Drs. 15/1525, S. 164[↩]
- vgl. BVerfG, Urteil vom 16.01.2002 – 1 BvR 1236/99, BVerfGE 104, 357[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 10.02.2000 – I ZR 97/98, NJW-RR 2000, 1284; und vom 11.07.2002 – I ZR 273/99, ZLR 2002, 660[↩]
- vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2007 – 3 C 21/06, Rn. 40 für Nahrungsergänzungsmittel[↩]
- vgl. BVerwG, Urteil vom 16.05.2007 – 3 C 34/06; Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, Stand: 02/10, § 2 Rn. 22[↩]
- vgl. Rennert, NVwZ 2008, 1179, 1182[↩]
- vgl. EuGH, Urteil vom 15.11.2007 – C‑319/05, Slg. 2007, I‑9811, Rn. 45 und 64[↩]
- vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2007 – 3 C 22/06, ZLR 2008, 80, Rn. 22[↩]
- vgl. zum Verbot gesundheitsbezogener Werbung auch BVerwG, Vorlagebeschluss vom 23.09.2010 – 3 C 36/09[↩]
- vgl. hierzu auch VGH Bad-Württ., Beschluss vom 13.12.2007 – 9 S 509/07, GewArch 2008, 318[↩]
- EuGH, Urteil vom 15.11.2007 – C‑319/05, Slg. 2007, I‑9811 Rn. 50[↩]
- vgl. hierzu bereits VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.02.2010 – 9 S 3331/08, PharmR 2010, 239[↩]
- vgl. hierzu ausführlich VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.02.2010 – 9 S 3331/08, PharmR 2010, 239[↩]