Besteht eine Beseitigungsverfügung und geht das Eigentum an dem Baugrundstück anschließend auf einen Dritten über, ist gemäß § 89 Abs. 2 Satz 3 NBauO 2003 (§ 79 Abs. 1 Satz 5 NBauO 2012) jedenfalls dann neben dem neuen Eigentumer auch der bisherige Eigentümer weiterhin zur Befolgung der Verfügung verpflichtet und darf die Verfügung ihm gegenüber vollstreckt werden, wenn die baurechtliche Verantwortlichkeit des bisherigen Eigentümers als Bauherr und/oder Besitzer fortbesteht.

Vor der Anwendung von Zwangsmitteln gegen den bisherigen Eigentümer bedarf es keiner Überleitungs- oder Duldungsverfügung gegenüber dem neuen Eigentümer, weil die Beseitigungsverfügung unmittelbar kraft Gesetzes auch gegen den neuen Eigentümer wirkt und ihn zur Duldung von Beseitigungsmaßnahmen verpflichtet. Erst die Anwendung von Zwangsmitteln gegen den neuen Eigentümer macht eine Überleitungsverfügung erforderlich1.
Die Übertragung des Eigentums an dem Grundstück lässt die Wirksamkeit der Beseitigungsverfügung dem ehemaligen Eigentümer gegenüber unberührt. Insbesondere hat sich die Beseitigungsverfügung nicht gemäß § 1 Abs. 1 Nds. VwVfG i. V. mit § 43 Abs. 2 VwVfG auf andere Weise erledigt. Erledigung tritt insofern insbesondere ein, wenn das Regelungssubjekt – beispielsweise durch den Tod des Betroffenen – oder das Regelungsobjekt entfallen ist2. Beides ist nicht der Fall. Sowohl der Antragsteller als Adressat der Beseitigungsverfügung als auch das Grundstück mit den zu beseitigenden baulichen Anlagen sind weiterhin vorhanden.
Auch ein Wegfall der baurechtlichen Verantwortlichkeit des bisherigen Grundstückseigentümers führt nicht zur Erledigung der bauaufsichtlichen Verfügung ihm gegenüber. Der Eigentumsübergang hat zwar zur Folge, dass die baurechtliche Verantwortlichkeit des Antragstellers als Eigentümer gemäß § 61 Satz 1 NBauO 2003 (§ 56 Satz 1 NBauO 2012) endet und die Beseitigungsanordnung zugleich gemäß § 89 Abs. 2 Satz 3 NBauO 2003 (§ 79 Abs. 1 Satz 5 NBauO 2012) gegenüber der neuen Eigentümerin als Rechtsnachfolgerin des Antragstellers Geltung beansprucht. Der ehemalige Eigentümer ist gleichwohl weiterhin verpflichtet, der Beseitigungsanordnung nachzukommen.
Dabei kann offen bleiben, ob dies schon daraus folgt, dass § 89 Abs. 2 Satz 3 NBauO 2003 (§ 79 Abs. 1 Satz 5 NBauO 2012) die Geltung einer bauaufsichtlichen Verfügung im Fall der Rechtsnachfolge ausdrücklich „auch“ gegenüber dem Rechtsnachfolger anordnet. Dies impliziert, dass die Verfügung zugleich gegenüber dem bisherigen Adressaten – soweit dieser anders als etwa im Todes- und Erbfall als Rechtssubjekt noch vorhanden ist – fort gilt, mithin der Rechtsnachfolger als weiterer Verpflichteter neben den bisherigen Verpflichteten tritt und der Behörde ein Wahlrecht zukommt, wen sie nunmehr in Anspruch nehmen möchte3. Im vorliegenden Fall ist der frühere Eigentümer indes schon deshalb weiterhin zur Befolgung der Beseitigungsanordnung verpflichtet, weil er weiterhin baurechtlich Verantwortlicher ist. Als Nießbraucher ist er Besitzer des Grundstücks (§§ 1030, 1036 Abs. 1 BGB) und gemäß § 61 Satz 3 NBauO 2003 (§ 56 Satz 3 NBauO 2012) verantwortlich. Hinzu tritt eine Verantwortlichkeit als Bauherr gemäß § 57 Abs. 1 NBauO 2003 (§ 52 Abs. 1 NBauO 2012); diese endet weder mit der Baufertigstellung noch mit der Übertragung des Eigentums4.
Beansprucht die bestandskräftige Verfügung dem ehemaligen Eigentümer gegenüber mithin weiterhin Geltung, kann die Behörde die Verfügung ihm gegenüber vollstrecken. Entgegenstehende Rechte Dritter – hier in Form des Eigentums der neuen Grundstückseigentümerin. – bestehen nicht. Denn wie bereits ausgeführt, wirkt die Beseitigungsverfügung gemäß § 89 Abs. 2 Satz 3 NBauO 2003 (§ 79 Abs. 1 Satz 5 NBauO 2012) mit dem Eigentumsübergang auch gegenüber der neuen Eigentümerin. Diese Geltung tritt unmittelbar kraft Gesetzes ein und verpflichtet die neue Grundstückseigentümerin in gleicher Weise wie den bisherigen Eigentümer zur Beseitigung der baulichen Anlagen. Besteht aber eine wirksame Beseitigungsverpflichtung, ist die neue Eigentümerin zugleich gehindert, den bisherigen Eigentümer an der Beseitigung zu hindern. Sie muss es – dies ist als „minus“ in der Beseitigungsverpflichtung enthalten – dulden, dass der Antragsteller der Verfügung nachkommt, ohne dass es des Erlasses einer Überleitungs- bzw. Duldungsverfügung bedarf. Nur die Anwendung von Zwangsmitteln unmittelbar gegenüber der neuen Eigentümerin wäre vom vorherigen Erlass einer Überleitungsverfügung abhängig5.
Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 17. Juli 2014 – 1 ME 84/14
- im Anschluss an Nds. OVG, Beschluss vom 6.05.2011 – 1 ME 14/11, NJW 2011, 2228 = BRS 78 Nr.202[↩]
- vgl. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl.2014, § 43 Rn. 210, 212[↩]
- vgl. aber zur Notwendigkeit einer Überleitungsverfügung vor der Anwendung von Zwangsmitteln gegenüber dem Rechtsnachfolger Nds. OVG, Beschluss vom 06.05.2011 – 1 ME 14/11, NJW 2011, 2228 = BRS 78 Nr.202; dazu auch Mann, in: Große-Suchsdorf, NBauO, 9. Aufl.2013, § 79 Rn. 97[↩]
- vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 11.08.1993 – 1 L 5267/97, BRS 55 Nr. 212; OVG NRW, Urteil vom 10.12.1996 – 10 A 4248/92, NVwZ-RR 1998, 159 = BRS 58 Nr. 216[↩]
- vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 6.05.2011, a. a O.[↩]