Eine in der Lost Art Internet-Datenbank wegen Raubkunstverdachts aufgenommene Suchmeldung erfüllt ihren Zweck nicht schon durch das Auffinden des eingetragenen Kulturgutes, wenn über dessen weiteres Schicksal noch keine Einigkeit zwischen den Betroffenen besteht.

Mit dieser Begründung hat jetzt das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig letztinstanzlich einen Anspruch auf Löschung ohne Zustimmung aller Anmelder abgelehnt:
Der Entscheidung liegt der Fall einer GmbH in Liquidation zugrunde, die die Löschung eines Gemäldes aus der in der Lost Art Internet-Datenbank geführten Suchliste begehrt. In diese Datenbank werden u.a. Such- und Fundmeldungen zu Kulturgütern eingetragen, die jüdischen Eigentümern NS-verfolgungsbedingt entzogen wurden oder für die eine solche Verlustgeschichte nicht ausgeschlossen werden kann. Die Datenbank wurde aufgrund einer Bund-Länder-Verwaltungsvereinbarung von der beim Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt angesiedelten Koordinierungsstelle Magdeburg aufgebaut. Für das betroffene Gemälde, das der Klägerin nach ihrem Vortrag NS-verfolgungsbedingt entzogen wurde, liegt neben einer Suchmeldung der Rechtsnachfolger der Gesellschafter der Klägerin eine weitere Suchmeldung der Rechtsnachfolger eines Bankhauses jüdischer Eigentümer vor. Das Bild wurde inzwischen bei einem Dritten in Namibia gefunden. Der Besitzer hat sich mit der Klägerin und den Erstanmeldern auf eine gemeinsame Versteigerung unter Teilung des Erlöses geeinigt. Die Versteigerung scheiterte, nachdem die Koordinierungsstelle eine Löschung ohne Zustimmung der Zweitanmelder abgelehnt hatte.
In den Vorinstanzen haben das Verwaltungsgericht Magdeburg1 und das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt der Klage stattgegeben2. Das Oberverwaltungsgericht sah den Zweck der Suchmeldung mit dem Auffinden des Bildes als erfüllt an, so dass die Aufrechterhaltung der Eintragung die Klägerin in ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit verletze. Das Bundesverwaltungsgericht sah dies nun jedoch anders. Es hob die Entscheidungen der Magdeburger Vorinstanzen auf und wies die Klage ab:
Der Klägerin steht der geltend gemachte öffentlich-rechtliche Folgenbeseitigungsanspruch nicht zu, befand das Bundesverwaltungsgericht. Die Suchmeldung ist hier nicht schon mit dem Auffinden des Gemäldes rechtswidrig geworden, weil noch keine Klarheit über das endgültige Schicksal des Bildes besteht. Der Zweck der Datenbank erschöpft sich nicht in der Unterstützung von Vorkriegseigentümern und ihren Erben bei der Suche NS-verfolgungsbedingt abhanden gekommener Kulturgüter. Eine derartige Beschränkung der Zwecksetzung ist unvereinbar mit den auf der Washingtoner Konferenz vom 3. Dezember 1998 aufgestellten Grundsätzen für Kunstwerke, die von den Nationalsozialisten beschlagnahmt wurden (sog. Washingtoner Grundsätze), deren Verwirklichung die Koordinierungsstelle dient. Danach sollen Vorkriegseigentümer und ihre Erben zum Anmelden ihrer Ansprüche ermutigt und nach dem Auffinden eines Kunstwerks auch beim Finden einer gerechten und fairen Lösung unterstützt werden. Dass der Zweck einer Suchmeldung nicht schon mit dem Auffinden erfüllt ist, bestätigen zudem die von der Koordinierungsstelle aufgestellten Voraussetzungen für die Löschung eines Objekts. Die Aufrechterhaltung der Suchmeldung verstößt auch nicht gegen höherrangiges Recht. Es handelt sich um eine sachlich zutreffende Information über einen fortbestehenden Raubkunstverdacht. Sie dient der Unterrichtung des Kunstmarktes und damit einem öffentlichen Informationszweck durch eine hierzu zuständige Stelle. Damit führt die Eintragung nach den Grundsätzen, die das Bundesverfassungsgericht für staatliches Informationshandeln aufgestellt hat, für die in ihren Verwertungsinteressen hiervon nachteilig betroffenen Personen nicht zu einer Grundrechtsverletzung und bedarf auch keiner gesetzlichen Grundlage.
Dass die Lost Art Internet-Datenbank seit Anfang 2015 von dem Deutschen Zentrum für Kulturgutverluste, einer Stiftung des bürgerlichen Rechts, fortgeführt wird, war für die Entscheidung aus Rechtsgründen unerheblich.
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 19. Februar 2015 – 1 C 13.14